EA langweilt Spieler zu tode – und will es ändern

Jirko Alex
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Kurz vor Beginn der E3 in Los Angeles kommentierte John Riccitiello, neuer Chef des weltgrößten Spiele-Publishers EA, weshalb es ein Umdenken in der Spielebranche geben müsse. Seiner Einschätzung nach konzentrierten sich zu viele – auch EA – auf Spiele für Randgruppen und ignorierten dabei große Teile potenzieller Käuferschichten.

So richteten sich die hauseigenen Spiele viel zu sehr an Hardcore-Spieler, die immer ausgefeiltere Sportsimulationen oder fotorealistischere Egoshooter haben möchten. Dass diese jedoch nicht den Hauptmarkt darstellen, dessen werde man sich erst langsam bewusst, so Riccitiello. Seiner Einschätzung nach seien die eigenen Spiele schlicht zu schwer; man verlange 50 bis 60 US-Dollar für 40 Stunden Spielgenuss, der dabei auch nur von einem Bruchteil der erfahrenen Spielerschaft bewältigt werden könne – den pubertierenden Jungs mit den schnellen Daumen, wie er dieses Klientel nennt. Und wenn es nicht an der Schwierigkeit des Spieles scheitert, so ähnelten sich Fortsetzungen immer mehr. Jahr für Jahr sehe der neue Teil hierbei aus wie die Vorjahresausgabe, und diese ähnelt ohnehin schon ihrem Vorgänger zu deutlich. Kurzum: John Riccitiello, Chef des größten Spiele-Publishers, der seinen Umsatz hauptsächlich mit Fortsetzungen der Serien Fifa, Need for Speed oder Madden NFL macht, beklagt Innovationsarmut und Einsteigerunfreundlichkeit. Man langweile die Spieler schlicht zu Tode.

Absurd? Eigentlich nicht. John Riccitiello kam nämlich, nach mehrjähriger Abstinenz, erst im Frühling zurück zum EA-Konzern, nachdem er bereits 1997 bis 2004 für diesen tätig war. Unter ihm begannen, nach mehrjährig sinkenden Gewinnzahlen, Umstrukturierungen beim größten Spielepublisher. So wurden vier separate Labels – EA Sports, EA Games, EA Casual Entertainmant und The Sims – gegründet, die eigenverantwortlich die Spieleentwicklung verfolgen sollen. Bereits die letzte Auskapselung sorgt auf den ersten Blick für Verwunderung, zeigt aber, welche Zukunft sich John Riccitiello wünscht: Die Lebenssimulation Die Sims ist nämlich eines der wenigen Projekte, das zum EA-Konzern gehört und durchaus mehr – oder gänzlich andere – als die bekannten Käuferschichten anspricht. So sorgen die mehrmals erweiterten Sims allein für etwa 13 Prozent des Umsatzes, den EA jährlich erwirtschaftet; und dieser fällt mit etwa 3 Milliarden US-Dollar nicht gerade klein aus.

Der neue Grundtenor, den John Riccitiello anschlägt, bedeutet aber keinesfalls, dass zukünftig kein Teil der „Medal of Honor“-Reihe mehr erscheinen wird und stattdessen die virtuellen Counterparts in simsischer Form dominieren werden. So wäre es ebenso falsch, hunderte von Millionen Dollar in eine Neuausrichtung des Spieleangebotes zu stecken und dabei die derzeitige Basiskäuferschaft – denn irgendwo gibt es auch die Menschen, die auch 60 US-Dollar für vor Kniffligkeit strotzenden Spielen ausgeben – zu ignorieren. Laut des EA-Chefs sei es aber nötig, von den 80 bis 90 Prozent der Investitionen, die eben dieser Randgruppe zu Gute kommen, mehr in alternative, innovativere Projekte zu stecken. Statt hochgezüchteter Grafik und stets gleichem Spielinhalt müsse man dem (Neu-)Kunden Abwechslung bieten. Auch Sequels passen in dieses Konzept, so sie denn den Vorgänger merkbar verbessern. Vorbilder für ein Umdenken gebe es bereits: So lobte John Riccitiello beispielsweise Blizzards „World of Warcraft“ oder das derzeit beliebte „Guitar Hero“. Dass Nintendos quasi Alternativ-Konsole Wii jedoch so erfolgreich ist, das dürfte der größte Stein des Anstoßes gewesen sein, der das Umdenken forderte. Ob Nintendos Verhalten, aus der Technikspirale im Kampf mit Microsoft und Sony auszusteigen, nun Schule macht und EA es ebenso tut, wird die Zukunft zeigen. Das Kapital für eine weitreichende Neuausrichtung ist jedenfalls vorhanden, der Wille in Form des EA-Chefs auch. Inwieweit etwaige Bemühungen jedoch von Erfolg gekrönt sind, wird die Zukunft zeigen – die Erkenntnis war aber auch bisher bereits der erste Schritt auf dem Weg zu Besserung.

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