Tom Clancy's HAWX im Test: 100 Prozent Arcade, 0 Prozent Simulation
Vorwort
Bisher prangte der Name „Tom Clancy“ im Spiele-Bereich stets auf den Hüllen bodenbezogener Shooter. Mit HAWX aus dem Hause Ubisoft mit wird dieser Tradition erstmalig gebrochen. Statt in Wäldern oder Städten herum zu kriechen, schwingt sich der Spieler in die hohen Lüfte, um von dort die Kollegen am Boden zu unterstützen. Ob der Wechsel der Elemente gelungen ist, soll in diesem Test geklärt werden.
HAWX auf einen Blick
Die Rahmenhandlung von HAWX geht sich durchaus aktuell und realistisch an. In einer nahen Zukunft wird die Kriegsführung nur noch zu geringen Teilen vom regulären Militär realisiert. Stattdessen greifen diverse Regierungen und größere Organisationen auf die Hilfe von hoch professionellen Söldner-Einheiten zurück, bei denen es sich allerdings nicht um marodierende Haufen, sondern um kleine Privat-Armeen in Unternehmensformen mit entsprechender Ausrüstung handelt. Ein solcher Einstieg ist insofern spannend, als dass hier ein direkter Anknüpfungspunkt an die reale Gegenwart existiert, in der Aufgaben, die ehemals ausschließlich offiziellen Militärs zugekommen wären, immer häufiger von privaten Unternehmen bzw. von deren Söldnern erfüllt werden (Blackwater lässt grüßen).
Der schöne Schein dieses interessanten Plots tritt allerdings – wie vieles andere – schnell hinter den einzigen Aspekt zurück, der HAWX ausmacht: Action. So spielt es eigentlich schon nach den ersten Minuten des Spielens keinerlei Rolle mehr, wer man eigentlich ist und was genau man hier eigentlich tut. Schuld daran ist eine äußerst laue Präsentation, die mit farblosen Protagonisten, visuell mäßigen und inhaltlich ebenso schwachen wie kurzen Überleitungen und einer an die 90er Jahre erinnernden Menügestaltung keinerlei Atmosphäre aufkommen lässt. Verstärkt wird dies durch zusammenhangslose Missionen, bei denen es den Spieler in die verschiedensten Teile der Erde verschlägt – was für ein Mindestmaß an optischer Abwechslung sorgt. Abwechslung ist für das Missionsdesign als solches freilich nicht gegeben: Trotz einiger Auflockerungen entfernt sich die Aufgabenstellung nur allzu selten vom klassischen „Suche“- beziehungsweise „Beschütze“-Prinzip. So gilt es beispielsweise, unterstützt durch zwei Flügelmänner, eine Ölraffinerie, ein Einsatz-Team oder einen Bomber zu beschützen und Rebellennester oder die halbe Luftwaffe eines „Schurkenstaates“ auszulöschen. Die soeben erwähnten Flügelmänner lassen sich selbstredend auch steuern – die Vielfalt fällt hierbei mit „Angreifen“ und „Verteidigen“ allerdings ebenfalls äußerst gering aus.
Bei einer ersten, oberflächlichen Betrachtung fällt die Beurteilung von HAWX also eher negativ aus. Dies geschieht aber nur dann, wenn man mit gewissen Voraussetzungen an die Sache herantritt. Sieht man nämlich von den gängigen Ansprüchen an ein PC-Spiel ab, so kann man dem Ubisoft-Titel durchaus etwas Positives abgewinnen. Denn der erwähnte Kernaspekt des Spiels, die Action, kommt wahrlich nicht zu kurz. Auf den Punkt gebracht hat man es bei HAWX mit einem Spiel zu tun, bei dem auf jeglichen Schnickschnack wie eine ansprechende Präsentation, spannende Charaktere oder komplexe Missionsinhalte verzichtet wird. Ob dies bewusst geschieht, sei dahingestellt. Jedenfalls leisten die Macher, dass das Action-Moment zu keinem Zeitpunkt zu kurz kommt. Und so verwundert es nicht, dass der Spieler in den höchst kurzweiligen Missionen (20 Minuten stellen die Obergrenze dar) vom Anfang bis zum Ende stets unter Hochdruck steht: Ständig fallen neue Heerscharen über das zu beschützende Objekt her und ständig erweitert sich das Einsatzgebiet.
Diese Simplizität – „action only“, sozusagen – wird erst dadurch ermöglicht, dass der Einstieg in die Materie selbst Simulations-Laien ohne Probleme gelingt. HAWX ist eben keine Simulation, sondern ein schnelles Arcade-Spiel, weswegen es auch abseits der inhaltlichen Umsetzung keinerlei Schnickschnacks wie eines realistischen Schadenmodells oder aber der Miteinbeziehung der G-Kräfte bedarf. Stattdessen dürften sich selbst unbedarfte virtuelle Piloten innerhalb von zehn Minuten mit der simplen Steuerung, die übrigens auch in der Kombination Maus/Tastatur etwas taugt, zurechtfinden. Wer partout nicht klar kommt, kann sich in Notfällen auch über einen Tastendruck des Enhanced-Realism-System (ERS) bedienen (siehe Bilderreihe oben), bei dem die ideale Anflugbahn auf das geloggte Ziel exakt dargestellt wird. Immerhin: Ambitionierte Spieler können auch in eine Art Free-Fly-Modus-Wechsel, der fernab von computergestützten Stabilisierungsprogrammen das Fliegen von schärferen Kurven und die Nutzung von Strömungsabrissen für gewagte Manöver erlaubt. Allerdings kommt hierbei auch ein anderer, eigentlich recht ansehnlicher Kameramodus zum Einsatz, in dem das ohnehin nur schwierig mögliche loggen des direkten Gegners aufgrund der Ansicht weiter erschwert wird.
Auch über andere, eigentlich denkwürdige Aspekte wie Treibstoffvorräte und das Waffenarsenal braucht man sich in HAWX keine Gedanken zu machen, da man hier über eine schier unerschöpfliche Quelle zu verfügen scheint, was zu einem entsprechend freizügigen Umgang mit den Ressourcen in einer Mission einlädt. Dies gilt sogar für die Auswahl des fliegbaren Untersatzes vor einer jeden Mission, wobei hier im Laufe der sogenannten Kampagne immer mehr Modelle aus den vergangenen Dekaden zur Verfügung stehen: Wer sich aus den freispielbaren Flugzeugen keines aussuchen möchte, weil die Auswahl zu groß ist, wählt einfach die Empfehlung aus. Gleiches gilt für das Waffenarsenal, sodass die Missionsvorbereitungen im Extremfall in wenigen Sekunden abgeschlossen sind. Allzu lange Überlegungen bei der Wahl des Flugzeuges wären übrigens ohnehin wenig sinnvoll, da sich die Jets abgesehen von ihrem Äußeren nur minimal unterscheiden, weswegen man argumentieren kann, dass eine derart schnelle Missionsvorbereitung eigentlich nur konsequent ist.