Kinderporno-Sperren werden in Echtzeit überwacht
Nachdem das Bundeskabinett am Mittwoch den Entwurf der Gesetzesinitiative zur Sperrung kinderpornografischer Internetseiten verabschiedete, wurden nun weitere Details zur Stopp-Schild-Seite bekannt. Demnach kann das Bundeskriminalamt (BKA) gegebenenfalls auch in Echtzeit auf die geloggten IP-Adresse zugreifen.
Der Gesetzesentwurf sah bereits in einer in dieser Woche bekannt gewordenen Version vor, dass die Provider die Zugangsdaten jener Nutzer, die auf einer Stopp-Schild-Seite landen, loggen soll. Auf diese Seiten soll immer dann umgeleitet werden, wenn eine Webadresse mit vermeintlich kinderpornografischen Inhalten aufgerufen wird, die auf der geplanten Sperrliste zu finden ist. Auch Seiten, die auf kinderpornografische Inhalte verlinken und diese nicht selbst anbieten, sollen sich zukünftig auf den schwarzen Listen wiederfinden. Noch bei der Unterzeichnung eines freiwilligen Sperrvertrages fünf großer deutscher Internetprovider war jedoch ausgenommen, Zugriffsdaten zu erheben und zu speichern. Mittlerweile hat sich hier allerdings viel getan. So sieht der verabschiedete Gesetzesentwurf vor, dass die Provider die IP-Adressen aller auf einer Stopp-Seite landenden Nutzer speichern und dem BKA bei Bedarf übermitteln sollen. Mittlerweile wird auch bestätigt, dass das BKA gegebenenfalls in Echtzeit auf die geloggten Nutzerdaten zugreifen dürfe. Dies sei nach einem Richterbeschluss möglich und deshalb notwendig, weil nicht immer möglich sei, „retrospektiv auf gespeicherte Daten zu[zu]greifen, sodass nur eine sogenannte Echtzeitüberwachung in Betracht kommt“, so Justizministeriums-Pressesprecher Ulrich Staudigl.
Staudigl bestätigte darüber hinaus, dass ein „aufgrund der Umleitung zur Stoppseite erfolgloser Versuch, eine Internetseite mit kinderpornographischem Material aufzurufen“, die Voraussetzungen eines Straftatbestands erfülle und den für strafrechtliche Ermittlungen notwendigen Anfangsverdacht begründet. Jeder Nutzer, der auf einer Stopp-Seite landet, müsse daher mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen. Es gelte allerdings weiterhin die Unschuldsvermutung, weshalb nachgewiesen werden müsse, dass der versuchte Zugriff auf kinderpornografische Inhalte vorsätzlich erfolgte.
Das Bundesjustizministerium zeichnet damit ein düsteres Bild der sich anbahnenden Gesetzeslage als Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen. Diese erklärte etwa erst am Freitag in einem Radio-Interview, dass „der zufällige Versuch“, auf eine der gesperrten Seiten zu gelangen, nicht strafbar sei. Tatsächlich kann die Feststellung, ob es sich um ein Versehen handelte oder nicht, jedoch erst in einem Ermittlungsverfahren beantwortet werden. Jeder Internetnutzer gerät damit unter einen Generalverdacht. Irreführenderweise sprach die Bundesfamilienministerin ferner davon, dass im Falle der DNS-Sperre „nichts gespeichert“ werde. Dies entspricht nicht der Wahrheit, wie dem Gesetzesentwurf zu entnehmen ist. Darüber hinaus handelt es sich bei einfachen DNS-Sperren nur um die minimalen technischen Mittel, zu denen die Provider angehalten sind. Eine Zugangserschwernis zu Seiten der Sperrliste könne auch auf andere Art erfolgen, müsse aber mindestens das Domain Name System betreffen.