Europäischer Erfinderpreis geht nach Jülich
Das europäische Patentamt und die europäische Kommission zeichnen Professor Peter Grünberg mit dem Preis „Europäischer Erfinder des Jahres“ aus. Sie würdigen damit seine Entdeckung des Riesenmagnetowiderstands (englisch: Giant Magnetoresistance - GMR) im Jahr 1988. Der GMR-Effekt brachte den Durchbruch zu Giga-Byte-Festplatten.
Für seine Forschung erhielt Grünberg bereits 1998 den Deutschen Zukunftspreis des Bundespräsidenten für Technik und Innovation. Zusammen mit Albert Fert von der Université de Paris Sud gilt Grünberg als Begründer der Zukunftstechnologie Spintronik.
Der Preis „European Inventor of the Year Award“ 2006 wird in diesem Jahr erstmals vergeben. Ein Komitee aus Vertretern der Wirtschaft, Forschung und Politik hatte dazu Patentanmeldungen der Jahre 1991 bis 2000 ausgewählt, denen erfolgreich der Sprung in die Anwendung gelungen ist ‑ Grünbergs GMR-Effekt beispielsweise findet sich heute in über neunzig Prozent der produzierten Festplatten. Grünberg erhält den Preis in der Kategorie „Universität und Forschungseinrichtungen“. In Festplatten dient der GMR-Effekt zum präzisen Auslesen von Daten. Diese sind auf engstem Raum durch winzige Bereiche unterschiedlicher Magnetisierung gespeichert. Ein Sensor, der den GMR-Effekt nutzt, registriert diese Unterschiede als große messbare Änderung und arbeitet daher hochempfindlich. Das erkannte auch die Industrie sehr schnell: Bereits 1997 brachte IBM einen GMR-Lesekopf für Computerfestplatten auf den Markt - selten hat eine Entdeckung aus der Grundlagenforschung so schnell Einzug in die industrielle Anwendung gehalten.
Mittlerweile sind mehr als zehn internationale Firmen Lizenznehmer des Patents und bescherten dem Forschungszentrum Jülich Einnahmen in zweistelliger Millionenhöhe. Längst hat der GMR-Effekt in verbesserten Leseköpfen für Festplatten, Videobändern sowie in MP3-Playern weltweite Verbreitung gefunden. Weiterhin können GMR-Schichtpakete im ABS-System des Autos und künftig zum Auslesen von Biochips eingesetzt werden. Zudem öffnete der GMR-Effekt die Tür zu einem völlig neuen Forschungsgebiet: der Spin(elek)tronik. Die Ausnutzung des Spins, neben der Ladung eine wesentliche Eigenschaft des Elektrons, könnte die gesamte Mikroelektronik revolutionieren.
Die Grundlage des GMR-Effekts waren Arbeiten Grünbergs und seiner Mitarbeiter in den 80er Jahren an mikroskopischen Sandwichen: Systemen aus zwei magnetischen Eisenschichten, die von einer nur wenige Atomlagen dünnen, nichtmagnetischen Schicht aus Chrom getrennt werden. Je nachdem, wie dick die Chromschicht ist, beziehen die magnetischen Momente beider Eisenschichten zueinander Stellung: Sie richten sich parallel oder antiparallel aus. Schwache Magnetfelder, wie sie in Festplatten auftreten, beeinflussen diese Ausrichtung. Der Clou dabei: Klappen die magnetischen Momente in dem mikroskopischen Sandwich um, ändert sich der elektrische Widerstand dramatisch - daher der Name Riesenmagnetwiderstand. Obwohl der Preisträger seit 2004 emeritiert ist, blieb er dem Forschungszentrum erhalten. Oft ist er in seinem Büro anzutreffen oder auf dem Campus zu sehen. Der Ruhestand ist für Peter Grünberg eher ein fließender Übergang. Physikalische Vorgänge haben den am 18. Mai 1939 in Pilsen geborenen Physiker schon immer interessiert. Seine Kollegen schätzen Peter Grünberg. Ihm liegen magnetische Phänomene am Herzen, die er im Sinne einfacher Bilder verstehen möchte. „Er zwingt einen dazu, die Physik wirklich zu durchdringen“, sagen die Kollegen.