Wikipedia: Falscher Prof. gibt Positionen auf
Die freie Online-Enzyklopedia Wikipedia ist nicht nur aufgrund der schier zahllosen und jedes Interessengebiet abdeckenden Artikel besonders; auch die Tatsache, dass jeder einen solchen verfassen kann, sucht ihresgleichen. Doch wo Anonymität akzeptiert wird, zählt die Fälschung des eigenen Lebenslaufes als pfundiges Delikt.
So musste kürzlich ein aktives Mitglied der Wikipedia-Gemeinschaft, das bis dahin nur unter dem Pseudonym „EssJay“ bekannt war, jeden Posten abgeben. Der den bürgerlichen Namen Ryan Jordan tragende Nutzer gab sich in seinem Lebenslauf nämlich als Professor der Theologie an einer Privatuniversität aus. Als aktives Mitglied der Wikipedia-Gemeinschaft verfasste er nicht nur viele Artikel, sondern bekleidete auch den Rang eines Administrators sowie „Arbitrators“ – eines Schlichters in Streitfällen. Auf einen seiner Artikel berief sich dann auch die „New York Times“ und übernahm die Angaben seiner Nutzerseite, ohne diese überprüfen zu können, da „EssJay“ die Angabe seines bürgerlichen Namens oder seiner Adresse mit dem Verweis auf seine Anonymität abwies.
Als sich Ryan Jordan um die Stelle eines bezahlten Community-Managers bewerben wollte und zu diesem Zwecke einen ungefälschten Lebenslauf einreichte, fielen nicht nur den Wikipedia-Verantwortlichen die Ungereimtheiten auf. Auch die „New York Times“ fügte ihrem Artikel eine Bemerkung an, die auf die neuen Erkenntnisse einging. Auch andere Medien sahen ihre Chance für eine Diskussion und griffen die Richtigstellung auf, was schlussendlich dazu führte, dass Ryan Jordan nahegelegt wurde seine Positionen aufzugeben.
Der Vorfall stößt einmal mehr den bereits zwei Jahre alten Gedanken einer Realname-Initiative an. Diese soll es ermöglichen, derartige Vorfälle zu verhindern und deutlich zu machen, wer hinter den Artikeln der Wikipedia steckt. So beziehen sich Kritiker der Online-Enzyklopedie oft auf die Tatsache, dass jeder einen Eintrag verfassen oder editieren könne und damit die Substanz der Artikelaussagen niemals gewährleistet wäre. Andererseits bestünden speziell die Administratoren auf ihre Anonymität, um nicht mit realen Mitteln für ihre virtuellen Entscheidungen heimgesucht zu werden.