Madden NFL 09 (Wii) im Test: Nintendo will Football für jedermann bieten
NFL 09 auf einen Blick
American Football hat es in sich. Harte Typen scheinen sich, in einer noch härteren Ausrüstung steckend, wahllos um ein ledernes Ei zu prügeln. Das Ziel des Spiels erschließt sich beim Zuschauen zwar relativ schnell – doch was vom Kickoff bis zum Touchdown in Sachen Regelwerk und Spieldynamik vonstatten geht, ist erst bei einer näheren Auseinandersetzung mit dem Sport wirklich verständlich. Die sportliche Realität färbt interessanterweise auch direkt auf die entsprechenden Umsetzungen im PC- und Videospiel-Bereich ab. So galt Football auch auf dem PC oder der Konsole zumindest diesseits des Atlantischen Ozeans lange Zeit als ein Rand-Phänomen, das nahezu ausschließlich vom Publisher Electronic Arts bedient wurde. Denn genau wie beim realen Sport sorgte die Komplexität der Steuerung und des Regelwerks auch bei den PC-Spielen dafür, dass die meisten potentiellen Käufer verschreckt wurden und nur ein harter Kern regelmäßig zu den alljährlichen Neuauflagen griff.
Vor allem mit Etablierung der Wii hat Nintendo nun bekanntlich dafür gesorgt, dass das „Casual Gaming“ zu einem wichtigen Faktor geworden ist. Da „Casual“ und „Komplexität“ kaum miteinander zu vereinbaren sind, läge auf den ersten Blick nahe, Spiele à la „Madden NFL“ von Konsolen wie der Wii fern zu halten. Bei EA Sports hat man dies offenbar anders gesehen und setzt mit „Madden NFL 09“ auf eine Wii-Umsetzung der Football-Reihe. Der erste Gedanken, den man nun haben mag, könnte dahingehen, dass die Verantwortlichen das Spielprinzip den vermuteten Ansprüchen der Wii-Besitzer entsprechend weich gespült haben. Statt einer dicken Bedienungsanleitung allein für die Steuerung sowie vielen verschiedenen Regeln könnte man bei einer Football-Umsetzung für die Wii eher an ein bisschen Spaß ohne allzu großen Druck und ohne einen hohen Schwierigkeitsgrad, langes Einlernen und Verständnisprobleme denken. Dass dabei unweigerlich jeglicher Flair der Sportart verloren gehen würde, dürfte die Entwickler in einem solchen Fall nicht sonderlich stören, da der vermutete Wii-Besitzer damit ohnehin nichts anfangen kann...
Glücklicherweise hat EA Sports mit Madden NFL 09 genau dies nicht getan. Stattdessen wird einmal mehr ein gewagter aber löblicher Drahtseilakt zwischen alten und neuen Features versucht. Wer will, kann deswegen auch auf der Wii die große Spieltiefe, die die Sportart bietet und die von der Madden-Serie in der Regel auch immer großartig transportiert wurde, genießen. In Sachen Modi setzen die Macher indes leider auf die gewohnte Kost. Neben bekannten Optionen wie „Play Now“ oder „Franchise“ bietet Madden NFL 09 für die Wii (was den konventionellen Modus anbetrifft) überhaupt nichts neues, was gerade für Besitzer einer Vorgängerversion dazu führt, dass die wenigen neuen Features gründlich gegen den Kaufpreis von rund 50 Euro abgewogen werden müssen. Abgesehen davon beinhaltet „Madden NFL 09“ aber alles, was man an einem guten Football-Spiel schätzen könnte: Rasante Action, ein dickes Strategieheft und eine ordentliche KI. Neben diesem eher traditionellen Part bietet EA Sports den weniger versierten virtuellen Footballern natürlich auch wie angedeutet eine „Casual“-Alternative. Diese wartet unter dem passenden Claim „All-Play“ mit extrem vereinfachten Regeln, einer rudimentären, ganz auf die Funktion des Remote-Controllers setzenden Steuerung und comichaft animierten Spielern mit großen Köpfen auf. Doch auch hier wird die Hoffnung auf neue Spielmodi weitgehend enttäuscht. Neben dem bereits aus dem Vorgänger bekannten „All-Play“-Partymodus mit seinen vielen Minispielen ist es zusätzlich nur möglich, im neuen „5 vs. 5“-Modus unter „All-Play“-Regeln ein kurzes Match zu bestreiten.
