Linux-Kernel 2.6.13 hat es in sich

Michael Hass
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Neue Linux-Kernel versetzen Freunde des OpenSource-Betriebssystems oftmals in freudige Erwartung. Denn der Kernel bringt als Herzstück vor allem Hardware-Treiber mit, um die angeschlossenen Geräte auch reibungslos mit dem Rest des Computers arbeiten zu lassen. Die neueste Version hat es dabei wirklich in sich.

Natürlich birgt der Linux-Kernel nicht nur Treiber, sondern dient gleichfalls als Basis für den Betrieb von Linux-Software. Und damit kommen wir schon zur ersten größeren Änderung, die mit Version 2.6.13 Einzug hält. Während ältere Kernel die laufenden Prozesse im hunderstel Sekunden-Takt umschalteten, wurde die Schaltfrequenz zuletzt verzehnfacht – einfach in der Annahme, heutige Prozessoren würden 1000 Prozesse pro Sekunde bearbeiten können. Hieraus resultierten viele Diskussionen und schlussendlich entschied man sich auf einen Standard-Takt von 250 Hz. Dieser lässt sich aber beeinflussen (100, 250 oder 1000 MHz), so dass Befürworter und Gegner beiderseits auf ihre Kosten kommen. Inwieweit das Einfluss auf zukünftige Programme hat, lässt sich noch schwer einschätzen.

Um es kurz vorwegzunehmen: Reiser4 hat es immer noch nicht geschafft, in den stabilen Kernel-Zweig Einzug zu halten. Auch das File-System im Userspace (fuse), welches zum Beispiel das Mounten von FTP-Verbindungen auf beliebige Mountpoints erlaubt, ist in dem neuen Kernel 2.6.13 noch nicht vertreten. Es bleibt zu hoffen, dass der Code in einer der nächsten Versionen soweit stabil ist, dass Linus Torvalds hier auch sein OK geben wird.

Vor allem aber im Bereich Power-Management wurde im neuen Kernel viel Hand angelegt. Im Speziellen wurden Software-Suspend, Suspend to RAM (S3) und einige Prozessorstromsparmodi (C2, C3) auf SMP-Systeme angepasst. Einige Notebook-Besitzer wird dies freuen. Zumal auch noch die mittlerweile üblichen Sondertasten nun direkt über eine spezielle Software eingerichtet werden können.

Neu ist auch, dass nun PCI-Geräte, die vom BIOS nicht eingerichtet sind und hinter so genannten Bridge-Chips sitzen, direkt vom Kernel angesprochen werden können. Möglich macht das eine Veränderung der Initialisierung der PCI-Geräte.

Interessant für Server-Nutzer ist sicher auch „kexec“. Mit kexec ist es möglich, dass ein Kernel einen anderen Kernel startet. Das ist vor allem dann hilfreich, wenn bei einem aufgetretenem Fehler eigentlich ein Neustart von Nöten ist. Da nun ein zweiter Kernel direkt gestartet werden kann, fällt vor allem das Durchlaufen der kompletten BIOS-Initialisierung samt Power-On-Self-Test weg. Dieses kann, je nach Serversystem und angeschlossener Hardware, durchaus mehrere Minuten dauern und somit kostbare Zeit vergeuden. Natürlich wird vor dem Neustart des zweiten Kernels alles notwendige protokolliert, damit der Administrator mit dem neu aufgenommenen Werkzeug „kdump“ die Daten unter dem neuen Kernel analysieren kann.

Aber hier hören die Neuerungen nicht auf. Da Serial ATA in immer mehr Systeme Einzug erhält, wurde auch hier wieder kräftig geschraubt und die Liste der unterstützen Hardware weiter verlängert. So werden zwar die Controller von nVidia offiziell vom Linux-Kernel unterstützt, mangels Support-Willens des Herstellers bleibt das sogenannte Native Command Queueing (NCQ) aber auf der Strecke. Bislang hat sich nVidia noch nicht dazu durchgerungen, den OpenSourcelern Hilfestellung beim nForce 4 zumindest durch Bereitstellung von Dokumentation zu geben. Die am 23. August erneuerten offiziellen nVidia-Treiber setzen aber dennoch auf die in den Kernel integrierte Technik. Möglicherweise schießt nVidia hier in zukünftigen Treiberversionen noch nach.

Auch im Bereich Multimedia hat sich einiges getan. Es wurde zum einen auf Version 1.09b der „Advanced Linux Sound Architecture“, kurz ALSA, nachgerüstet und zum anderen wurde ein generischer DVB-USB-Treiber implementiert. Dieser soll mit vielen per USB angebundenen DVB-Karten umgehen können. Hier wurden als Beispiel verschiedene Hersteller wie Twinhead und Avermedia aber auch Kworld genannt. Eine größere Enttäuschung gibt es allerdings für zukünftige Creative X-Fi-Besitzer. Die neue Soundkarte der Superlative wird noch nicht unterstützt. Dies liege daran, laut einem Blog, dass Creative keinerlei Informationen bezüglich Soundchips mit integriertem digitalen Sound-Prozessor (DSP) herausgibt. Während die Audigy-Serie (EMU-10K2) noch wunderbar mit den Treibern der Live!-Serie betrieben werden konnte (EMU10K1), sieht es bei der Neuentwicklung des taiwanesischen Multimedia-Riesen anders aus.

Zu guter Letzt soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Wireless-Extensions für WLAN-Verbindungen nun auch mit WPA und WPA2 umgehen können. Wer bislang nur auf das unsicherere WEP setzen konnte, wird auch diese Neuerung freudig begrüßen.

Alles in allem, und wir haben hier wirklich nur an der Oberfläche gekratzt, bringt der neue Linux Kernel 2.6.13 doch wirklich viel Neues mit. Zusammenfassend sei gesagt, dass alleine schon die oben genannten Neuerungen insbesondere für Notebook-Besitzer und Server-Administratoren interessante Vorteile mitbringen. Wann aber die Distributoren diesen neuen Kernel als stabil genug ansehen, um ihn auch als Kernel ihrer Wahl in die Distributionen einzupflanzen, bleibt abzuwarten.

Die sage und schreibe 2,3 Megabyte große Changelog-Datei birgt alle weiteren Informationen zum neuen Kernel. Wer also momentan kein gutes Buch zur Hand hat, kann sich mit dem knapp 1000 DIN-A4-Seiten langem Log schon einige Zeit beschäftigen.

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    4,9 Sterne

    Der Linux Kernel ist die Grundlage aller Linux-Distributionen wie z. B. Ubuntu oder Fedora.

    • Version 6.12.6, Linux
    • Version 6.6.67, Linux