Infineon mit Carbon-Nanotubes Transistoren
Forschern des Halbleiter-Herstellers Infineon ist es jetzt zum ersten Mal gelungen, Kohlenstoff-Nanoröhrchen auch für die Herstellung von Leistungshalbleitern zu nutzen. Das berichten jetzt Infineon-Wissenschaftler aus München: Sie zeigen den ersten Schalter aus Nanoröhrchen, der Leuchtdioden oder Elektromotoren steuern kann.
Dies gilt als Durchbruch für die Nanotechnik, da Wissenschaftler bisher davon ausgegangen sind, dass sich die winzigen Bauteile in atomaren Größenordnungen nicht für die hohen Spannungen und Stromstärken in Leistungshalbleitern eignen. Mit Leistungshalbleitern aus Kohlenstoff-Nanoröhren könnten Stromschalter eines Tages sehr viel kleiner und preiswerter hergestellt werden als bisher.
Nanoröhrchen sind winzige Schläuche aus Kohlenstoff-Atomen mit einem Durchmesser von einem Millionstel Millimeter. Das Haar eines Menschen ist etwa 100.000 Mal dicker. Transistoren für Computerchips wurden mit diesen winzigen Röhrchen in Forschungslabors bereits gefertigt, um Informationen zu speichern und zu verarbeiten. Doch dabei sind nur kleine elektrische Spannungen und Stromstärken im Spiel. Bei Leistungstransistoren dagegen - wie sie in Elektromotoren, in Lampen oder in Netzteilen genutzt werden - sind Spannung und Stromstärke mehr als tausendfach größer. Sie dienen als Schalter, bei denen es vor allem darum geht, Energieverluste zu minimieren oder mechanische Bauteile zu vermeiden. Bisher werden Leistungshalbleiter vor allem aus Silizium gefertigt, allerdings ist das relativ kompliziert und kostspielig.
Mit ihrem ersten Versuchsaufbau haben die Infineon-Forscher demonstriert, dass Kohlenstoff-Nanoröhrchen auch in Leistungstransistoren funktionieren. Da ein einzelnes Kohlenstoff-Röhrchen von 1 nm Durchmesser nur etwa 24 Mikroampere liefern kann, besteht die Herausforderung darin, Hunderte oder Tausende der winzigen Röhrchen für die gewünschte Stromtragfähigkeit parallel anzuordnen. Der erste von Infineon entwickelte Leistungstransistor-Prototyp besteht aus etwa 300 parallelen Röhrchen und liefert 2 mA bei 2,5 V.
Vorteile der neuartigen Leistungstransistoren sind vor allem ein deutlich einfacherer Herstellungsprozess, höhere Schaltgeschwindigkeit, geringe Wärmeentwicklung und hohe Stromdichten, denen die dicht gepackten Kohlenstoffröhrchen standhalten. Noch befinden sich die Leistungstransistoren aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen im Stadium der Grundlagenforschung. Wann sie kommerziell in großen Stückzahlen produziert werden können, ist noch offen.
Die Forschungsaktivitäten von Infineon auf dem Gebiet der Carbon-Nanotubes werden durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Carbon-Nanotubes (CNTs) sind Makromoleküle, die sich aus Kohlenstoffatomen zusammensetzen, angeordnet in einem Gerüst von Sechsecken zu winzigen langgestreckten Hohlzylindern. Sie können bis zu 1 mm lang werden und weisen einen Durchmesser von 0,4 bis zu über 100 nm auf, je nachdem, wie viele der Röhrchen ineinander stecken. Man unterscheidet prinzipiell zwischen Single-Walled-CNTs (SWCNTs), also einwandigen Nanoröhrchen, und Multi-Walled-CNTs (MWCNTs), den mehrwandigen Nanoröhrchen. Der Durchmesser von SWCNTs liegt zwischen 0,4 und 5 nm. Im Vergleich dazu befindet sich die klassische Silizium-Prozesstechnik gerade im Übergang zu Strukturen mit kleinsten Abmessungen von 90 nm. Nanotubes können sowohl metallisch als auch halbleitend sein, was wiederum von der Geometrie der Nanotubes abhängig ist.
Neben den metallischen Eigenschaften ist der wichtigste Vorteil die extrem hohe Ladungsträgerbeweglichkeit von halbleitenden SWCNTs, die die von Silizium um einen Faktor 200 übertrifft. Dabei widerstehen CNTs Stromdichten von bis zu 1010 A/cm². Dies ist ein enorm hoher Wert, wenn man bedenkt, dass Kupfer bei einer Stromdichte von etwa 107 A/cm² bereits zu schmelzen beginnt.
Mit den beschriebenen Eigenschaften und dem - ähnlich der Polymerelektronik - kostengünstigen Fertigungsverfahren haben Carbon-Nanotubes das Potenzial für vielfältige Anwendungen. Das Spektrum reicht von der Alternative zu Silizium und Metallisierung in Halbleiter-Chips über Displays und Sensoren bis hin zu den hier dargestellten Leistungshalbleitern.
Bei der Fertigung des Nanotube-Leistungstransistors wurden einige, erst vor kurzem erzielte Fortschritte der Nanotube-Technologie integriert. Den Infineon-Forschern gelang es dabei unter anderem die einwandigen (Single Walled) Carbon-Nanotubes schon bei 600 °C in hoher Qualität aufwachsen zu lassen - bisher waren dazu Temperaturen von etwa 900 °C erforderlich. Für den Bau des ganzen Transistors mit den Drain-, Source- und Gate-Kontakten ist nur ein einziger Lithographieschritt erforderlich. Bei dem Demonstrator von Infineon wurden die Drain- und Source-Kontakte aus Palladium hergestellt. Als Substrat wurde Silizium eingesetzt, wobei aber auch ein beliebiges anderes leitendes Material verwendet werden kann. Auf einem high-k Aluminiumdioxid-Gatedielektrikum haben die Forscher dann die Carbon-Nanotubes wachsen lassen. Bei dem relativ einfachen Verfahren sind die Carbon-Nanotubes beliebig angeordnet, wobei eine ausreichend große Anzahl in paralleler Ausrichtung für die Verbindung zwischen Drain und Source genutzt werden kann.