Vier Tastaturen von Razer im Test: Bissige Schlangen oder zahme Kätzchen?
14/14Fazit
Eines vorweg: Keine der getesteten Tastaturen ist in allen Bereichen fehlerfrei. Jede liefert sich an der einen oder anderen Stelle mehr oder weniger gravierende Patzer. Über das beste Gesamtkonzept verfügt unserer Meinung nach jedoch die Lycosa von Razer, welcher wir von den hier getesteten vier Tastaturen von oder „powered by“ Razer insgesamt den Vorzug geben würden. Doch fehlerfrei ist auch sie nicht. So ist die Beschriftung der Tasten ohne Beleuchtung nur sehr schlecht zu lesen. Im Gegenzug erhält die so fast komplett schwarz wirkende Tastatur eine interessante, ungewöhnliche Optik. Darüber hinaus ist es verwunderlich, dass Profile und somit auch Makros, die zwar nun mit einer Länge von immerhin 16 Befehlen doppelt so lang wie bei der Tarantula und Reclusa ausfallen können, jedoch nicht direkt in der Tastatur gespeichert werden können und man so stets zu einer Treiberinstallation gezwungen ist, wenn man vordefinierte Profile nutzen möchte. Dies hat Razer bereits bei der älteren Tarantula deutlich besser umgesetzt. Darüber hinaus würden wir uns auch bei der Lycosa eine doppelte Tastenbelegung (Keymaps) wie bei der Tarantula wünschen, um einfacher das Problem, dass Makros auch bei der Eingabe von Chatnachrichten im Spiel und unter Windows aktiv sind, umgehen zu können.
Warum man anders als bei der Tarantula das Anti-Ghosting nur für das „WASD“-Feld und die umliegenden Tasten anwendet und nicht wie bei der Tarantula zehn gleichzeitige Tastenbefehle sämtlicher Tasten erlaubt, ist für uns ebenfalls schwer nachvollziehbar. Das Sensorfeld ist zwar eine nette Spielerei, verliert jedoch schnell seinen Reiz und bietet dem Benutzer keine Rückmeldung über die Ausführung eines Befehls. Gut haben uns hingegen die integrierten Mikrofon- und Kopfhörer-Anschlüsse sowie der USB-Port gefallen, der Dank eines direkten Anschlusses an den Rechner auch den schnellen USB2.0-Standard unterstützt. Ebenfalls lobenswert ist die Verarbeitung, Optik, Haptik, Größe und Qualität der Razer Lycosa. Die Tasten bieten einen angenehmen Anschlag, sind jedoch etwas zu laut. Die Beleuchtung ist zwar recht blickwinkelabhängig, gefällt uns jedoch sehr gut, da die Zwischenräume der Tasten nicht mit beleuchtet werden. Eine über den Treiber individuell konfigurierbare Beleuchtung sollte eine Option für nachfolgende Generationen sein. Größter Vorteil der Lycosa im Vergleich zu der in diesem Test angetretenen Konkurrenz ist jedoch die freie Programmierbarkeit und Makrofähigkeit sämtlicher Tasten. Keine am falschen Platz liegenden Makrotasten, die den Benutzer einschränken und völlige Konfigurationsfreiheit, sind die Folge. Dennoch kann auch die Lycosa ob der angeführten Kritikpunkte keine Empfehlung von uns einheimsen. Der Straßenpreis der Razer Lycosa liegt derzeit bei rund 70 Euro.
Im Vergleich zur Lycosa und vor allem dem DKTBoard ist die Tarantula ein regelrechtes Schlachtschiff – der Nebenmann wird es bei der nächsten LAN-Party sicherlich danken. Erster Kritikpunkt der Tarantula ist die völlig fehlende Beleuchtung des normalen Tastenfeldes. Lediglich die Makrotasten, die Profiltaste und das in der Handballenauflage integrierte Logo werden beleuchtet. Auf dunklen LAN-Partys muss man sich somit entweder auf einen leuchtstarken Monitor verlassen oder weiterhin im Dunklen stochern. Die Makrotasten, für welche sogar noch zehn spezielle Tasten mit Symbolen beigelegt werden, können mit Befehlen der Länge acht programmiert werden, liegen jedoch ungünstig an der Seite der Tastatur, so dass der Benutzer während des Spielens keinen schnellen Zugriff auf diese hat. Sie eignen sich daher vor allem beispielsweise für Aktionen, die bei First-Person-Shootern etwa am Beginn einer jeden Runde ausgeführt werden wie das Kaufen der Ausrüstung. In dieser Disziplin ist die Lycosa mit ihren frei programmierbaren Tasten das Maß aller Dinge.
Programmierbar sind die normalen Tasten der Tarantula jedoch auch, allerdings nur in sehr eingeschränktem Maße. So lassen sich bis zu drei gleichzeitige Tastenbefehle einer jeden einzelnen Taste zuordnen. Sehr positiv fällt in diesem Zusammenhang der integrierte Speicher der Tarantula auf, der eine Nutzung von fünf Profilen an jedem Rechner ermöglicht, auch wenn diese, wie beschrieben, einigen Einschränkungen unterliegen. Der Anschlag der Tasten ist zu weich und führt dazu, dass Eingaben mitunter nicht registriert werden. Im Gegenzug ist der Anschlag leiser als bei der Lycosa. Der größte Vorteil der Tarantula ist das sich über das gesamte Tastenfeld erstreckende, im Test beste Anti-Ghosting, welches die gleichzeitige Verarbeitung von bis zu zehn Tastenanschlägen ermöglicht. Der Straßenpreis der Razer Tarantula liegt derzeit wieder bei rund 80 Euro, nachdem er schon einmal auf rund 70 Euro gefallen war.
