Crysis im Test: Die neue Referenz kommt aus Deutschland
2/2Technisches
Bisher durchlebten wir in diesem Test ein Wechselbad der Gefühle: Einem durchschnittlichen Plot und grundsoliden Multiplayer stehen ein gutes Missionsdesign, eine weitgehend gute – leider zu gut sehende – KI, ein ansprechendes Waffenarsenal und ein angemessener Fuhrpark sowie ein gutes Nano-Suit-Feature gegenüber. Nun wird es Zeit, sich der technischen Umsetzung von Crysis zuzuwenden.
Testsystem für Crysis
- Windows Vista Ultimate (32 Bit)
- Intel Core 2 Duo E6700 @ 2,66 GHz
- Gigabyte GA-965P-DQ6
- GeForce 7900 GTX (512 MB)
- 2 x 1024 MB Crucial Ballistix (DDR2-RAM, PC2-8000)
Herstellerempfehlung Crysis
- Betriebssystem: Windows XP oder Vista (32 Bit)
- Prozessor: 2,8 GHz (XP), 3,2 GHz (Vista) oder höher
- Speicher: 1 GB (XP), 1,5 GB (Vista)
- Festplatte: 12 GB Festplattenspeicher
- Grafikkarte: DirectX 9.0c kompatibel, 256 MB
- Soundkarte: DirectX 9.0c kompatibel
- DVD-ROM: 8-faches DVD-ROM-Laufwerk
- Breitband-Anbindung für Multiplayer
Im folgenden Unterpunkt „Grafik“ soll nun geklärt werden, wie Crysis visuell wirkt und vor allem, wie das Testsystem mit dem Titel zurecht kam.
Grafik im Test
Der Hardware-Hunger von Crysis wird wohl auch die kommenden Monate kaum zu bändigen sein. Auf dem – zugegeben nicht mehr ganz state of the art – Testsystem war es schlicht nicht möglich, Crysis mit Anti-Aliasing und hohen Details zu spielen. In einer Auflösung von 1024*786 samt 2xAA ging die Rate der Bilder pro Sekunde (Frames per second / FPS) selbst in weniger aufwändigen Gefechten radikal unter die Grenze von 20 FPS und machte das Spielen quasi unmöglich. In besonders kniffligen Situationen krepierte die Darstellung gar bei Werten von unter 10 Bildern pro Sekunde und bot ein gelungenes Daumenkino dar. Gekrönt wurde die Vorstellung mit Systemabstürzen (Sound- / Bild-Freezes), die auf die schlichte Überforderung der Technik zurückzuführen waren.
Nicht ohne Grund also gab das Spiel für unser System die Empfehlung aus, Crysis auf mittlerer Detailstufe und mit deaktiviertem Anti-Aliasing zu spielen (siehe Bild unter „Technisches“). Die Abstürze im Hinterkopf beugte sich das anspruchsvolle Tester-Herz dann auch der Empfehlung. Doch selbst hier waren in einer Auflösung von 1280*1024 nur FPS-Raten im Bereich der 30 möglich, die sich in aufwändigeren Situationen (weiter Blick, viele Feuerquellen, Explosionen etc.) bedenklich gegen die 20 FPS bewegten. Damit gestaltete sich Crysis im Test zwar als spielbar – die volle Grafikpracht ließ sich jedoch nicht genießen.
Nun könnte man argumentieren, dass ja nicht jeder das Maximum aus dem Spiel herausholen muss. Die brutale Anforderung an den heimischen Spiele-Rechner ist aber schon etwas mehr als nur ein kleiner Wermutstropfen: Crysis könnte die eigene Durchschnittlichkeit in Sachen Story – ja, selbst für einen Alien-Shooter ist so etwas heute wichtig! – primär über die grandiose visuelle Umsetzung wieder hereinholen. Gerade hierfür wurde der Titel schließlich vorab auch besonders, fast schon überschwänglich gelobt. Schade nur, dass dieses herausragende Feature ganz offensichtlich nur Spielern mit absoluten Highend-Systemen zu Gute kommt.
Dennoch täte man Crysis natürlich unrecht, wenn man an dieser Stelle nicht auf die auch in besagter Konfiguration ansehnliche Grafik verweisen würde. Wie schon 2004 in FarCry kommt auch bei Crysis echtes Dschungel-Feeling auf – mit allem was dazu gehört. Sonne bricht realistisch durch das Blattwerk, Bäume und Gräser wiegen sich im Wind, das Wasser schimmert natürlich vor den Augen des Nano-Suit-Trägers und auch die Explosionen können sich locker mit Genre-Mitbewerbern messen. Abgerundet wird die visuelle Umsetzung von den in die Spielhandlungen integrierten Cutscenes, die mit viel Detail und Realistik geschaffen wurden und die generelle Spiel-Atmosphäre bedeutend aufwerten.
