Petition gegen Kinderporno-Sperren freigeschaltet

Update Jirko Alex
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Seit heute ist eine Petition auf der Seite des Bundestages freigeschaltet, mit der eine öffentliche Anhörung der Kritiker der geplanten Internetsperren erreicht werden soll. Der Zuspruch für die Petition ist enorm, allerdings steht auch eine Behandlung des Gesetzesentwurfs zur Änderung des Telemediengesetzes in dieser Woche an.

Über die geplante Sperrung kinderpornografischer Internetseiten via DNS-Sperren wird bereits seit Monaten heiß diskutiert. Mittlerweile verabschiedete das Bundeskabinett einen Gesetzesentwurf, der die Änderung des Telemediengesetzes vorsieht und 97 Prozent der deutschen Internetnutzer betreffen würde. So sollen alle Provider mit einem Kundenstamm von mehr als 10.000 Teilnehmern bei einer Verabschiedung des Gesetzes in die Pflicht genommen werden und vom Bundeskriminalamt (BKA) an sie übermittelte Internetseiten mit kinderpornografischem Inhalt sperren. Die Erarbeitung der schwarzen Listen obliegt dabei dem BKA, in dem Kritiker infolgedessen eine unkontrollierbare Zensurbehörde sehen. Aber auch die technische Umsetzung der Sperren ist umstritten und wird als wirkungslos kritisiert, insbesondere auch deshalb, weil man dem eigentlichen Problem – dem Angebot von Kinderpornografie – aus dem Weg geht. Auch deshalb meldete die Opposition bereits Bedenken an und kritisierte den übereifrig verfolgten Gesetzesplan.

Nichtsdestotrotz soll der Gesetzesentwurf bereits am Mittwoch dieser Woche im Bundestag behandelt werden. Der aktuelle Entwurf sieht – anders als der von fünf großen Providern vor einigen Wochen freiwillig unterzeichnete Vertrag – auch das Loggen der Nutzerdaten, die auf eine Stoppschild-Seite umgeleitet werden, sowie die Möglichkeit der Echtzeitüberwachung durch das BKA vor. Gleichwohl scheint eine wirkliche technische Umsetzung noch entfernt, wie ein Sprecher der Telekom mitteilte. Demnach vermutet der Ex-Monopolist, erst in einem halben Jahr wirksame Zugangssperren zu Internetseiten mit kinderpornografischem Inhalt schalten zu können.

Um es gar nicht erst soweit kommen zu lassen, wurde nun jedoch eine Online-Petition gestartet, die bei Erreichen von 50.000 Mitunterzeichnern erwirkt, dass der Petitionsausschuss öffentlich über das Anliegen berät. In der Petitionsbeschreibung heißt es wörtlich: „Wir fordern, daß der Deutsche Bundestag die Änderung des Telemediengesetzes nach dem Gesetzentwurf des Bundeskabinetts vom 22.4.09 ablehnt. Wir halten das geplante Vorgehen, Internetseiten vom BKA indizieren & von den Providern sperren zu lassen, für undurchsichtig & unkontrollierbar, da die "Sperrlisten" weder einsehbar sind noch genau festgelegt ist, nach welchen Kriterien Webseiten auf die Liste gesetzt werden. Wir sehen darin eine Gefährdung des Grundrechtes auf Informationsfreiheit.“ In der Begründung heißt es, dass „das vornehmliche Ziel – Kinder zu schützen und sowohl ihren Mißbrauch, als auch die Verbreitung von Kinderpornografie, zu verhindern“ nicht in Frage stehe, wohl aber die geplanten Maßnahmen. „Eine Sperrung von Internetseiten hat so gut wie keinen nachweisbaren Einfluß auf die körperliche und seelische Unversehrtheit mißbrauchter Kinder.“

Kann die Petition bis zum 16. Juni mehr als 50.000 Unterschriften vorweisen, wird der Petentin Redezeit vor dem Petitionsausschuss des Bundestages eingeräumt. Einfluss auf die Gesetzgebung hat dies formal nicht, es ist jedoch eine Möglichkeit, die Öffentlichkeit auf die Gesetzesanstrengungen zu fokussieren. Der Ansturm auf die Online-Petition ist dabei riesig. Sie erreicht bereits am Abend des ersten Tages etwa 10.000 Unterzeichnungen.

Unterdessen gab die britische Internet Watch Foundation (IWF) vergangene Woche bekannt, die Zahl der weltweiten Kinderporno-Seiten im Internet sei im vergangenen Jahr weiter rückläufig. So habe die Zahl der Internetseiten mit kinderpornografischem Inhalt im Vergleich zum Jahr 2007 um 10 Prozent und im Vergleich zum Jahr 2006 um 21 Prozent abgenommen. Der Anteil der Seiten, der kommerziell entsprechende Inhalte vertreibt, sank von 80 Prozent im Jahr 2007 auf 74 Prozent im Jahr 2008. Insgesamt zählte die IWF 1.536 Internetseiten mit kinderpornografischem Inhalt. Die Organisation verwaltet auch die Sperrlisten für britische Provider.

Nichtsdestotrotz ändere sich an der Brisanz des Inhaltes von Kinderpornografie nichts. Demnach enthielten 58 Prozent der Domains sogenannte harte Kinderpornografie bei der die Vergewaltigung oder Folterung der Schutzbefohlenen zur Schau gestellt werde. Über zwei Drittel der Kinder seien zudem unter 10 Jahre, vier Prozent sogar unter zwei Jahre alt.

Vielen Dank an die zahlreichen ComputerBase-Leser
für den Hinweis zu dieser News!

Update

Wer sich nur über die Entwicklung der Zahl der Unterschriften der Petition informieren will, kann dies grafisch aufbereitet hier tun. Auf diese Weise wird die Last von den Servern des Bundestages genommen, die seit gestern heillos mit dem Ansturm auf die Online-Petition überfordert scheinen. Bereits am zweiten Tag der Öffnung für Unterzeichner haben sich fast 20.000 Menschen der Petition angeschlossen.