C&C: Alarmstufe Rot 3 im Test: Das bunteste Command & Conquer aller Zeiten
2/4AR 3 auf einen Blick
Es gab Zeiten, da stand „Command & Conquer“ für Taktik pur gepaart mit feierlicher Ernsthaftigkeit. Im Umgang mit einer brutalen militärischen Maschinerie inklusive jeder Menge Spezialwaffen wurden im Spiel gegen die künstliche Intelligenz oder gegen menschliche Gegner stundenlang die vermeintlich besten Taktiken ausgetüftelt. Schnelles Vorgehen oder langsames Aufbauen, heterogene oder homogene Einheitenverbände, stationäre Verteidigung oder mehr bewegliche Einheiten – so lauteten die zentralen Fragen. Der Gedanke an diesen Umstand führt sogleich zum Wohl wichtigsten Punkt in diesem Test: All' dies hat sich mit „Alarmstufe Rot 3“ (AR 3) abschließend maßgeblich verändert. Denn statt auf ein Mindestmaß an Authentizität setzt AR 3 nun völlig auf Verrücktheit. Diese Entwicklung war in den vergangenen Jahren im Rahmen der anderen C&C-Spiele bereits absehbar, wurde bis dato aber niemals auf die Spitze getrieben. Mit AR 3 haben die Macher die bisher immer nur berührte Grenze nun deutlich überschritten: Quitsch-bunt und in Teilen comicartig statt realistisch, sowohl inhaltlich als auch visuell – so lässt sich das Spiel beschreiben.
Natürlich hat sich „Command & Conquer“ nie allzu ernst genommen, was aufgrund der schon immer einzigartigen Einheiten und höchst fiktiven Handlungen auch nur seltsam angemutet hätte. Doch ist man mit AR 3 an einem Punkt angelangt, an dem sich das Spiel mit zwei Worten wunderbar beschreiben lässt: Völlig durchgedreht. Von der grafischen Umsetzung über die Zwischensequenzen bis hin zum Missionsdesign und den Einheiten – selten hat man es mit einem Spiel zu tun, das mit soviel Augenzwinkern jeglichen Ernst, der eventuell aufkommen könnte, zu tilgen weiß. Diese Grundtendenz spiegelt sich auch im Spielgegenstand wieder. Das beschriebene Hin- und Hertaktieren in mehrere Stunden dauernden Gefechten gehört der Vergangenheit an. Statt auf Taktik kommt es in AR 3 auf schnelles Reagieren und Action an.
Dabei liest sich die Rahmenhandlung zumindest auf dem Papier wie ein klassischer C&C-Plot. Da Zeitreisen bei „Command & Conquer“ schon immer eine wichtige Rolle gespielt haben, wird auch AR 3 mit einer solchen eingeleitet. Die im Umsturz befindliche Sowjetunion greift zu einem ausgefuchsten Trick und plant, mit Albert Einstein den Ursprung der Atombombe aus der Vergangenheit zu tilgen. Ziel der verzweifelten Aktion ist, die Erfindung der allmächtigen Waffe zu verhindern, um so in den Verlauf der Geschichte einzugreifen und das eigene Scheitern abzuwenden. Als dies dank einer klapprigen Zeitmaschine gelingt, wähnen sich die wunderbar in Szene gesetzten, stereotypischen SU-Verantwortlichen bereits am Ziel ihrer Träume, da die neue Gegenwart keine Verwüstung des glorreichen Imperiums aufweist. Dumm nur, dass mit dem „Reich der aufgehenden Sonne“ (RdaS) stattdessen sogleich die neue Fraktion in AR 3 in Aktion tritt und der in Zentraleuropa konzentrierten sowjetischen Armee und später auch den Alliierten in den Rücken fällt und dadurch ein seltsames neues Bündnis produziert.
