IBM: Weltrekord in der Schreibdichte
IBM Forscher haben bekanntgegeben, daß sie einen neuen Weltrekord in der Schreibdichte beim Speichern auf Magnetband erreicht haben. Eine der ältesten und immer noch preisgünstigsten Datenspeicherungstechnologien hat demnach das Potential, Kapazitätssteigerungen für viele Jahre zu bieten.
Die Forscher im IBM Almaden Research Center in San Jose, Kalifornien, USA, packten Daten auf ein Test-Magnetband bei einer Dichte von 6,67 Milliarden Bits pro Quadratinch (ca. 6,4516 cm²) – das entspricht dem mehr als Fünfzehnfachen der Schreibdichte bei den heutigen gängigen Industriestandard-Magnetbandprodukten. Um diesen Fortschritt zu erreichen, haben die Forscher mehrere neue Datenaufzeichnungstechnologien entwickelt und mit der japanischen Fuji Photo Film, Co Ltd, kooperiert, um ein zweifach-beschichtetes Magnetband der nächsten Generation zu entwickeln, das in der Lage ist, Daten in hoher Schreibdichte zu speichern.
Diese Untersuchung zeigt laut IBM, dass magnetische Bandspeicher voraussichtlich in der Lage sind, ihren Kostenvorteil gegenüber anderen Speichertechnologien für die nähere Zukunft auch weiter aufrechtzuerhalten. Wenn diese neuen Technologien und Bändern in Form von Produkten verfügbaren werden – denkbar in ungefähr fünf Jahren – könnte eine Bandkassette in der Größe einer Industriestandard-LTO-Bandcartridge (Linear Tape Open) bis zu 8 Billion Bytes (Terabytes) an unkomprimierten Daten aufnehmen. Dies entspricht ungefähr dem Zwanzigfachen der Kapazität heutiger LTO-Kassetten der dritten Generation, die ungefähr die halbe Größe einer VHS-Videokassette haben. Zur Veranschaulichung: 8 Terabyte Daten entspricht der Textmenge in circa 8 Millionen Büchern. Um diese aufzubewahren, würde man ein Bücherregal in einer Länge von über hundert Kilometern benötigen.
Das anhaltende Wachstum vorhandener Unternehmensanwendungen wie CRM-Systeme, die fortlaufende Digitalisierung von Information im Betrieb und die intensive Nutzung von eMail zur Unternehmenskommunikation sorgen dafür, daß die benötigte Speicherkapaziät in Unternehmen im Schnitt laut Forrester um jährlich 15-25 Prozent steigt. Die Notwendigkeit, Daten zu archivieren, und die Authentizität von Daten sicherzustellen, um mit Regierungsauflagen wie dem Sarbanes-Oxley-Act (SOX) aus dem Jahr 2002 Schritt zu halten, verschärft die Situation. SOX verlangt von den Unternehmen, die an US-Börsen gelistet sind, und deren Tochtergesellschaften, dass Daten in einer nicht-gefilterten Weise gesammelt und gespeichert werden. Unternehmensregulierungen in Europa bewegen sich derzeit ebenfalls in eine SOX-ähnliche Richtung. Die Europäische Union hat eine Serie von Vorgaben herausgegeben, die die Gesetzgebung hierzu innerhalb der Mitgliedsstaten harmonisieren soll. Spezifisch die vierte, siebte und achte EU-Direktive betreffen Unternehmensauflagen für die Datenspeicherung. Auch die Debatte über ein neues Gesetz in der EU, das von Telekommunikationsunternehmen verlangt, Verbindungs- und Webseitendaten für bis zu zwei Jahre aufzubewahren, verstärkt die Nachfrage nach erhöhter Speicherkapazität.
Unternehmen nützen typischerweise Magnetband, um große Mengen wichtiger Daten zu speichern, die nicht regelmäßig genützt werden müssen oder keine Zugriffssekunden im Bereich unter einer Sekunde benötigen. Diese Anwendungsbereiche schließen Datenarchive, Backup-Dateien, sowie Kopien für die Wiederherstellung im Schadensfall ein, ebenso wie die Bereitstellung von Informationen, die für regulatorische Auflagen benötigt werden. Solche Daten werden häufig in automatisierten Bandbibliotheken aufbewahrt, in denen eine oder mehrere Schreib-Leseeinheiten dutzende bis tausende Bandkassetten verwalten. Bandbibliotheken können heute Petabytes an Daten beinhalten.
