Far Cry 2 im Test: In der Savanna ist der Teufel los
4/6Inhaltliches
Plot
Wie angedeutet, gehen die Entwickler von Ubisoft Montreal mit „Far Cry 2“ inhaltlich einen deutlich anderen Weg, als es Crytek seiner Zeit mit dem ersten Teil tat. Statt auf einer Insel spielt FC 2 in einem fiktiven afrikanischen Staat, in dem – wie könnte es anders sein – ein verwüstender Bürgerkrieg tobt. Das grundlegende Drumherum für das an sich eher ungewöhnliche Setting ist vorbildlich geglückt: Neben zwei sich bekriegenden Fraktionen (UFLL und APR) mischen im Rennen um die fettesten wirtschaftlichen Erträge, vornehmlich aus Diamanten- und Waffengeschäften, auch zahlreiche (weiße) Ausländer mit und machen damit das Potpourri aus Gewalt und Gewinnsucht perfekt – „Greed and Grievance“ sowie Hollywood-Streifen à la „Blood Diamond“ lassen grüßen.
Mitten in diesem Chaos findet sich der Spieler in der Rolle eines Söldners wieder, der von ausländischen (Geheimdienst-)Kräften angeheuert wurde, um die für diese Geschehnisse schuldige Person auszuschalten. Bei letzterer handelt es sich um einen Waffenschieber namens „Schakal“, der bezichtigt wird, beide Fraktionen mit Waffen beliefert und so zum Blutbad beigetragen zu haben. Ob es den Auftraggebern tatsächlich um ein solch hehres Ziel geht, oder andere Tatsachen verwischt werden sollen, ist zunächst unklar. Wesentlich klarer ist hingegen, dass der Protagonist von Beginn an mit der Malaria zu kämpfen hat, was sich im regelmäßigen Beschaffen und Schlucken von Tabletten niederschlägt.
Umso besser erscheint es da, dass man schon bald auf zwei Freunde zurückgreifen kann, die einem unter die Arme greifen. Während sich der erste in den Ablauf von Missionen einmischt (siehe Abschnitt „Missionsdesign“), dient der zweite als Helfer in besonders kritischen Momenten: Ist man dem Tode nahe, eilt plötzlich eine Gestalt herbei, um einen aus dem Schussfeld zu ziehen und mit Munition und Waffen zu versorgen – was übrigens auch visuell schön anzusehen ist. Das Freunde-Feature, in dem auch eine Steigerung des Rufes möglich ist, stellt in FC 2 generell ein löbliches Element dar, aus dem aber inhaltlich viel zu wenig Nutzen gezogen wird. So bleiben die Charaktere seltsam konturlos und spielen im Verlauf der Geschichte keinerlei tragende Rolle. Da verwundert es nicht, dass sie im Todesfall einfach durch neue, exakt dieselbe Funktion erfüllende Personen ersetzt werden. Aus diesem Grund stellt auch die Möglichkeit, bei den Freunden im Ruf zu steigen, keine große Option dar.
Davon abgesehen handelt es sich bei der Handlung von „Far Cry 2“ – vor allem auch mit Blick auf das Setting – um durchaus unkonventionelle Kost, die sich im Genre-Einerlei zumindest auf dem Papier deutlich abhebt und Lust macht auf mehr. Doch wer eine ebenso grandiose wie spannende Ausgestaltung dieser Grundidee erwartet, wird aufgrund des Missionsdesigns schnell enttäuscht.
Missionsdesign
Die Hauptaufgabe, die es in „Far Cry 2“ zu bewältigen gilt, ist zunächst einmal schnell vergessen. Zwar geht es das ganze Spiel hindurch eigentlich nur darum, „Schakal“ aufzuspüren und zu eliminieren – doch spielt diese Mission über weite Teile der Handlung überhaupt keine Rolle. Denn um an nützliche Informationen zur Auffindung des vorgeblichen Antagonisten zu gelangen, gilt es zunächst einmal, Aufträge für die zwei genannten Kriegsfraktionen zu erledigen.
