Die Siedler: Aufbruch der Kulturen im Test: Es hat sich ausgesiedelt
2/4AdK auf einen Blick
Dem eigenen Anspruch folgend, wartet „Aufbruch der Kulturen“ (AdK) mit den altbekannten Steuerungsmerkmalen der Serie auf. Das bedeutet für den Spieler, dass das Meiste gut geplant werden kann, aber ein aktives Eingreifen – zum Beispiel in Kampfhandlungen – kaum möglich ist. Zu Beginn eines jeden Spiels gilt es zunächst, die Rohstoffbasis zu sichern. Dies geschieht wie gewohnt über das Bauen von entsprechenden Gebäuden sowie über die Vernetzung durch ein Straßensystem, das prompt mit den gut bekannten Trägern besetzt wird. Das Waren- und Wirtschaftssystem ist dabei auf den ersten Blick weitgehend identisch zum großen Vorbild aus der letzten Dekade.
Bei längerem Spielen fällt dann aber auf, dass die Macher durchaus einige Änderungen implementiert haben. So gibt es in AdK die Möglichkeit, einen Opferaltar zu errichten, über welchen gegen entsprechende Rohstoffeinzahlungen verschiedene Gimmicks für die eigene Kultur aktiviert werden können (siehe Bild unten). Diese müssen zumeist erst erforscht werden und sind zeitlich begrenzt, bieten aber teilweise gravierende Vorteile, da sich beispielsweise eine verstärkte Panzerung oder eine erhöhte Fortbewegungsgeschwindigkeit für die eigenen Einheiten bewirken lässt, was gerade im Kriegsfall auch effektiv wirkt. Doch auch die Friedenswirtschaft kann über das neue Gebäude gefördert werden, da manch' wichtiger Rohstoff erzeugt oder gar das Gebiet temporär vergrößert werden kann, was sich besonders gut macht, wenn die eigene Expansion durch Wasser oder Eis behindert wird. Generell lässt sich sagen, dass das neue Feature sowohl in der Kampagne als auch im freien Spiel häufige Anwendung findet, wobei das neue Gebäude im erstgenannten Spielmodus in der Regel zwingend notwendig ist, um zum Ziel zu gelangen.
Weitere Neuerungen finden sich im Wege- und Werkzeugsystem sowie im Interface. Mit Blick auf das Wegesystem gibt es die Änderung zu vermerken, dass in AdK auch die Überquerung von flachen Gewässern möglich ist – hier transportiert ein Floß die Ressourcen, während sich die Siedler schwimmend von Ufer zu Ufer begeben. Das Werkzeugsystem ist hingegen de facto nicht mehr vorhanden, da die verschiedenen, den Berufen angepassten Gerätschaften durch ein einziges Universalwerkzeug abgelöst wurden, sodass sowohl Minenarbeiter wie auch Bauarbeiter oder Landwirte mit dem gleichen Werkzeug versorgt werden müssen, um arbeiten zu können. Auch in puncto Benutzeroberfläche hat sich bei AdK etwas getan. So erhält der Spieler im linken oberen Teil des Bildschirms stetig wichtige Reports, sodass beispielsweise Warenstaus an einer Fahne oder aber Gebietsverluste sofort angezeigt werden. Auch beim Straßen- und Gebäudebau bietet das Interface eine überarbeitete Struktur, die je nach Spielertyp für mehr Übersichtlichkeit oder aber Fehlklicke sorgen.
Die wohl wichtigste Änderungen bezieht sich aber auf die drei Völker in „Die Siedler – Aufbruch der Kulturen“. So sind sich Schotten, Bayern und Ägypter nicht nur äußerlich unähnlich, sondern spielen sich zum Teil auch anders. Die Unterschiede finden sich zum einen in leicht unterschiedlichen Gebäudeoptionen (die Ägypter verfügen zum Beispiel nicht über Förster, was nichts anderes bedeutet, als dass die für die anderen Völker endlose Ressource Holz zu einem echten Problem werden kann), zum anderen aber auch in der militärischen Ausstattung. Die Unterteilung kann grob so erfolgen: Die Ägypter sind wirtschaftlich stark, verfügen aber über kein allzu schlagkräftiges Militär und müssen eher auf Masse statt Klasse setzen. Die Schotten sind hingegen vorzügliche Kämpfer aber alles andere als kluge Wirtschafter, während die Bayern sich sowohl wirtschaftlich als auch militärisch ausgewogen spielen und daher vor allem für Einsteiger zu empfehlen sind.
