Microsoft SideWinder X6 im Test: Auffällige Hardware mit dezenter Software

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Thomas Kalckbrenner
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Ergonomie

Sowohl Tastenaufhängung als auch Lautstärke und Anschlag erinnern an die im Bürobereich recht verbreitete Cherry-G83-Serie; das Grundprinzip der Konstruktion ist gleich. Die SideWinder X6 verlangt im Vergleich zu den aktuell beliebten Tastaturen mit Notebook-ähnlicher Tastentechnik viel Kraft zum Überwinden des Druckpunktes. Dies mag Spielern entgegenkommen, beim Schreiben längerer Texte kann es ermüden. Bedingt durch die oben beschriebene Tastenkonstruktion ist der Anschlag deutlich, aber nicht zu hart.

Leises Tippen ist nahezu unmöglich und in leisen Umgebungen ist das Schreibgeräusch sicherlich störend. Auf Lan-Partys oder im Büroalltag dürfte die SideWinder X6 dagegen weniger auffallen. Und: Selbst wenn die Tastatur als Hackbrett missbraucht wird, ändert sich der Lautstärkepegel kaum, was wohl nicht zuletzt dem hohen Gewicht von gut 1,3 kg zu verdanken ist. Bisweilen klappert allerdings der Zahlenblock auf der Unterlage mit, was zusätzlich lärmt. Unter dem Nummernpad findet man leider auch keine Gummifüße, das Tippgeräusch dort überträgt sich direkt auf die Unterlage.

Die Sondertasten am linken Rand, also S1/S7 bis S6/S12, sind für den klassischen WASD-Spieler mit dem kleinen Finger gut zu erreichen, hier hat man endlich einmal die Möglichkeit, besondere Funktionen oder Makros in erreichbarer Nähe abzulegen. Ob man hier allerdings alle zwölf möglichen Funktionen nutzen kann, ist fraglich, da die Umschalttaste für die zwei Ebene recht schlecht erreichbar in der Handballenauflage versenkt wurde.

Anwender, denen zwölf Sondertasten nicht ausreichen, ziehen Nutzen aus dem links positionierbaren Nummernpad. Aber auch die Verwendung als klassischer Zahlenblock wird durch die Variabilität verbessert; so muss man nicht mehr die Tastatur nach links wegschieben, um einen entspannte Handposition bei der Zahleneingabe zu haben. Hiervon profitieren natürlich auch diejenigen Zocker, die den Zahlenblock der WASD-Kombination vorziehen.

Abgesehen von der nach links gerückten, verkleinerten Escape-Taste und der durch Weglassen der rechten Windowstaste überbreiten Leertaste gibt es keine Besonderheiten, es braucht also beim Tippen keine Eingewöhnungszeit, wenn man das Standardlayout gewohnt ist. Die Tasten sind nach oben hin recht stark angeschrägt, so dass man zu gerne mal zwischen zwei Knöpfen landet; etwas breiter Tastenköpfe wären wünschenswert.

Ein optisch reizvolles und praktisches Feature ist die zweifarbige, dimmbare Tastenbeleuchtung, so sieht man auch im Dunkeln jede Taste. Im Unterschied zu vielen Konkurrenzprodukten ist die Tastenbeschriftung bei normalen Lichtverhältnissen auch ohne Beleuchtung sehr kontrastreich und problemlos ablesbar.

Die SideWinder X6 ist recht stabil und kann daher auch mal z.B. auf den Knien verwendet werden – ohne Ziffernblock, versteht sich. Bei sehr starkem Druck auf die Tastaturmitte biegt sie sich allerdings durch. Die Handballenauflage hat eine angeraute Struktur, welche sehr sinnvoll ist – wegen des steilen Anstiegs hoch zum flachen Tastenfeld würde man bei einem zu glatten Material ständig abrutschen. Aufstellfüße sucht man vergebens, der Winkel der Tastatur ist also festgelegt.

