Energieeffizientere Transistoren von Infineon
Forscher von Infineon haben heute auf der international wichtigsten Konferenz für Halbleitertechnologie, dem VLSI Technology Symposium in Kyoto, erstmals Details einer neuen Transistorarchitektur vorgestellt, die viele Hindernisse zu noch kleineren, leistungsfähigeren elektronischen Schaltungen und Geräten aus dem Weg räumen soll.
Zehnmal kleinere Ruheströme und rund 50 Prozent weniger Energiebedarf zum Schalten als bei heutigen 65 nm großen Transistoren sollen die herausragenden Eigenschaften der neuen Multi-Gate-Feldeffekt-Technologie sein. Die Infineon-Forscher haben nach Unternehmensangaben als erste weltweit Transistoren mit dreidimensional geformten Gate-Anschluss und gleichzeitig integriertem Gate-Dielektrikum mit hoher Dielektrizitätskonstante und Metall-Elektrode in hoch-komplexen digitalen Schaltkreisen präsentiert und Rekorde in drei Disziplinen aufgestellt: Schaltgeschwindigkeit, Ruhestrom und Effizienz beim Schaltvorgang.
Entwickler hochintegrierter Schaltungen, die nicht selten einige Millionen Komponenten auf der Fläche eines Stecknadelkopfes unterbringen müssen, stehen vor vielen Herausforderungen: Sie müssen die Funktionalität ihrer Produkte erhöhen, die Abmessungen auf ein Minimum reduzieren und gleichzeitig den Energiebedarf so niedrig wie möglich halten. Forderungen, die sich technisch widersprechen, denn kleinere Transistorabmessungen und höhere Arbeitsfrequenzen verlangen mehr Strom. Und höhere Ströme würden sogar dann fließen, wenn die Schaltung im „Stand-by-Betrieb“ eigentlich nicht aktiv ist; dann machen sich die Ruheströme bemerkbar, die schon so manche Batterie über Nacht leer laufen ließ. Die Lösung der genannten Herausforderungen haben nun Infineon-Forscher dem Fachpublikum in Japan erläutert.
Die Multi-Gate-Feldeffekt-Transistor ist im Gegensatz zur heute verbreiteten planaren (flachen, in einer Ebene) Standard-Technologie dreidimensional modelliert. Infineon hat die neue Transistorarchitektur in 65-nm-Strukturgröße jetzt als weltweit erste mit einer komplexen Schaltung aus über 23.000 Transistoren getestet. Alle wichtigen Komponenten einer modernen Elektronikschaltung inklusive statischer Speicherzellen wurden dabei berücksichtigt. Mit der kürzesten jemals gemessenen Schaltzeit in dieser Architektur – 13,9 Pikosekunden – wurde noch ein Rekord aufgestellt, der den alten um 40 Prozent überbietet. Selbst Licht kann in dieser kurzen Zeit nur knapp vier Millimeter zurücklegen.
Im aktiven Multimedia-Bereich (Games, Videos) steigt die Leistungsaufnahme sehr schnell an, um die erforderliche Geschwindigkeit zur Datenverarbeitung zu garantieren. Das kann in einigen Fällen schon in weniger als einer Stunde zu leeren Batterien und enttäuschten Gesichtern führen. Aber auch im Stand-by-Betrieb kann die Leistungsaufnahme in einem aktuellen Mobiltelefon auf das Dreifache ansteigen, wenn sich zum Beispiel die Umgebungstemperatur des Gerätes – etwa in der Autohalterung – stark erhöht. Die neue Architektur von Infineon soll hier einen Riegel vorschieben und die Energieeffizienz drastisch verbessern: während des aktiven Betriebs würden die Batterien doppelt so lange halten. Während der Stand-by-Phase würde der digital arbeitende Basisbandprozessor sogar um den Faktor zehn weniger Leistung aufnehmen.
Um Transistoren sicher ein- und ausschalten zu können und den Energiebedarf auf das absolut Notwendige zu reduzieren, geht Infineon neue Wege: Die seit 50 Jahren übliche flache (planare) Anordnung der Transistor-Elemente wird zu einem dreidimensionalen Gebilde geformt. Der steuernde Kontakt des Transistors umschließt den stromführenden Siliziumkanal nun von mehreren Seiten („Multi-Gate“) und bietet somit eine um den Faktor zwei größere Angriffsfläche, um den Transistor wesentlich effizienter auszuschalten.
Das Herstellungsverfahren wird von Infineon im Rahmen seiner Beteiligung am europäischen Forschungszentrum IMEC (Interuniversity Micro Electronics Center, Leuven, Belgien) weiter erforscht und könnte nach der Strukturgröße 32 nm als Basistechnologie für die Serienfertigung zum Einsatz kommen.