Die letzte nennenswerte Neuerung ist beim Militär direkt zu finden. Hier haben sich die Entwickler an konventionellen RTS-Spielen orientiert und den einzelnen Einheiten mit „Gesundheit“, „Angriffsstärke“ und „Panzerung“ individuelle Attribute zugewiesen, welche das Führen von Kriegen deutlich vereinfacht. Was allerdings wirklich schwer verständlich ist, ist der Umstand, dass die drei Militärgebäude „Wachstube“, „Wachturm“ und „Festung“ entweder nur mit Nah- oder mit Fernkämpfern bestückt werden können, was bedeutet, dass man eine effektive Mischung der Einheitentypen im Falle von Kampfhandlung nur über eine gut durchdachte Planung beim Bau und der Besetzung der Gebäude erreichen kann.
Mit Blick auf die Spielmodi im Einzelspieler bietet „Die Siedler – Aufbruch der Kulturen“ die aus dem Genre gewohnte Kost. So kann neben einer Kampagne auch das freie Spiel gewählt werden, bei dem es wie gewohnt auf einer Karte der eigenen Wahl gilt, alle Gegner militärisch zu dominieren. In letzterem Fall muss jedoch erst einmal mit einigen wenigen kleinen Karten vorlieb genommen werden, auf denen auch nur ein Computergegner wartet. Je nach Erfolg der eigenen Missionen werden die anderen Karten im Lauf der Zeit freigeschaltet. Da sich AdK in der Kampagne selbst für alte „Siedler“-Veteranen im normalen und zugleich schwersten Modus nicht unbedingt einfach angeht, sei gleich an dieser Stelle empfohlen, zunächst eine Trainingsrunde im freien Spiel einzulegen, da man hier vorzüglich die Grundlagen erlernen oder eben auffrischen kann.
Abgesehen vom teilweise recht happigen Schwierigkeitsgrad hinterlässt die Kampagne einen zwiespältigen Eindruck. Der Plot ist zunächst – gerade vor dem Hintergrund des in dieser Hinsicht recht schwachen Vorgängers – überraschend frisch: Die Götter wollen die Menschen auf die Probe stellen und zwingen sie dazu, diverse Aufgaben zu bewältigen. Im Prinzip gestaltet sich das Folgende dann als großer Wettlauf zwischen den Völkern, die allesamt versuchen, die Rolle als Retter der Menschheit an sich zu reißen. Von den Aufgaben her bedeutet dies, dass man mit einem der drei Völker zumeist bestimmte wirtschaftliche Ziele erreichen oder sein Gebiet vorbei an Hindernissen bis zu einem bestimmten, wichtigen Punkt erweitern muss. Überdies muss der geneigte Spieler natürlich auch ab und an militärische Missionen meistern. Das Missionsdesign ist dabei alles in allem recht gut gelungen; allerdings fehlt es spätestens ab der dritten Mission an Abwechslung. Anders formuliert: AdK geht, was die Spannung und neue Erkenntnisse für den Spieler anbetrifft, recht schnell die Luft aus. Dies ist ab einer gewissen Spielzeit nicht ungewöhnlich, könnte aber von mehr Abwechslung in den Missionsaufgaben kompensiert werden. Verschärft wird die irgendwann aufkommende Langeweile in der Kampagne durch die wirklich lieblos wirkenden „Zwischensequenzen“, in denen die schwach animierten Akteure miteinander sprechen, oder über die eine neue Aufgabe eingeleitet wird (siehe z.B. Bild oben).