Keine Bagatellklausel im Urheberrecht

Frank Hüber
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Wie das Bundesministerium der Justiz bekannt gibt, hat die Bundesregierung soeben die Novelle des Urheberrechts (des so genannten „Zweiten Korbes“) beschlossen. Eine erneute Veränderung des deutschen Urheberrechts war nötig, da die Umsetzung der EU-Richtlinie 2001/29/EG im September 2003 (der „Erste Korb“) nur unter Zeitdruck und damit nicht zur Zufriedenheit des BMJ gelang.

Die finale Fassung des Gesetzentwurfs enthält gegenüber früheren Entwürfen keine Bagatellklausel mehr, die das Tauschen von urheberrechtlich geschützten Inhalten in geringem Umfang straffrei gestellt hätte.

„Unverändert bleiben sollen auch die Regelungen zur Strafbarkeit des unerlaubten Vervielfältigens (§ 106). Der Entwurf greift den Gedanken der Einführung einer Bagatellklausel, eines Strafausschließungsgrundes für eine geringe Zahl illegaler Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch, nicht auf. Denn schon nach der geltenden Rechtslage werden Bagatellfälle mit geringem Unrechtgehalt in der Praxis der Staatsanwaltschaften nicht verfolgt.“

Regierungsentwurf zur Novelle des Urheberrechts


Auch weiterhin wird es kein allgemeines Recht auf Privatkopie geben, allerdings bleibt die „digitale Privatkopie im Wesentlichen im bisherigen Umfang zulässig“. Eine Erweiterung der bisherigen Regeln gibt es im Bereich des Filesharings.

„Die Privatkopie soll – der Intention des Gesetzgebers entsprechend – nicht nur dann unzulässig sein, wenn die Vorlage offensichtlich rechtswidrig hergestellt wurde, sondern auch dann, wenn die Vorlage offensichtlich rechtswidrig im Internet zum Download angeboten, also öffentlich zugänglich gemacht wird.“

Regierungsentwurf zur Novelle des Urheberrechts


Dieser Änderungsvorschlag hat folgenden juristischen Hintergrund (Seite 58 des Entwurfs):

„Allerdings greift die Formulierung in Absatz 1, die allein darauf abstellt, ob die Vorlage rechtswidrig hergestellt worden ist, beim Download von Werken aus dem Internet zu kurz. Vielfach werden hier – gerade beim File-Sharing in Peer to Peer-Tauschbörsen – Werke zum Download angeboten, bei denen die entsprechenden Vorlagen als zulässige Privatkopien rechtmäßig hergestellt worden sind. Allerdings erfolgt hier das Angebot zum Download, d. h. die öffentliche Zugänglichmachung, ohne die erforderliche Zustimmung des Urhebers oder Rechtsinhabers. Hier liegt die Urheberrechtsverletzung also nicht in der Herstellung der Vorlage, sondern in deren unerlaubter öffentlicher Zugänglichmachung.“

Regierungsentwurf zur Novelle des Urheberrechts

Weiterhin sieht der Gesetzentwurf tiefgreifende Änderungen der Pauschalvergütung auf Geräte und Speichermedien vor.

„Das Gesetz gibt die bisher staatlich regulierten Vergütungssätze in die Hände der Beteiligten. Nicht mehr der Gesetzgeber wird die Vergütungssätze festlegen, sondern die Beteiligten selbst, also die Verbände der Hersteller als Zahlungspflichtige und die Rechtsinhaber (Verwertungsgesellschaften) als Zahlungsempfänger. Für die Zeit, bis die Beteiligten neue Tarife ausgehandelt haben, gelten die bisherigen gesetzlichen Vergütungssätze als Tarife weiter. Gesetzlich festgeschrieben werden verbindliche Maßgaben dafür, wie die Höhe der Vergütung zu bemessen ist.“

Regierungsentwurf zur Novelle des Urheberrechts

Nicht geändert hat sich § 106: Unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke:

  1. Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
  2. Der Versuch ist strafbar.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass der online verfügbare Gesetzentwurf auch ausführliche Begründungen für die einzelnen Neuregelungen enthält und die Positionen aller Interessengruppen erläutert. Als Beispiel soll folgendes Zitat zum Thema Verbot der digitalen Privatkopie dienen, welches von der Inhalteindustrie teilweise gefordert wurde:

„Darüber hinauswäre eine Regelung, die nur die analoge Privatkopie zuließe, praktisch kaum durchsetzbar und den Verbrauchern nicht zu vermitteln. Ein solches Verbot würde die soziale Realität ignorieren und die Autorität und Glaubwürdigkeit der Rechtsordnung untergraben. Digitale Vervielfältigungsgeräte würden damit für überwiegend rechtswidrige Zwecke angeboten und genutzt. Der Vorschlag geht auch deshalb zu weit, weil dann auch digitale Mitschnitte von Rundfunk- und Fernsehsendungen der öffentlich-rechtlichen Sendeunternehmen verboten wären. Im Interesse der Urheber ist daher nach wie vor an der bewährten Regelung des Urheberrechtsgesetzes festzuhalten, die (nicht zu verhindernde) private Vervielfältigung zu gestatten, aber mit dem pauschalen Vergütungssystem vergütungspflichtig zu gestalten.“

Es lohnt sich also durchaus, einmal selbst in den Gesetzentwurf hineinzulesen. Da jener nur die Änderungen gegenüber dem geltenden Urheberrecht enthält, sollte man sich dessen Wortlaut auch noch einmal vor Augen führen. Wann genau das neue Gesetz in Kraft treten wird, ist bisher nicht bekannt. Allerdings ist geplant, den derzeitigen Entwurf noch vor der Sommerpause dem Bundestag vorzulegen und den Gesetzgebungsprozess bis 2007 abzuschließen.

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