Die Siedler: Aufbruch der Kulturen im Test: Es hat sich ausgesiedelt
4/4Fazit
Prinzipiell könnte man „Aufbruch der Kulturen“ abschließend ein gutes Zeugnis ausstellen. Denn: Der Spagat zwischen alter Kost und einigen Neuerungen ist gelungen. Letztere nehmen sich zwar nicht allzu gravierend aus, doch haben sich die Entwickler mit der Modifikation der Völker-Eigenschaften ans Eingemachte getraut. Und schließlich ist das mit den Neuerungen bei einer „Traditionsreihe“ immer so eine Sache: Was dem einen längst nicht genug, ist dem anderen schon wieder zu viel. Da das Spielprinzip von „Die Siedler“ im Kern erhalten geblieben ist, werden die Verantwortlichen den eigenen Ansprüchen mit AdK also gerecht.
Neben diesem positiven Aspekt gibt es allerdings auch einige negative Dinge, die den Eindruck deutlich schmälern. Hauptkritikpunkt ist die lasche Kampagne, die sich zwar anfänglich gut angeht, mit zunehmender Spieldauer aber aufgrund von fehlenden neuen Entdeckungen und Aufgaben immer mehr Langeweile verbreitet. Ein Mehr an Aufgabentypen und Features, vielleicht auch einige weitere Überraschungen und Storywendungen, hätten da gut getan. Verschärft wird dieser Abwärtstrend durch die alles andere als atmosphärischen Rahmenbedingungen, zu denen sowohl die schwachen Zwischensequenzen als auch die nicht überragende visuelle Umsetzung gehören. Da hilft auch die ordentliche Audio-Umsetzung nicht groß weiter, vor allem auch weil der fehlende LAN-Modus die gepflegte lokale Daddelei verbietet.
Auch wenn sich die Macher mit „Die Siedler – Aufbruch der Kulturen“ deutlich mehr trauen als bei den Vorgängern und sich das Ergebnis im Vergleich zu eben diesen durchaus sehen lassen kann, muss der zunächst gute Eindruck mit Blick auf diese Defizite leicht revidiert werden. So gestaltet sich AdK insgesamt als solides Spiel, das vor allem Freunden der Reihe sicher viel Spaß bereiten wird. Wer abgesehen vom Wuselfaktor und einer gewissen Nostalgie auf einen in sich hervorragenden Titel hofft, sollte vorab aber in jedem Fall die 820 MByte schwere Demo anspielen, da in diesem Fall keine umfassende Empfehlung ausgesprochen werden kann.
Persönliches Fazit von Volker Rißka:
Als alter Siedler-Veteran, der sich bisher jeden Teil vorgenommen hat, konnte ich natürlich auch vor dem neuesten Werk keinen Rückzieher machen. Nach anfänglicher Euphorie kam aber doch recht schnell die Ernüchterung: Insgesamt ist alles einfacher und einsteigerfreundlicher geworden – allein der Werkzeug-Part war früher eine kleine Kunst für sich. Den Einsteiger freut dies sicherlich, der fortgeschrittene Spieler wird diese Individualität jedoch vermissen. Als Indiz dient dabei schon die Auswahl der Schwierigkeitsgrade, in der „unkompliziert“ (bei dem Bergwerke keine Nahrung brauchen und damit auch der ganze Produktionsprozess Nahrung quasi weg fällt), „einfach“ (mit extrem vielen Startressourcen) und letztendlich „normal“ bereitstehen. Für meinen Teil zu wenige des Guten.
Der zweite Kritikpunkt geht an die Missionsstruktur. Sicherlich ist der Wechsel der unterschiedlichen Völker in einer großen, zusammengefassten Kampagne eine gar nicht mal so schlechte Idee, jedoch kommt man sich beispielsweise in Mission 8 (Die Schotten) wieder vor wie beim Urschleim in Mission 1. Diese Karte, kurz vor dem Ende der Kampagne, kann in nahezu lächerlichen 30 Minuten bewältigt werden, wenn man sich strikt nur um die zwei sehr einfachen Aufgaben kümmert. Jede zweite Mission dreht sich zudem fast nur um das neue Feature „Opferungen“. Hier gibt es keinen wirklich festen Pool an Sprüchen pro Volk, in jeder Mission kann etwas Neues dabei sein. Klingt im ersten Augenblick aber spannender als es ist, da eigentlich einfach Ware A durch Ware B ersetzt wird, die als Ausgangsprodukt nicht Ware C und D sondern E und F benötigt. Hier fehlt es an wirklichen neuen Aufgaben und Herausforderungen.
Auch das Insel-Springen ist nicht mehr das, was es in den vergangenen Teilen einmal war. Heute wird ein einzelnes Schiff pro Route benötigt – nicht mehr und nicht weniger. Startet man jedoch auf einer kleinen Insel und muss über zwei weitere zu einer großen Hauptinsel siedeln, wird jede Ware erst von Insel 1 zu 2, dann von 2 zu 3 und dann von 3 zu 4 gebracht. Ein direkter Weg von Insel 1 zu 4 existiert nicht, was die gesamte Situation müßig macht. Zudem sorgt das maximal eine Schiff pro Route für ständig verstopfte Straßen und Wege, da alle Produkte an einem Punkt aufs Schiff geladen und natürlich an einem Punkt auch wieder entladen werden. Zum Glück gibt es für solche Fälle die dreifache Zeitbeschleunigung, die es oft zu nutzen gilt.
Insgesamt ist Siedler AdK aber dennoch ein netter Zeitvertreib. Einige Punkte wurden gegenüber den früheren Teilen verbessert, andere wiederum sind leicht schwächer. Gerade die Siedler-Fans der bekannten Wuselei sollten in jedem Fall die Demo ausprobieren, was aber auch für Einsteiger aufgrund des fehlenden Tutorials mit seinen nützlichen Hilfestellungen im Spiel gilt.
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