Zum Größenvergleich: Die massige SideWinder X6 und eine Cherry Stream
Zum Größenvergleich: Die massige SideWinder X6 und eine Cherry Stream

Unangenehm fällt auf, dass bei unserem Testmuster der Übergang von Auflage zur Seite rechts nicht sauber geformt ist, hier steht ein minimaler Grat heraus, der am Handgelenk kratzen kann, wenn das Nummernpad nicht auf der rechten Seite angesteckt ist. Die schmale Spalte zwischen Hauptteil und Nummerblock dagegen stört wenig, die Kanten hier sehen schärfer aus, als sie sind.

Fazit

Die SideWinder X6 kann endlich als erste empfehlenswerte Gamertastatur aus dem Hause Microsoft glänzen. Sowohl optisch als auch technisch ist sie auf der Höhe der Zeit. Also besondere Pluspunkte auf der Geräteseite sind die gute Tastenbeleuchtung, die sinnvolle Verteilung der Sondertasten und das angenehm massive Gehäuse zu erwähnen. Dahinter braucht sich die Software nicht zu verstecken: die Einbindung der Oberfläche an sich, insbesondere aber der Makrorecoder haben viel Lob verdient.

Echte Schwächen an der Sidewinder X6 zu finden, ist schwerer als zunächst vermutet. Lediglich Kleinigkeiten wie die fehlenden Aufstellfüße, das etwas lautere Schreibgeräusch oder der Mangel an weiteren Schnittstellen können hier aufgezählt werden. Den Fabrikationsfehler an der Play/Pause-Taste schätzen wir als – sicherlich störenden – Einzelfall ein. Freunde der flachen und leichtgängigen Tastaturen im Notebookstyle werden sich anfangs mit der Höhe des Gehäuses und dem Kraftaufwand beim Tippen etwas schwer tun; wer dagegen von einer klassischen Tastatur auf die X6 umsteigt, wird sich wie zu Hause fühlen.

Wir fragen uns allerdings, welche Käuferschicht konkret angesprochen wird. Optisch kommt man Gamern und Moddern entgegen, die nahezu verschwenderischen Möglichkeiten der individuellen Konfiguration dagegen sprechen eher für den Einsatz in Bildbearbeitung, Videoschnitt und ähnlich gelagerten Anwendungsfeldern. So könnte der SideWinder X6 der verdiente Erfolg letztlich verwehrt bleiben, wenn sich die Spieler von der vielschichtigen Software und die Büroanwender von der martialischen Optik abschrecken lassen.

Die SideWinder X6 ist bereits für ca. 47€ zu haben, als OEM-Version sogar für unter 40€. Bei der OEM-Variante muss man aber neben der Verkaufsverpackung auch auf den bekanntermaßen hervorragenden Support von Microsoft Hardware verzichten, was nicht zu empfehlen ist. Die direkte Konkurrenz in Form der Logitech G11 liegt im selben Preisbereich und biete einen USB-Hub, dafür können „nur“ 54 Aktionen eingegeben werden und natürlich fehlt die Variabilität durch den abnehmbaren Ziffernblock.

Im selben Preisfenster finden sich die Steelseries Ideazon ZBoards, die allerdings eher als überdimensionierte Gamecontroller denn als ernstzunehmende Tastaturen anzusehen sind. Die Razer Arctosa, die im Prinzip einer abgespeckten Razer Lycosa ohne Tastenbeleuchtung gleicht, ist da schon eher einen Blick wert. Diese sticht insbesondere duch die freie Konfigurierbarkeit aller vorhandenen Tasten hervor.

Unterm Strich bekommt man mit der SideWinder X6 eine optisch ausgefallene, technisch durchdachte Tastatur in Kombination mit einer leistungsfähigen Software für vergleichsweise wenig Geld. Uns ist sie daher trotz kleiner Kritikpunkte eine Empfehlung wert.

Empfehlung (04/09)
Empfehlung (04/09)

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