Die Abmahnwelle findet kein Ende
Die Abmahnwelle gegen Webseiten, die sich in ihrer täglichen Berichterstattung der IT-Welt, deren Neuigkeiten, Produkten und Software widmen, reißt nicht ab. Nun erhielt auch TweakPC Post einer Anwaltskanzlei - die Gründe nehmen indes immer bizarrere Formen an.
Hatte es nach unserem Fall im Frühjahr 2004 erst vor wenigen Wochen die deutsche Seite Dark-Tweaker erwischt (Anlass war auch hier ein versehentlich in der Download-Sektion verlinktes Programm zur Umgehung von Kopierschutzmechanismen), informierte nun TweakPC das Netz über einen neuen Fall, in dem nicht die Anwälte der Musikindustrie sondern ein Patentanwalt tätig wurde.
TweakPC hatte kurz vor der CeBIT 2004 in einer Newsmeldung detailliert über ein Produkt berichtet, welches in Deutschland aufgrund von Lizenzproblemen nicht einmal erhältlich zu sein schien. Die taiwanesische Firma hatte von den deutschen Rechteinhabern, die sich einen Gebrauchsmusterschutz auf eben solche Geräte gesichert hatten, keine Lizenz erworben. Genau diese Rechteinhaber forderten TweakPC nun per Anwaltskanzlei dazu auf, die in einer Abmahnung bezüglich der rechtswidrigen Berichterstattung enthaltene Unterlassungerklärung zu unterzeichnen und die Anwaltsgebühren für diese Abmahnung zu zahlen. TweakPC habe mit der News-Meldung das Produkt quasi „angeboten“ und somit gegen § 11 Absatz I des Gebrauchsmustergesetzes verstoßen.
TweakPCs Verweis auf die Pressefreiheit (man biete derartige Produkte weder an, noch führen man sie ein oder verkaufe sie) wurde von der Mandantschaft als nicht ausreichend abgelehnt und die Berichterstattung als „Werbung von dritter Seite für schutzrechtsverletzende Gegenstände und somit als Marktstörung bzw. -behinderung“ bezeichnet.
TweakPC hat sich - im Endeffekt im Interesse aller Webseiten - dazu entschieden, die Unterlassungserklärung nicht zu unterschreiben und wählt somit im schlimmsten Fall den Weg über die Gerichte. Ein auf diese Art und Weise gefälltes Grundsatzurteil dürfte richtungsweisend für sämtliche auf ähnlichem Gebiet tätige Publikationen (auch Print-Magazine) sein. Würde man dem Kläger Recht zusprechen, könnte dies das Ende einer freien und zeitnahen Berichterstattung bedeuten. Schließlich müsste vor jeder Veröffentlichung geprüft werden, ob das im Land X vorgestellte Produkt Y in Deutschland durch Rechte des Z geschützt ist und durch eine Meldung gegen dessen Interessen verstoßen wird. Dass dies weder finanziell noch zeitlich zu realisieren wäre, liegt auf der Hand.
Es bleibt uns vorerst (leider) letztendlich nur, TweakPC für die kommenden Auseinandersetzung - auch in unserem Interesse - viel Erfolg zu wünschen und jegliche mögliche Unterstützung anzubieten. Darüber hinaus wollen wir auch an dieser Stelle jedoch nochmals betonen, dass wir die in Deutschland geltende Rechtslage grundsätzlich akzeptieren (und auch TweakPC achtet in äußerst fairer Weise die begründeten Interessen der Kläger und sieht von der Nennung von Namen ab). Anzuprangern ist allerdings weiterhin die Vorgehensweise der Klägerseite in derartigen Fällen (insbesondere der offensichtlich unbeabsichtigten Bereitstellung illegaler Kopiersoftware). Da deutsche Webseiten nach deutschem Recht ein umfangreiches Impressum vorweisen müssen und dieses mitsamt Telefonnummer in den genannten Fällen vorlag, wäre die Angelegenheit mit einem kurzen Telefonat aus der Welt geschaffen worden. Diesbezüglich sei auch ein Artikel der Kollegen des Planet3DNow! verwiesen, die im Falle von Massenabmahnungen (liegt allerdings nicht im Fall TweakPC vor) gefällte Grundsatzurteile zusammen getragen haben.
Wir raten einem jeden Webmaster abschließend nochmals, sein Downloadarchiv genauestens nach Programmen, die einen Kopierschutz umgehen sowie seine Webseite nach Links auf Seiten mit derartigen Angeboten zu durchforsten. Sollte es dennoch zu einer Auseinandersetzung kommen und diese allem Anschein nach routinemäßig erfolgen, werden die von P3D aufgezeigten Urteile interessant. Generelle Informationen bietet Abmahnung.de. In Sachen TweakPC scheinen Präventivmaßnahmen aus den genannten Gründen hingegen beinahe unmöglich zu sein.