Auch wenn es nicht unbedingt zum Punkt Grafik gehört, sei auch erwähnt, dass man in Crysis nahezu alles zerstören oder bewegen kann, was einem über den Weg läuft. Egal ob TFT-Monitor, Kiste oder Flasche – alles lässt sich aufheben und wieder wegwerfen und auch Bäume fallen dank einer guten Physik-Engine nach leichtem Beschuss realistisch Mutter Erde entgegen.
Trotz dieser durchaus positiven Aspekte soll an dieser Stelle noch mal explizit formuliert werden, dass die vielerorts herbeigepredigte Grafik-Allmacht von Crysis sich auf nur noch halbwegs aktuellen Rechnern leider nicht zu hundert Prozent entfaltet hat.
Grafik im Optimum
An dieser Stelle darf aber natürlich nicht verschwiegen werden, was theoretisch alles mit Crysis auf einem absoluten Highend-System anzufangen ist (ComputerBase berichtete hierzu bereits ausführlich). Unter DirectX 9 und vor allem auf DX10-Systemen lässt sich die Darstellung – die richtigen technischen Voraussetzungen gegeben – mächtig aufbohren. Inwiefern ein solches Vorgehen nicht zuletzt auch mit Blick auf die Spielbarkeit sinnvoll ist, sei einmal dahin gestellt und obliegt dem Empfinden des jeweiligen Spielers.
Als großes Beispiel für besagtes Aufbohren sind die Detailstufen zu nennen. Während die Detailstufe „VeryHigh“ offiziell nur auf DX10-Systemen auswählbar ist, wurden „extreme“ Details letztlich aufgrund unzumutbarer Systemanforderungen ganz aus den Einstellungsmöglichkeiten gestrichen. Findige Nutzer fanden aber schon kurz nach der Veröffentlichung der offiziellen Crysis-Einzelspieler-Demo über die Modifizierung von Konfigurationsdateien einen Weg, sowohl die als DX10-exklusiv eingestuften „VeryHigh“-Details unter Windows XP auf DX9-Grafikkarten nutzbar zu machen (siehe folgende Bilder; um den Unterschied zu sehen, muss die Maus über die Bilder bewegt werden), als auch dem Enthusiasten die Möglichkeit zu geben, sogar über jene höchste einstellbare Detailstufe hinauszugehen.
In der entsprechenden News zu dem Thema berichteten wir allerdings auch davon, mit welchen Performance-Auswirkungen diese Modifizierung einher geht: Beim Wechsel von „High“ auf „VeryHigh“ mit einer Nvidia GeForce 8800 Ultra bricht die Bildwiederholrate um knapp 50 Prozent von 31 FPS auf 16 FPS ein.
Wer sich diesem Performance-Einbruch nicht aussetzen will, oder schlicht nicht kann, dem sei hier noch der Unterschied der Detailstufen Niedrig und Mittel unter DX9 ans Herz gelegt.
Ein weiterer nennenswerter Aspekt, der generell kontrovers diskutiert wird, ist der Unterschied zwischen DX9- und -10-Systemen. Wie dieser Unterschied konkret visuell ausfällt, kann dem folgenden Beispiel entnommen werden. Weitere Eindrücke zum direkten Vergleich finden sich in unserer Meldung zum Thema.
Überdies berichteten wir, dass, wer ein HighEnd-System sein Eigen nennt und gerne noch einen Schritt weiter gehen möchte, ebenfalls über die Konfigurationsdateien einen Einfluss auf die Details nehmen kann. Eine Tabelle, welche im Forum von nV News aufgetaucht ist, gibt Aufschluss darüber, wie man gezielt Einfluss auf die Einstellungen innerhalb der Konfigurationsdateien nehmen kann, um im Spiel – abweichend von den Standards – entweder extrem niedrige oder eben extrem hohe Details zu erhalten. Somit ist ein Detailgrad jenseits von „VeryHigh“ realisierbar, welcher womöglich den weggefallenen „Extreme“-Details entspricht.
Es zeigt sich, dass Crysis nicht unbedingt so aussehen muss, wie auf den Screenshots zu unserem Test. Voraussetzung hierfür ist dann aber entweder die Hinnahme eines massiven Daumenkino-Effekts, oder das Vorhandensein der entsprechend potenten Hardware.
Sound- & Sprachumsetzung
Die Geräuschkulisse in Crysis ist gut gelungen. Die Klänge des Dschungels kommen in einem authentischen Maße vor und auch musikalisch weiß das Crytek-Werk zu überzeugen. Dezent gesetzte Ingame-Musik erhöht den Nervenkitzel in besonderen Momenten und sorgt für ein Mehr an Atmosphäre.