Mit der Reclusa hat sich Microsoft hingegen keinen Gefallen getan. Eine schlechte Verarbeitung und Befestigung der Handballenauflage paart sich mit einer schlechten Beleuchtung, die sich auch nicht deaktivieren lässt. Darüber hinaus versteht sich die Reclusa nicht auf das so genannte Anti-Ghosting und die Tasten bieten einen schlechten Druckpunkt. Auch die Jog-Dials sind zwar ganz nett gedacht, ihre Umsetzung ist jedoch erneut halbherzig, wackelig und unpräzise. Das Einzige, was die Reclusa überhaupt zu einer Tastatur für Spieler werden lässt, sind die seitlichen Sondertasten mit Makrofähigkeit, welche wie bei der Tarantula während des Spiels nicht schnell genug zu erreichen sind, sowie die (jedoch schlechte) Hintergrundbeleuchtung.
Die Treiber-Software der Reclusa wirkt zu beschnitten und erlaubt keine Programmierung der normalen Tasten, so dass lediglich die Sondertasten (inklusive Jog-Dials) mit acht Befehlen langen Makros versehen werden können. Die auf lediglich fünf beschränkten Profile können darüber hinaus nicht direkt in der Tastatur gespeichert werden. So verfügt die Reclusa zwar über insgesamt gute Ansätze, Microsoft ist jedoch auf halbem Wege zur Gaming-Tastatur stehen geblieben, was auf diesem Markt nicht ausreicht, um Kunden zu gewinnen. Dass Microsoft es eigentlich besser kann, haben sie in der Vergangenheit schon oft bewiesen. Spielern können wir von der Reclusa jedoch nur abraten. Der Straßenpreis der Microsoft Reclusa liegt bei nur noch rund 40 Euro und macht sie so zum günstigsten Modell dieses Tests.
Das DKTBoard von Everglide stellt aufgrund des angepassten, gewöhnungsbedürftigen Tastaturlayouts das außergewöhnlichste Modell im Testfeld dar. Der eigenen Zielsetzung, möglichst klein, mobil und robust zu sein, wird man so zwar gerecht und das Aluminium verleiht der Tastatur ein schönes Äußere, im Alltag wünscht man sich jedoch eher ein ausgewachsenes Tastenfeld. Für den Office-Einsatz eignet sich das DKTBoard nicht. Auch die Tasten sind insgesamt zu wackelig und schwammig und lassen sich nur schwer lösen und befestigen. Ein fehlendes Anti-Ghosting verwundert ebenso wie der Mangel einer Treibersoftware, welche zusätzliche Einstellungsmöglichkeiten wie die Programmierung der Tasten liefern könnte.
Die auf dem Aluminium aufgebrachte Beschriftung der Multimediatasten löst sich schnell ab, was ebenfalls keinen guten Eindruck hinterlässt. Deutlich punkten kann die Tastatur hingegen bei der Beleuchtung und Lesbarkeit der Tasten. Das DKTBoard, welches nach derzeitigen Informationen wohl doch nicht den Weg nach Deutschland finden wird und somit nur mit amerikanischem Tastenlayout importiert werden kann, eignet sich in erster Linie für Besucher von LAN-Partys mit sehr wenig Platz. Alle anderen sollten lieber auf ein größeres Modell zurückgreifen, welches zusätzliche Funktionen bereithält.
Sämtliche hier getesteten Tastaturen setzen nicht auf ein spezielles GamerPad, welches versucht möglichst viele Tasten für den Spieler möglichst optimal anzuordnen. Hierfür kann man beispielsweise auf die Hersteller Zykon oder die ZBoard-Serie von Ideazon zurückgreifen. Auch ein Display wird bei keinem der Kontrahenten geboten, so dass all jene, die Wert auf dieses Ausstattungsmerkmal legen, einen Blick auf Logitechs Dauerbrenner, die G15, werfen sollten, die bereits ab rund 60 Euro verfügbar ist.
Doch kommen wir noch einmal zur Eingangs gestellten Frage zurück, ob aus speziellen Spieler-Tastaturen tatsächlich ein Vorteil gezogen werden kann. Am Ende des Tests können wir diese Frage zwar mit „Ja“ beantworten, allerdings nur dann, wenn man die gebotenen Funktionen auch einzusetzen weiß. Dies hängt stark nicht nur von den eigenen Vorlieben sondern auch von den Spielen, die man favorisiert, ab. Bei Spielen, die ein umfangreiches Scripting erlauben, kommt man oft bequem auch ohne Makrotasten aus, sofern man gewillt ist, sich mit den Befehlen in den Konfigurationsdateien auseinanderzusetzen. Gleiches gilt für die Technik. Nicht jeder Spieler benötigt tatsächlich „Anti-Ghosting“, um erfolgreich zu sein, auch wenn es das Marketing suggeriert. Die Anschaffung einer Spieler-Tastatur sollte somit anhand eigener Präferenzen gut abgewogen werden, um sie am Ende nicht nur wie jede andere Standard-Tastatur zu nutzen.
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