Microsoft Xbox 360 im Test: Auf dem Weg zur Marktführerschaft?
2/28Zwei Systeme, eine Wahl
Auch wenn der Verkauf der Xbox-Hardware für Microsoft bereits ein Verlustgeschäft war, subventioniert man auch die Xbox 360 in großem Maße. So sind zum Start zwei Varianten der Xbox 360 im Handel erhältlich, welche technisch zwar identisch sind, sich im mitgelieferten Zubehör jedoch signifikant unterscheiden und den Käufer vor die Qual der Wahl stellen.
Einen hohen Stellwert legt Microsoft auf die Weiterentwicklung von der reinen Spielekonsole zu einer vollwertigen „Entertainment“ Konsole. Neben der technischen Weiterentwicklung ist in erster Linie die Erweiterung der Zielgruppe, weg von der reinen Nutzung im Kinderzimmer hin zum Home Entertainment für die ganze Familie, ein wichtiges Argument für den Konzern aus Redmond. Unterstützen möchte man dies durch die Positionierung der Konsole in zwei Konfigurationen. Zum einen kommt deshalb die „Basis (Core)“ Version zum Verkaufspreis von 299,- Euro für die Zielgruppe der hauptsächlich spiele-orientierten Kunden und zum anderen die „Pro“ Version zum Verkaufspreis von 399,- Euro in den Handel. Die „Pro“ Version ist um eine 20 GByte Festplatte, einen Wireless Controller, ein Xbox-Live-Headset, ein Ethernetkabel sowie ein Komponenten-HD-AV-Kabel erweitert. Zum Start der Xbox 360 bekommen Käufer des Pro Systems zudem eine Mini Media Remote Control (Mini-Fernbedienung) geschenkt. Dieses Angebot gilt jedoch nur solange der Vorrat reicht. Zusätzlich besitzt lediglich die Xbox 360 Pro Version eine Chrom-Laufwerksblende. Die Laufwerksblende der Basis Version ist wie der Rest der Konsole in weiß gehalten. Betrachtet man die Preise dieser Einzelkomponenten, wobei allein die Festplatte mit 99,- Euro im Handel angeboten wird, bietet die Pro Version gegenüber dem Basis System einen echten Mehrwert.
Doch nicht nur aus diesem Grunde sollte der Käufer genau überlegen, zu welchem System er greift. Die Unterschiede der beiden Systeme, die nicht nur im greifbaren Zubehör liegen, lassen sich besonders gut in einer Tabelle beschreiben:
Xbox 360 Basis System | Xbox 360 Pro System |
---|---|
Xbox 360 Konsole | Xbox 360 Konsole mit Chrom-Laufwerksblende |
Kabelgebundener Controller | Wireless Controller |
Netzteil | Netzteil |
Handbuch | Handbuch |
Scart-Adapter | Scart-Adapter |
Composite-AV-Kabel | Komponenten-HD-AV-Kabel |
- | 20 GB Festplatte |
- | Xbox Live Headset |
- | Ethernet Kabel |
- | Mini-Fernbedienung (solange der Vorrat reicht) |
Wer sich anhand des Lieferumfanges für das Xbox 360 Basis System entscheidet, kommt um eine weitere, zwingende Investition jedoch nicht herum, möchte er Profile und Spielstände abspeichern können. Beim Pro System dient die Festplatte als allgegenwärtiges Speichermedium. Beim Xbox 360 Basis System muss der Kunde entweder auf eine 64 MB große Memory Unit, welche separat für rund 35,- Euro erhältlich ist, oder auf die ebenfalls einzeln erhältliche 20 GB Festplatte für 99,- Euro zurückgreifen. Der „Preisvorteil“ des Xbox 360 Basis Systems schmilzt so in jedem Fall auf gerade einmal 65,- Euro.