Diese gestalten sich in der Regel so, dass der jeweils anderen Fraktion eins ausgewischt werden muss, wobei man es glücklicherweise mit relativ abwechslungsreichen Aufgaben zu tun hat. So gilt es beispielsweise, den UFLL-freundlichen Polizeichef auszuschalten, diverse Infrastrukturen zu zerstören oder ein ausgebautes Camp zu überfallen, um dort Dinge wie Entlaubungsmittel zu entwenden. Die Zielpunkte sind dabei quer über die riesige Landschaft von FC 2 verteilt, was in jedem Fall jede Menge Fahrzeit mit einem der glücklicherweise häufig in der Landschaft oder an Straßensperren stehenden Jeeps mit sich bringt. Was am Anfang (nicht zuletzt aufgrund der gelungenen grafischen Umsetzung) richtig Spaß macht, wird schnell zur echten Tortur. Denn auch wenn es ein paar Busverbindungen zum schnelleren Reisen gibt – die Fahrerei auf der frei zugänglichen Karte ist meistens unumgänglich und geht auch ob der immer wiederkehrenden bemannten Straßenposten richtig auf die Nerven.
Ohnehin ist die ständige Reproduktion der „Far Cry 2“-Welt das wohl größte Ärgernis des Spiels. Wer sich nur ein paar Schritte zu weit von einem eben gesäuberten Gebiet entfernt, wird beim nächsten Besuch umgehend mit einer neuen Gegnerschar konfrontiert. Dies wiegt besonders bei den häufig vorkommenden Straßensperren schwer, da sie in der Regel nicht ohne weiteres umfahren werden können und ein simples Durchfahren von der klugen KI mit der Verfolgung durch einen weiteren Jeep beantwortet wird. Aus diesem Grund wird der ohnehin nicht unbeträchtliche Zeitaufwand, der benötigt wird, um aus der Stadt ins Auftragsgebiet zu gelangen, teilweise ins Unerträgliche ausgedehnt, was sich unter anderem auch darin widerspiegelt, dass man sich mit FC 2 – je nach Spielstil – gut und gerne an die 50 Stunden beschäftigen kann. Hier hat man es mit einer kleinen Zwickmühle zu tun: Blieben gesäuberte Straßenposten längere Zeit unbemannt, so würde das Gefühl der Einsamkeit in FC 2 noch stärker ausfallen. Durch die stetige Wiederbemannung erhält das Spiel im wahrsten Sinne des Wortes mehr Leben – dies geht jedoch auf Kosten der Nerven. Ein Mittelweg, zum Beispiel durch die Wiederbemannung nach einem bestimmten Zeitraum sowie ein Mehr an Lebewesen, hätte hier wahre Abhilfe leisten können.
Eine zusätzliche Abwechslung erhalten die (wie erwähnt ohnehin relativ bunt gemischten) Hauptmissionen durch die Möglichkeit, auf einem alternativen Weg ans Ziel zu gelangen. Die sekundären Möglichkeiten werden einem von den erwähnten Freunden, die man in FC 2 in einer Bar aufgabeln kann, aufgezeigt. Auch wenn es sich bei den Alternativen niemals um ein gänzlich anderes Vorgehen handelt, so bieten einem die Macher von „Far Cry 2“ dadurch doch immerhin zwei unterschiedliche Möglichkeiten, den Auftrag abzuschließen. Ein Beispiel aus der Praxis sieht so aus: Der Spieler soll in der Oase ein paar Rebellen überfallen, die einen kleinen Goldschatz bewachen. Der erste konturlose Freund gibt einen Hinweis, dank welchem es möglich ist, die Truppen kurzzeitig aus dem Zielgebiet zu lotsen. Klingt gut, stellt aber nur bedingt eine Abweichung von der eigentlichen Mission dar, da die Truppen kurz nach Eintreffen des Spielers wieder an Ort und Stelle auftauchen und man das eigentlich zu vermeidende Gemetzel dennoch durchführen muss. Ob sich für eine derart geringe Differenz im Handlungsverlauf das dadurch notwendige Mehr an Fahrerei tatsächlich lohnt, ist, abhängig vom Spielertyp, zumindest fraglich. Auch wenn sich durch ein Erfüllen des Sekundärwegs der Ruf bei dem entsprechenden Freund erhöht, ist hier keine weitere Motivation zu finden, da dieser Aufstieg aufgrund der erwähnten schwachen Ausgestaltung des an sich guten Features keine Relevanz besitzt. Meistens war es uns im Rahmen unseres Tests aber dennoch wert, ein paar Runden mehr im Jeep zu drehen, um zu erfahren, was unser Freund für Vorschläge auf Lager hat.
