Arcor: Eingliederung und Stellenkürzungen
Die Beziehung zwischen dem in Deutschland aktiven Internet Service Provider Arcor und dem Mutterkonzern Vodafone weist alle Merkmale einer Hass-Liebe auf. Mittelfristig soll das lange stiefmütterlich behandelte Arcor trotzdem in die britische Mutter eingegliedert werden.
„Die Integration ist möglich und denkbar“, erklärte dazu der Deutschlandchef von Vodafone, Friedrich Joussen, gegenüber der Financial Times Deutschland. Allerdings soll die Eingliederung erst erfolgen, sobald das derzeit recht lukrative Geschäft mit DSL-Zugängen erlahmt. „Der Schritt kann erfolgen, sobald sich das momentan starke Wachstum im Geschäft mit DSL-Anschlüssen abschwächt“, so Joussen weiter.
In der Tat legt Arcor derzeit unter eigener Regie eine recht gute Performance hin. Als zweitgrößte Telefongesellschaft, mit einer Infrastruktur unabhängig von der Telekom und obendrein mit 1,6 Millionen Kunden viertgrößter DSL-Anbieter – insgesamt läuft es rund. Doch das war nicht immer so. Kurz nach dem Vodafone das Unternehmen im Jahr 2000 vom Mannesmann-Konzern erworben hatte, schien der damals vergleichsweise kleine Provider eher eine Last zu sein. Dies änderte sich schlagartig mit der Trendwende auf den Märkten: Der Boom mit dem Mobilfunkgeschäft erlebte Dämpfer, die Anzahl der neuen DSL-Zugänge legte indes drastisch zu – die Stunde von zahlreichen Internet Service Providern hatte geschlagen und Arcor war mit dabei.
Neben den möglichen Einsparungen könnte eine mögliche Eingliederung von Arcor auch den „Telekom-Komplex“ lösen. So existieren mit den Marken „Arcor“ und „Vodafone“ ähnlich wie bei dem Bonner Ex-Monopolisten mehrere Marken unkoordiniert nebeneinander – Synergien werden kaum genutzt, was Anleger aber auch Kunden verärgert. Allerdings lässt sich auch umgekehrt interpretieren. So weisen Markenexperten auf die Profile der Unternehmen hin: Während „Vodafone“ für Mobilfunk steht, ist „Arcor“ Begriff für Internet- und Festnetzanschluss – die Integration der beiden Kompetenzen in eine Marke scheint auch bei größtem Budget nicht möglich.
Dass die Eingliederung aber schon bald ein Thema sein könnte, zeigt sich bereits jetzt. Auch bei Arcor spürt man den Druck, den der Preiskampf im DSL-Anschluss-Segment ausübt und auch der Umstand, dass der Markt sich langsam aber sicher sättigt, ist nicht zu leugnen. Entsprechend drückt das Unternehmen bereits auf die Kostenbremse: Gewerkschaftskreisen ist zu entnehmen, dass Arcor 150 Stellen streichen wird. Die Streichung soll noch bis zum Ende des Geschäftsjahres am 30. März 2007 durchgeführt werden – betroffen sind wohl vor allem Mitarbeiter aus der Technik. Damit scheint die Zeit für eine Eingliederung nicht mehr allzu fern. Bei Arcor wollte man weder zur möglichen Eingliederung noch zur angeblich geplanten Streichung von Stellen Auskunft geben.