Dragon Age Origins (PC) im Test: Mit beiden Füßen auf dem Boden
Vorwort
Die Anforderungen an einen gelungenen Vertreter aus dem Rollenspiel-Segment sind traditionell groß. Neben zünftiger Action, einem guten Charakter-System, einer authentischen Party und einer angemessenen visuellen Umsetzungen kommt es im Besonderen auf eine ebenso packende wie umfassende Handlung an. Kein Wunder also, dass es unter den großen Spieleschmieden nur wenige Unternehmen gibt, welche die Materie mit Blick auf die genannten Punkte wirklich beherrschen.
BioWare gehört mit Sicherheit dazu, wobei die Marken „Baldur's Gate“, „Neverwinter Nights“ und „Mass Effect“ – um die wichtigsten zu nennen – eindrückliche Beweise hierfür darstellen. Nach einem äußerst gelungenen Ausflug ins Weltall widmen sich die Kanadier mit „Dragon Age Origins“ dieser Tage wieder einem Setting auf der Erde. Im Folgenden soll geklärt werden, ob der Schwenk zurück in hiesige Gefilde geglückt ist.
Inhaltliches
Der Einstieg
Bereits für den Einstieg in „Dragon Age Origins“ (DAO) haben sich die Verantwortlichen ein mittelgroßes Schmankerl einfallen lassen. Genau genommen sind es zwei, wenn man den erwartungsgemäß hochwertigen Charakter-Editor hinzuzählt. Dieser erlaubt in gewohnt guter BioWare-Manier, den zukünftigen Helden der DAO-Welt nach eigenen Vorstellungen bis ins Detail zu gestalten. Dazu stehen mit Mensch, Zwerg und Elf drei Rassen zur Verfügung, die selbstredend die aus dem Genre gewohnten, unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen bieten und auf die in einem nächsten Schritt auch die obligatorischen Heldenpunkte unter Aufwertung von Attributen wie „Stärke“, „Klugheit“ oder „Geschicklichkeit“ verteilt werden können. Zudem verspricht man bei BioWare zurecht, dass die NPCs im Spiel je nach gewählter Rasse und Herkunft unterschiedlich auf den Spieler reagieren – ein Umstand, der bereits für sich genommen den Wiederspielwert erhöht.
Das wirklich Besondere an der Charakter-Erstellung ist aber, dass die Wahl der Eigenschaften des Helden in spe den Verlauf der Einstiegsgeschichte beeinflusst und zwar in der Gestalt, dass der Startpunkt des Plots samt der darauf folgenden Hinführung zum Hauptteil variiert. Während man so als menschlich-adliges Jüngelchen auf einer ansehnlichen Burg beginnt und diese später gegen Verräter verteidigen muss, landet man als zwergischer Schurke in der Gosse oder sieht sich als Magier den Anfeindungen von anderen Menschen ausgesetzt und muss eine Prüfung bestehen. Besonders interessant ist dieses Feature auch deswegen, weil man im Verlauf der Handlung auf unterschiedliche Charaktere aus den jeweiligen Einführungsgeschichten trifft, sodass es sich fast anbietet, gleich zu Beginn alle möglichen Variationen zu spielen, um sich so ein umfassendes Bild der DAO-Welt zu machen. Wie man sich auch entscheidet – in jedem Fall wird hier der Motivation, DAO auch nach dem ersten Durchspielen auf der Festplatte zu behalten, ein weiteres kräftiges Argument beigefügt.
Plot
Die Damen und Herren von BioWare wären keine RPG-Experten, wenn sie nicht auch stets eine hervorragende Handlung mitliefern würden. Auch „Dragon Age Origins“ lässt glücklicherweise nicht an dieser Kernkompetenz zweifeln. Im Gegenteil: Der geneigte Spieler erhält storytechnisch ein Rundum-Sorglos-Paket, dass mit unvorhersehbaren Geschehnissen und vielen Wendungen zu überzeugen weiß.
Der Kern des Plots beginnt im Heereslager des Königs von Ferelden, wo sich allerlei Soldaten sammeln, um der bevorstehenden Schlacht gegen die sogenannte „Dunklen Brut“ beizuwohnen. Hier fließen die im vorherigen Abschnitt beschriebenen unterschiedlichen Einstiegserzählungen zusammen, ab jetzt gestaltet sich DAO als weitgehend lineares, episch in Szene gesetztes Abenteuer.
Bei der Dunklen Brut handelt es sich um scheinbar aus der Erde kommende brutale Monster, die eine frappierende Ähnlichkeit mit den wohl bekannten Orcs aufweisen, in der DAO-Schöpfung allerdings Grenlocks und Hurlocks genannt werden. Natürlich haben die von einem Erzdämon in Drachenform befehligten Kreaturen vor, die Menschenreiche von der Oberfläche zu tilgen und eine Herrschaft des Bösen zu etablieren. Neben der konventionellen Armee und einer fragilen Allianz aus so gegensätzlichen Fraktionen wie der Kirche und den freien Magiern haben sich auch die sogenannten Grauen Wächter eingefunden, denen der Spieler als Rekrut beitritt – eine Art Elite-Truppe, die sich schon häufiger im Kampf gegen die Dunkle Brut bewiesen hat und auch dieses Mal für klare Verhältnisse auf dem Schlachtfeld sorgen soll.
Freilich gäbe es keine gut 25 Stunden lange Handlung, wenn die Allianz der Sterblichen die anstehende Schlacht gewinnen würde. Stattdessen siegt die Dunkle Brut aufgrund eines hinterhältigen Tricks und wegen des Verrats durch einen wankelmütigen Fürsten, was, ohne zu viel zu verraten, den Ausgangspunkt für eine gut durchdachte, bis zum Schluss spannende und angenehmerweise nicht allzu stark in klar „gut“ oder „böse“ einteilende Handlung bietet. Hintergrund für eben diese stellt die komplexe Aufgabe dar, eine schlagfertige neue Allianz aus diversen Völkern zu schmieden, um der Dunklen Brut so doch noch Einhalt gebieten zu können.