Neben den Hauptmissionen können überdies auch zwei Arten von Nebenmissionen angenommen werden. Bei der ersten Variante handelt es sich um Aufgaben, die von Zeit zu Zeit obligatorisch werden, da man nur auf diesem Wege an neue Malaria-Medizin gelangen kann. Hierfür muss dem Untergrund geholfen werden, indem beispielsweise Reisedokumente von A nach B geschmuggelt werden – inklusive dem Ausmerzen der an Ort und Stelle wachenden Bürgerkriegskämpfer. Der zweite Aufgabentyp besteht in der Regel aus dem Ausschalten von Personen oder dem Zerstören von Waffentransporten und wird einem an Handymasten von ominös-verzerrten Stimmen oder aber durch einen der vielen Waffenhändler erteilt. Während man für die meisten Aufgaben Diamanten gutgeschrieben bekommt, mit denen man beim Waffenhändler shoppen gehen kann, erhöht sich durch erfüllte Aufträge für eben diesen das generell verfügbare Kontingent der Waffen und Add-Ons (siehe auch Abschnitt „Waffen und Fahrzeuge“).
Alles in allem bietet das Missionsdesign von „Far Cry 2“ also theoretisch einige Möglichkeiten. Da sich die Nebenmissionen aber sehr ähneln, gingen wir in unserem Test schnell dazu über, ausschließlich die Hauptmissionen zu erfüllen. Der einzige wirkliche Anreiz, die monotonen „zerstöre...“- oder „töte...“-Aufgaben zu erfüllen, wird zwar ab und an durch den Medizin-Mangel sowie eventuell noch durch das Verlangen nach neuen Waffentypen angetrieben, vermag aber nicht darüber hinwegzutäuschen, dass die Nebenmissionen allerhöchstens kurzweiligen Spielspaß bieten. Die abwechslungsreicheren Hauptmissionen wurden ordentlich umgesetzt und machen – abgesehen vom erläuterten Straßenposten-Problem – auch einigen Spaß und zwar besonders ab der Mitte des Spiels, da hier die Handlung deutlich an Fahrt aufnimmt. Schade nur, dass man hier aufgrund der Geschehnisse an dieser Stelle automatisch von seinen bisherigen Freunden verabschieden muss – wozu also vorher auf den Ruf achten?
Was aber bis zu diesem Zeitpunkt tatsächlich fehlt, ist das übergeordnete Ziel. Sicher, es gilt, „Schakal“ auszuschalten. Doch verschwindet dieses Ziel über weite Strecken der Spielzeit völlig hinter den lokal zu erfüllenden Aufgaben. An dieser Stelle hätte das Missionsdesign mehr Verbindungen zum eigentlichen Kern des Spiels schaffen müssen. Wieso taucht „Schakal“ nicht öfter auf? Wieso ist man ihm nicht schon früher auf der Spur? Warum findet keine detailliertere Verquickung der Zielperson mit dem Gros des Spielinhalts statt? Ein wenig mehr Linearität und gescriptete Verbindungsstücke hätten hier wahre Wunder bewirken können. Schade, dass man den Plot über eine so lange Zeit nur vor sich hin plätschern lässt.