Auch die Synchronisation wurde inhaltlich in angemessener Qualität umgesetzt. Leider wurde die deutsche Sprache aber an vielen Stellen nicht komplett lippensynchron eingesetzt, was vor allem in den erwähnten, ansonsten ansehnlichen Cutscenes auffällt.
Steuerung
Normalerweise wäre dieser Punkt gerade bei einem Egoshooter eigentlich keiner Erwähnung wert, da sich ja alle Exemplare des Genres konventionell über die WASD-Tasten und mit der Maus steuern lassen. Bei Crysis kommt aber hinzu, dass man auch den eleganten Nano-Suit im Eifer des Gefechts handhaben muss. Dies ist auf mehreren Wegen möglich. Der wohl einfachste ist, das Menü des Anzugs über die dritte Maustaste aufzurufen und dann die jeweilige Funktion über die Ziffern einzustellen. In der Praxis erwies sich die Steuerung der Anzug-Funktionen auf diesem Weg als tauglich – alles andere hätte die Häufigkeit des Einsatzes der Funktionen wohl weiter minimiert und damit ein nennenswertes Feature von Crysis zerstört.
Auch die Wahl der verschiedenen Waffenfeatures wurde komfortabel gelöst. Über die C-Taste lässt sich das Waffenmenü aufrufen, in dem man alle vorhandenen Modifikationen wie das Aufsetzen von Schalldämpfern, Taschenlampen oder Zielfernrohren vornehmen kann (siehe Bild oben). Insgesamt wurde die Steuerung von Crysis somit sauber umgesetzt.
Special Edition
Auch wenn es vielleicht nicht hundertprozentig zum Überbegriff „Technisches“ passt, so soll an dieser Stelle kurz auf die Gestaltung der Special Edition von Crysis verwiesen werden, die uns von EA für diesen Test freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde. Für einen Aufpreis von rund zehn Euro erhält der Käufer Crysis in einem schicken, metallenen Case, in dem neben dem Spiel selbst einiges an Bonusmaterial schlummert: So bietet die Box neben dem obligatorischen Handbuch auch ein schickes Art-Booklet, den Crysis-Soundtrack von Inon Zur und eine weitere Bonus-DVD, auf der es neben Screenshots und Videos auch ein Making Of sowie Storyboards gibt. Wer sich also umfassend mit dem Titel beschäftigen will, ist mit dieser Variante sicher bestens bedient.
Fazit
Auch wenn die vorangegangenen Seiten vielleicht etwas anderes implizieren zu scheinen: Crysis ist ein gelungener Egoshooter, der sich vor keinem Mitbewerber im Genre verstecken muss. Auch ist dem Autor dieser Zeilen durchaus bewusst, dass die geäußerte Kritik in vielerlei Punkten vielleicht manchmal etwas zu pingelig ist und man sich auf sehr dünnes Eis wagt, wenn man aus dem insgesamt recht einseitigen Pro-Crysis-Reigen ausschert.
Dennoch: Crysis hat in diesem Test nicht den geschürten, unseren Erwartungen entsprochen. Anzukreiden ist dies jedoch nur zum Teil den Entwicklern oder dem Publisher Electronic Arts, der zwar sicherlich zum Hype beigetragen hat, aber wohl insgesamt auf willige Pressevertreter getroffen ist, die sich vorab im Wochentakt in Lobesreden auf das Spiel überboten.
Allgemeiner Crysis-Bilderpool
Mit Crysis wurde tatsächlich die neue Genre-Referenz, vielleicht sogar das Spiel des Jahres erwartet. Während man sich über ersteres streiten kann, ist letzteres unsere Ansicht nach ausgeschlossen. Eine durchschnittliche Handlung, ein gutes Missionsdesign, gute – zu gut sehende – NPCs, eine gelungene technische Umsetzung und ein guter, aber nicht bahnbrechender Multiplayer – das sind Zutaten für einen ordentlichen Egoshooter, der für Genre-Freunde sicherlich Pflicht ist und je nach Auslegung der einzelnen Kernaspekte vielleicht noch zu einer Genre-Krone verargumentiert werden könnte. Geht man die Sache aber etwas kritischer an, so zeigt sich doch, dass sich die im Vorwort erwähnte Regel mit den Vorschusslorbeeren bestätigt hat. Crysis konnte den – zugegeben übertriebenen – Ansprüchen, mit welchen dieser Test angegangen wurde, nicht genügen.
Aus diesem Grund reiht sich der Crytek-Titel nach Meinung des Autors mit Blick auf aktuelle Neuerscheinungen über Timeshift, aber unter dem durchweg gelungenen Call Of Duty 4 ein, auch wenn hierbei natürlich die unterschiedlichen Vorlieben („Kriegs“- / „Future-Shooter“) berücksichtigt werden müssen. Und auch wenn dies bedeutet, dass dieses Fazit manchem Lesereindruck widersprechen könnte.
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