Offene Briefe bezüglich Software-Patenten
Zwei offene Briefe wurden in den letzten Tagen in Hinsicht auf die drohende Entscheidung des Ministerrats der EU bezüglich der Patentierung von „computer-implementierten Erfindungen“ veröffentlicht. Beide Briefe beschäftigen sich mit der gezielt vorangetriebenen Ausschaltung des EU-Parlaments und der sich ergebenden wirtschaftlichen Konsequenzen.
Der Brief der FSF Europe (Free Software Foundation Europe) erläutert anhand eines konkreten Beispiels (IP-Telefonie), wie sich Patente auf Innovationen und somit wirtschaftliches Wachstum und Arbeitsplätze in den nächsten Jahren auswirken würden. Insbesondere wird die rhetorische Frage aufgeworfen, ob man die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen zugunsten von Partialinteressen einiger „Global Players“ und Patentanwälten beschneiden will, wenn man den scheinheilig als „Kompromiss“ bezeichneten Entwurf der Patent-Industrie akzeptieren würde.
Der österreichische FFII (Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur) wirft in einem Brief an österreichische Minister selbigen vor, „aktiv für eine Demontage der Entscheidung des Europäischen Parlaments“ einzutreten, obwohl dies Wirtschaftswissenschaftlern zur Folge zahlreiche kleine und mittelständische Software-Unternehmen existenziell gefährde. Diese Gefahren würden schlichtweg missachtet und lediglich den Interessen „nichteuropäischer Großunternehmen“ Beachtung geschenkt.
Am kommenden Dienstag, dem 18. Mai 2004, steht zu dem Thema Software-Patente eine Entscheidung im Ministerrat der Europäischen Union an, obwohl die eigentlich demokratische Instanz der EU, nämlich das Europäische Parlament, Software-Patente lediglich mit deutlichen Einschnitten im Herbst 2003 hat passieren lassen. Als besonders fatal gilt, dass die anstehende Entscheidung als so genannter „A-Punkt“ auf der TOP-Liste steht, d.h. dass ungeachtet der Tragweite von Software-Patenten schlicht keine Diskussion vor der Stimmabgabe stattfinden wird. Doch verglichen mit den sich ergebenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen sei dies eher von zweitrangiger Bedeutung.