Durch diese und neben diesen physikalischen Unterschieden divergieren jedoch auch die Möglichkeiten, die der Käufer „out of the box“ – also direkt nach dem Kauf – erhält, ohne weiteres Zubehör kaufen zu müssen. Bietet das Basis System eher rudimentäre Kost, kann man mit dem Pro System sogleich ins virtuelle Geschehen über Xbox Live einsteigen:
Xbox 360 Basis System |
Xbox 360 Pro System |
|
---|---|---|
Spiele, Musik und Filme | ||
Xbox 360 Spiele spielen | ja | ja |
DVD- und CD-Wiedergabe | ja | ja |
Musik über externen MP3-Player | ja | ja |
Bilder einer externen Digitalkamera betrachten |
ja | ja |
Bilder und Musik von einem Windows XP-PC betrachten |
ja | ja |
Kindersicherung | ja | ja |
Erweiterte Möglichkeiten | ||
Bis zu vier drahtlose Controller | ja | ja |
Abwärtskompatibilität zur Xbox | nein* | ja |
Spielstände und Inhalte speichern | nein* | ja |
Xbox Live Gold | nein* | ja |
kostenloses Xbox Live Silber | nein* | ja |
Voice Chat über Xbox Live | nein* | ja |
* Nur über separat erhältliches Zubehör wie Festplatte, Memory Unit oder Headset möglich. |
Richtig durchstarten und alle Möglichkeiten der neuen Xbox 360 live erleben, kann man demnach nur mit dem Xbox 360 Pro System, welches zusätzlich eine einmonatige Testversion für Xbox Live Gold enthält, so dass jeder Käufer einen Monat kostenlos in das Online-Spieleportal von Microsoft schnuppern kann, ehe er sich für oder gegen eine kostenpflichtige Mitgliedschaft entscheidet. Auf die Abwärtskompatibilität, den kabellosen Controller, Xbox Live und andere Unterschiede werden wir im weiteren Verlauf des Reviews eingehen.
Natürlich hängt es wie immer von den Bedürfnissen des Kunden ab, zu welchem System er greift. Um den Kauf einer Memory Unit kommt man aber wohl selbst dann nicht herum, wenn die Konsole nur zwischendurch für eine kleine Runde Ablenkung bei den Kindern sorgen soll. So schrumpft der preisliche Unterschied der beiden Systeme zusammen, weshalb im Grunde nur der Kauf des Xbox 360 Pro Systems ans Herz gelegt werden kann, da man hier deutlich mehr für sein Geld bekommt.
Doch was sind die Beweggründe für Microsoft zwei Versionen auf den Markt zu bringen, wenn für den richtigen Spieler ohnehin nur das Xbox 360 Pro System interessant zu sein scheint? Das Basis System richtet sich in erster Linie an Eltern, die ihren Kindern die Xbox 360 schenken möchten, keine Xbox besitzen und für die Xbox Live zumindest anfänglich nicht von Bedeutung ist oder gar nicht möchten, dass das eigene Kind online spielen und mit anderen, fremden Spielern kommunizieren kann. Zudem entgeht man so einem Kritikpunkt der ersten Xbox, welche zur Veröffentlichung 479,- Euro kostete. Ein Startpreis von lediglich 299,- Euro lässt sich im Marketing wesentlich besser verkaufen als 479,- Euro.
Doch nach all der Kritik an dem Xbox 360 Basis System, müssen wir auch kurz auf seine Vorteile eingehen.
HDTV? Wer zum Teufel hat das denn schon in Deutschland? Wozu eine Konsole mit HDTV-Unterstützung, wenn es gottverdammt niemandem nützt? Auch Microsoft muss sich bewusst sein, dass HDTV in Deutschland bei den Endkunden noch keine weite Verbreitung gefunden hat. Für all jene, die keinen HDTV besitzen, bietet Microsoft ein VGA-HD-AV-Kabel an, um die Xbox 360 mit einem herkömmlichen CRT- oder TFT-Monitor verbinden zu können. Eben jenes wird aber bei keiner der beiden Varianten mitgeliefert – eine weitere Anschaffung, welche beide Systeme weiter im Preis steigen lässt. Man könnte also erst einmal zur Basis Version greifen, wenn man ohnehin nicht alle Extras des Pro Systems benötigt. Zudem kann man das Zubehör auch später erst erwerben, wenn man nicht mehr darauf verzichten möchte, so dass man anfänglich das gesparte Geld immerhin in ein Spiel investieren könnte. Wie eh und je besteht des Weiteren die Gefahr, dass in wenigen Wochen oder Monaten anderes Accessoire auf den Markt kommt, in welches man doch viel lieber das hart erarbeitete Geld investiert hätte. Die Qual der Wahl liegt also doch wieder beim Kunden, auch wenn man in der Summe für das Zubehör am Ende eventuell mehr bezahlt, wenn man nicht gleich die Anschaffung des Pro Systems wagt.
In Zeiten, in denen Geiz geil und Geld ohnehin knapp ist und an jeder Ecke versucht wird zu sparen, wird auch das Basis System seine Käufer finden, die sich mehr derzeit nicht vom Leibe sparen können, aber dennoch von der ersten Minute mit in ihr sein wollen: in der Nächsten Generation!