„Abmahnanwalt“ zu Freiheitsstrafe verurteilt
Der besonders in der IT-Szene bekannte Anwalt Günter Freiherr von Gravenreuth, der als gefürchteter „Abmahnanwalt“ und einer der Auslöser der gleichnamigen Welle von Rechtsstreitigkeiten gilt, wurde vom Berliner Amtsgericht Tiergarten zu einer Freiheitstrafe ohne Bewährung verurteilt.
Auslöser des Rechtsstreits war das Abonnements des Newsletters der Online-Ausgabe der tageszeitung (taz) durch von Gravenreuth. In Folge dessen erhielt er eine Bestätigungs-E-Mail, mit der er seine E-Mail-Adresse verifizieren sollte, um fortan an diese den Newsletter geschickt zu bekommen. Da der Anwalt diese E-Mail jedoch unbestellt erhalten habe, mahnte er die taz erst ab, worauf hin diese jedoch nicht zahlte. Folgend erwirkte er vor dem Berliner Landgericht eine einstweilige Verfügung gegen die Zeitung und bekam die Kosten des Verfahrens in Höhe von 663,71 Euro zugesprochen – die taz überwies den Betrag danach laut eigenen Angaben fristgerecht.
Günter Freiherr von Gravenreuth habe den Eingang des Betrages bestätigt, konnte die Zahlung nach eigenen Angaben jedoch nicht zuordnen, da die taz den Verwendungszweck unklar angegeben hätte. In Folge dessen pfändete der Anwalt die Domain der Tageszeitung und wollte diese versteigern – er warb sogar auf seiner eigenen Homepage hierfür. Die taz schritt dann mit ihrem Anwalt Jony Eisenberg ein und erstattete Anzeige wegen Betruges. Von Gravenreuth wurde vorgeworfen, gegenüber dem Gericht nicht wahrheitsgemäß angegeben zu haben, dass er die Zahlung der taz erhalten habe. Im Rahmen des Verfahrens wurde auch die Kanzlei des Münchner Anwalts untersucht, wobei ein Fax gefunden wurde, das von Gravenreuth bis dato nicht erhalten haben wollte.
Vor dem Gericht gab von Gravenreuth an, in der Überzeugung, weitere Forderungen gegenüber der taz seien noch nicht erfüllt worden, gehandelt zu haben. Er gab zudem an, dass er wegen mangelnder Rechtskenntnis und wegen des Chaos' in seinem Büro so handelte. Die Richterin folgte seiner Argumentation nicht und verurteilte den Anwalt wegen früherer Delikte – unter anderem einer Verurteilung wegen Urkundenfälschung in 60 Fällen aus dem Jahre 2000 – zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung. In der Urteilsbegründung führte die Richterin Nissing ferner aus, dass von Gravenreuth die Domain nur nicht verwertet hätte, weil ihm ein Anwalt in den Arm gefallen sei. „Die Allgemeinheit muss vor Ihnen geschützt werden“, ergänzte sie.
Günter Freiherr von Gravenreuth steht das Rechtsmittel der Berufung zu. Auch ein anderes Verfahren aus dem Jahre 2006 ist noch nicht rechtskräftig. Damals wurde der Münchner Anwalt wegen Veruntreuung von Mandantengeldern verurteilt; er kündigte bereits an, in Berufung zu gehen. Der Anwalt ist in mehreren Internetforen gesperrt. Im Falle des heise-Forums unterzeichnete er eine Unterlassungserklärung, in mindestens einem anderen Fall konnte er sich wieder einklagen.
Das gegen die taz verhängte Urteil, den Newsletter nicht mit Hilfe einer Bestätigungs-E-Mail verschicken zu dürfen, wurde mittlerweile revidiert.