Und so hat man im Verlauf von AR 3 die Möglichkeit, je eine Kampagne auf der Seite der drei Fraktionen zu meistern. Diese nehmen sich mit rund sechs Stunden Spielzeit zwar eher kurzweilig aus – insgesamt aber lässt sich einige Zeit mit dem neuen C&C-Titel verbringen. Auch wenn die Kampagnen prinzipiell aufeinander aufbauen, so ist es auch möglich, sie in einer beliebigen Reihenfolge zu absolvieren. Dabei stößt man schnell auf die Einheitenvielfalt, die AR 3 mit sich bringt: Neben einigen bereits bekannten Einheiten kann auch auf neue Truppen mit unkonventionellen Spezialfähigkeiten zurückgegriffen werden, sodass man neben den Spezialisten wie Tanya und Natasha auch auf Kampfbären (SU), Samurai (RdaS) und zerstörerische Century Bomber (Alliierte) zurückgreifen kann. Die Einheiten-Balance ist ausgewogen, sodass man bei „Alarmstufe Rot 3“ in der Regel nicht zum Ziel gelangt, wenn man monoton eine Einheiten Art produziert (es sei denn, man umgeht den künstlerischen Gegner, siehe Abschnitt „KI“). Während die Alliierten vor allem die Luft beherrschen und die Sowjets mit ihren mächtigen Panzern die Bodenkämpfe dominieren, verfügen die Truppen des Reichs der aufgehenden Sonne über viele Einheiten, die mehrere Elemente beherrschen, dafür aber auf keinem Gebiet absolute Dominanz ausüben.
Entsprechend der ausdifferenzierten Fähigkeiten unter den Fraktionen kann im Verlauf der drei Kampagnen auch auf verschiedene Spezialwaffen zurückgegriffen werden. Als SU-Kommandeur saugt man gegnerische Einheiten einfach ins All oder lässt eine Ladung Weltraumschrott auf deren Köpfe regnen; als Alliierter platziert man eine Zeitbombe in gegnerischen Basen und das RdaS-Militär maltretiert den Gegner mit einem Dutzend Kamikaze-Fliegern.
Neben der Einheiten-Vielfalt ist auch dem Medium, auf dem gebaut und gekämpft wird, keine Grenze mehr gesetzt. War das Wasser in bisherigen C&C-Titeln nur von wenigen Einheiten zu beherrschen, so lässt sich im Rahmen von AR 3 auf dem kühlen Nass nahezu alles machen: Während sehr viele Fahrzeuge amphibische Fähigkeiten aufweisen, können überdies nahezu alle Gebäude sowohl auf fester Landmasse als auch auf dem Wasser gebaut werden, was natürlich einige neue Möglichkeiten eröffnet.
Insofern könnte auch das Missionsdesign einige Vielfalt ausweisen. Tut es aber nur bedingt. Zunächst einmal gehört das muntere Basis-Aufbauen mit Blick auf den actionlastigen Tenor des Spiels in der Regel der Vergangenheit an. Stattdessen starten die Missionen mit zumindest halb bzw. häufig auch komplett fertigen Stützpunkten, sodass man sich eigentlich nur noch auf die Produktion von Einheiten konzentrieren muss. Die Ziele, die es in den einzelnen Abschnitten zu erfüllen gilt, ähneln sich sehr: Als erstes muss Ziel A zerstört werden. Sodann erweitert sich das Schlachtfeld und man sieht sich einer neuen gegnerischen Basis oder Streitmacht (oder beidem) gegenüber. Dies geschieht, je nach Fortgang der jeweiligen Kampagne, bis zu vier Mal, wonach die Mission dann – meist innerhalb von einer Stunde – abgeschlossen ist. Aufgelockert wird dieses „Zerstöre...“-Prinzip ab und an von Aufgaben, in denen es mit einem der Spezialagenten gilt, Undercover-Missionen durchzuführen. Dazu gehört zum Beispiel die Infiltration von sowjetischen Hafenanlagen oder aber der Versuch der Ermordung des RdaS-Kaisers. Dennoch gestaltet sich das Missionsdesign alles in allem als eher monoton.
Im Zusammenhang mit den Aufgaben, die in „Command & Conquer: Alarmstufe Rot 3“ gelöst werden müssen, ist auch eines der großen neuen Features zu nennen. So ist es mit AR 3 möglich, alle Kampagnen im Koop-Modus mit einem (menschlichen) Mitspieler zu absolvieren. Der zweite Spieler übernimmt dabei die Rolle des in jeder Mission vorhandenen Co-Commanders, der in der Regel über exakt gleiche Ausgangsvoraussetzungen verfügt und gemeinsam mit dem ersten Spieler den gemeinsamen Feind bekämpfen kann. Was an dieser Stelle stark verwundert, ist, dass dieses ansich grandiose Feature nur via Internet, nicht aber im LAN zur Verfügung steht. Da nicht immer ein Mitspieler zur Verfügung steht, ist es dann zwingend notwendig, den zweiten Commander durch die KI steuern zu lassen, was, wie im nächsten Abschnitt zu schildern ist, überraschend gut funktioniert.