Auf der Basis eines Kostenvergleichs pro Gigabyte verursachen gegenwärtig Bandsysteme laut IBM nur ein Fünftel bis ein Zehntel der Kosten heutiger Festplattenspeichersysteme, abhängig von ihrer Größe. Darüberhinaus verursachen Bandkassetten keinen Stromverbrauch, bis auf sie zugegriffen wird – im Gegensatz zu rotierenden Festplatten, die regelmäßige Nutzung verlangen, um überhaupt betriebsbereit zu bleiben.
IBMs aktuelle Demonstration übertrifft die im Jahr 2002 erreichte Aufzeichnungsdichte von einem Terabyte an Daten auf einer einzelnen Bandkassette im 3592-Format bei einer Schreibdichte von ca. 1 Milliarde bits pro Quadratinch deutlich. In den vergangenen zwei Jahren haben die IBM-Forscher in Almaden eng mit Ingenieuren von Fuji Photo Film zusammengearbeitet bei der Entwicklung eines neuen zweifach beschichteten Magnetbands, das sich für Aufzeichnungen bei sehr hoher Datendichte eignet. Die Forscher in Almaden haben dazu auch Technologien entwickelt, um die Eigenschaften von Schreib-Leseköpfen deutlich zu verbessern. Ebenso wurden die Methoden für die Positionierung der Köpfe und die Bandführung weiterentwickelt, um Datenspuren zu ermöglichen, deren Breite gerade einmal einem Zehntel derer gegenwärtiger Produkte entspricht. Wissenschaftlicher aus dem IBM Forschungslabor Zürich haben eine neue Coding-Methode entwickelt, die die Genauigkeit beim Lesen der winzigen magnetischen Bits weiter erhöht.
Die Weltrekord-Vorführung greift auf Verbesserungen in fünf Gebieten eines Magnetbandsystems zurück:
- Ein neues zweifach beschichtetes Magnetband mit hoher Dichte: Entwickelt von Fuji Photo Film in Zusammenarbeit mit Forschern von IBM in Almaden, nutzt diese nächste Generation der NANOCUBIC-Bänder ein neues Barium-Ferrit-Magnetmedium, das hochdichte Datenaufzeichung ermöglicht, ohne kostenträchtige Metallbeschichtungen oder Bedampfungsbeschichtungsmethoden zu benötigen.
- Höher empfindliche Schreib-Leseköpfe: Erstmals werden bei Magnetbandtechnologie die empfindlichen Giganto-Magnetoresistiven (GMR) Kopfmaterialien und Strukturen eingesetzt, die bisher beim Lesen der sehr kleinen Magnetfelder in Festplatten genutzt wurden.
- GMR Servo-Leser: Neue GMR-Servoleseelemente, Software und Einheiten für die schnelle und präzise Positionierung, die ein aktives Steuersystem mit bisher nicht gekannter Genauigkeit (0,35 Mikrometer) in der Überwachung und Positionierung des Schreib-Lesekopfs über der nur 1,5 Mikrometer breiten Datenspur schaffen.
- Verbesserte Einrichtungen beim Handhaben des Bands: Eine verbesserte, berührungsarme Bandführung über Gleitrollen ermöglicht eine sanfte Banddurchführung bei hoher Geschwindigkeit, wobei die Fähigkeit der Köpfe unterstützt wird, hochdichte Daten zu lesen und zu speichern.
- Neue Signalverarbeitungsalgorithmen für den Datenlesekanal: Ein weiter entwickelter Lesekanal, der neue „Rausch-unterdrückende, maximale Wahrscheinlichkeit“-Software (NPML - noise predictive, maximum-likelihood) einsetzt, um die gelesenen Daten schneller und präziser zu verarbeiten, als es mit bisherigen Methoden möglich ist. Auch diese Software wurde von IBM im Forschungslabor Zürich entwickelt.
Die Vorführung wurde bei Bandgeschwindigkeiten von ca. 4 Metern pro Sekunde durchgeführt und erzielte laut IBM lediglich geringe Fehlerraten.