Google Web Accelerator: Proxy für jedermann
„Tempus rerum imperator“ heißt es im „About“-Dialog von Googles neuestem Stück Software – die Zeit beherrscht alle Dinge. Der Google Web Accelerator soll das Surfen beschleunigen – jedoch nur für diejenigen, die ohnehin einen Breitbandanschluss ihr Eigen nennen. Zudem könnte er eine neue Debatte zum Thema Privatsphäre auslösen.
Google Web Accelerator ist zugleich ein Browser-Plugin für Mozilla Firefox und den Internet Explorer sowie ein Proxyserver, der nach erfolgter Installation auf Port 9100 lauscht. Der Proxyserver leitet Anfragen anstatt an den eigentlichen Server einer Website an speziell für diesen Zweck vorgesehene Google-Server um, welche die Anfrage mit einer zwischengespeicherten Version der Website beantworten – Google will also offenbar einen Großteil der existierenden Websites spiegeln. Bei der Übertragung der Daten von den Google-Servern zum lokalen Computer werden die Daten komprimiert, was sich jedoch nur dann als vorteilhaft erweisen kann, wenn der eigentliche Webserver dies nicht ohnehin von sich aus tut. Diese beiden Maßnahmen können für sich allein genommen also nur selten zu einer Geschwindigkeitssteigerung verhelfen.
Jedoch hat man bei Google an diesem Punkt anscheinend einen Schritt weitergedacht und macht sich die enorme zur Verfügung stehende Speicherkapazität und Rechenleistung weiter zu nutze. Denn beim erneuten Anfordern einer Website werden angeblich nur die Daten übertragen, die sich tatsächlich geändert haben. Dem Wortlaut der FAQ zum Google Web Accelerator („Downloading only the updates if a web page has changed slightly since you last viewed it.“) zu Folge darf man davon ausgehen, dass bei kleinen Änderungen am Inhalt einer Datei auch nur diese Änderungen übertragen werden und nicht die Datei als Ganzes wieder erneut auf die Datenautobahn geschickt wird. In diesem Fall müsste Google sogar mehrere Versionen einer Website auf seinen Servern speichern.
Des Weiteren macht sich Google Link Prefetching zu Nutze. Darunter versteht man, dass bei Platzierung entsprechender Tipps für den Browser im HTML-Code einer Website z.B. die nächste Seite eines Artikels im Voraus geladen wird, da der Benutzer diese mit hoher Wahrscheinlichkeit als nächstes ansteuern wird. Zum Beispiel machen sich derzeit Mozilla Firefox und die Mozilla Suite diese Technologie zu Nutze um das Surfen zu beschleunigen. Die Plugin-Komponente des Web Accelerators für Mozilla Firefox und den Internet Explorer erweitert diese Idee angeblich dahingehend, dass auch Links, die der Anwender lediglich mit der Maus überfährt, jedoch noch gar nicht geklickt hat, bereits im Voraus auf Verdacht geladen werden.
Wieviele Wartesekunden dem Anwender bisher durch die Verwendung des Google Web Accelerators erspart geblieben sind wird in Mozilla Firefox und Internet Explorer stets eingeblendet. Von einem deutlich spürbaren Geschwindigkeitsschub beim Surfen kann jedoch unserem Ersteindruck zu Folge keinesfalls die Rede sein. Bei Breitbandanschlüssen wie DSL oder Kabel – für langsamere Verbindungen ist der Web Accelerator laut Google erst gar nicht gedacht – spielt die für die Datenübertragung erforderliche Zeit nur bei langsamen Servern eine Rolle. Hinzu kommt, dass die lokal auf dem Computer installierte Google-Software natürlich auch Ressourcen in Form von Prozessorleistung und Arbeitsspeicher benötigt.
Interessant ist auch der Einfluss des Web Accelerators auf die von den Browsern angezeigten Fehlerseiten. Mozilla Firefox zeigt beim Aufrufen einer nicht existierenden Domain eine eher spartanisch anmutende Fehlerseite mit dem freundlichen Hinweis an, dass man es doch mal mit einer Suche bei Google versuchen solle. Opera, der zwar nicht in Form eines Plugins unterstützt wird, aber durch die explizite Angabe des Web Accelerator-Proxies (Adresse 127.0.0.1, Port 9100) mit diesem zur Zusammenarbeit gebracht werden kann, zeigt beim Aufruf nicht existierender Domains anstatt der normalen, informativen Fehlerseite nur eine kryptische Meldung an. Auf den Internet Explorer scheint der Web Accelerator hingegen unserer Erfahrung nach in dieser Hinsicht keinerlei Auswirkung zu haben.
Des Weiteren tun sich eine Menge Fragen die Privatsphäre betreffend auf, auch wenn Google bei der Installation deutlicher als üblich den Anwender mit dieser Thematik konfrontiert („Please read this carefully. This is not the usual Yada Yada and is different from the Google Toolbar Yada Yada you may have seen before“). Potenziell leitet das Plugin mit Ausnahme von SSL-verschlüsselten Seiten und großen Dateien wie Videos sämtlichen Traffic auf die Google-Server um. Das heißt Google kann theoretisch schlichtweg sämtliche Informationen – von den Surfgewohnheiten bis hin zu den Passwörtern – über einen Anwender in Erfahrung bringen. Diejenigen denen bereits die kontextbezogene Werbung in GMail ein Dorn im Auge ist, werden zumindest die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und sich an der mit ziemlicher Sicherheit über Google in den nächsten Wochen hereinbrechenden Kritik beteiligen.
Sollte dieser Google-Proxy für jedermann Verbreitung finden, würde ein Großteil des Datenverkehrs über die Google-Server ablaufen und Google somit endgültig zum zentralen Dreh- und Angelpunkt des Internet avancieren – eine Entwicklung, die der als vorteilhaft geltenden, dezentralen Struktur des Internets entgegengerichtet ist. Andererseits könnte diese Technologie beispielsweise dabei behilflich sein, den Slashdot-Effekt in seinen Ausmaßen zu begrenzen.
Der Google Web Accelerator funktioniert unter Windows 2000 und Windows XP. Nativ unterstützt werden die Browser Mozilla Firefox 1.0 und Microsoft Internet Explorer ab Version 5.5, wobei sich andere Browser wie erwähnt über das Eintragen des auf Port 9100 laufenden Proxyservers zur Zusammenarbeit überreden lassen. Derzeit steht lediglich eine englischsprachige Version zum Download bereit.