Doch wie genau unterscheidet sich die „All-Play“-Variante vom traditionellen NFL 09? Zum einen ist das erwähnte vereinfachte Regelwerk de facto kaum noch als ein solches zu bezeichnen. Aufgrund eingeschränkter Möglichkeiten ist es beispielsweise erst gar nicht möglich, einen Offside- oder gar Facemask-Penalty zu begehen. Überdies wird generell auf die Bewegung der 10-Yards-Marker verzichtet, sodass einfach nur gilt, mittels maximal vier Spielzügen einen Touchdown zu erzielen, für den es dann auch nur einen Punkt gibt. Danach wie auch zu Beginn wird auf Kickoffs bzw. Extrapunkte verzichtet, während sich das allgemeine Punten des Balls mit Blick auf das Spielprinzip erübrigt. Auch die Steuerung gestaltet sich entsprechend des Anspruchs, auch für Anfänger leicht zugänglich sein zu wollen, als abgespeckt aber durchaus intuitiv: Während die Tasten von Remote-Controller und Nunchuck in der traditionellen Variante von Madden NFL 09 je nach Spielzeitpunkt mit mehrfachen, teils sehr komplexen Bewegungsabläufen verbunden sind, kommt man mit der „All-Play“-Steuerung hauptsächlich durch das Bewegen des Remote zurecht. Dies funktioniert übrigens wie erwähnt recht intuitiv, wird nur manchmal durch die Ungenauigkeit des Controllers gestört. Ein letzter, wichtiger Unterschied findet sich in der Spieldauer. Diese beträgt beim konventionellen Spiel wie gehabt vier mal fünf Minuten, während beim „5 vs. 5“ nach fünf Punkten für ein Team Schluss ist und der Partymodus entsprechend des an ihn gerichteten Anspruchs somit zur Kurzweil einlädt.
Das wohl größte neue Feature von „Madden NFL 09“ für die Wii stellt das „Call Your Shots“-System (CYS) dar. So ist es mit wenigen Handgriffen im Spiel dank CYS möglich, die Laufroute des Receivers der eigenen Wahl beliebig zu verändern (siehe Bilderreihe unten). Wird der Läufer auf dem modifizierten Weg dann auch noch trefflich vom Quarterback bedient, erhält der Spieler eine nette aber überflüssige Auszeichnung. Eine außerdem nennenswerte Neuerung stellt die Möglichkeit dar, nach besonders gelungenen Spielzügen mit dem betreffenden Spieler einen fulminanten Tanz aufzuführen, der, sofern mit ausreichend Enthusiasmus angegangen, zur Euphorie bei den Fans führt und dem Spieler damit einen Motivationsschub verschafft. Das Gehampel macht vor allem im Spiel mit mehreren zunächst Laune, wird allerdings nach einigen Malen zu einer eher nervigen Angelegenheit.
Abgesehen davon bietet „Madden NFL 09“ eine alles in allem solide technische Umsetzung. Die KI ist ausgereift und die Steuerung – von einigen Controller-bedingten Problemen mal abgesehen – intiutiv und sauber gestaltet. Auch mit Blick auf die Grafik bietet das Spiel angemessene, allerdings nicht überragende Kost, was vor allem auch durch die triste Gestaltung der Seitenlinie auffällt. In puncto Audioumsetzung ist indes keinerlei Neuerung zu bemerken: Hier wurde schamlos auf die Sound-Konserven aus dem vergangenen Jahr gesetzt.