S.T.A.L.K.E.R.: Call of Pripyat im Test: Gelungene Rückkehr ins Sperrgebiet

Sasan Abdi (+1)
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S.T.A.L.K.E.R.: Call of Pripyat im Test: Gelungene Rückkehr ins Sperrgebiet

Vorwort

Nach einem zwiespältigen Addon-Einstand namens „S.T.A.L.K.E.R. - Clear Sky“ präsentieren die S.T.A.L.K.E.R.-Macher gut ein Jahr später mit „Call of Pripyat“ dieser Tage einen weiteren Titel aus der kontroversen Tschernobyl-Reihe. Dabei erwartet den geneigten Reaktor-Schleicher vornehmlich eine Fortsetzung der weiterhin äußerst interessanten Geschichte. Auf weitere Neuerungen darf man sich dagegen – soviel sei bereits an dieser Stelle verraten – nicht freuen.

Im Osten also nichts Neues? Ob die verantwortliche Spieleschmiede GSC World dennoch ein überzeugendes Produkt abgeliefert hat, soll im Rahmen dieses Tests geklärt werden. Dabei soll auch die Frage geklärt werden, ob die Macher dieses Mal einen technisch einwandfreien Titel liefern. Das letzte Mal wurden wir auf diesem Gebiet enttäuscht.

Inhaltliches

Plot

Als typisches Addon soll Call of Pripyat (CoP) vor allem aufgrund der Fortsetzung der Rahmenhandlung von S.T.A.L.K.E.R. zum Kauf einladen. CoP knüpft nahtlos an die bisherigen Geschehnisse an, was durch ein starres aber atmosphärisch gelungenes Intro in typischer GSC-Manier aufbereitet wird. Nach dem realen Reaktorunglück von 1986 verschwimmen dabei Realität und Fiktion: Das direkte Einzugsgebiet des Reaktors, die sogenannte Zone, wird zur Spielwiese für allerlei fragwürdige Gestalten. Neben jeder Menge mutierten Wesen und dem Militär tummeln sich auch zahlreiche Glücksritter und Halsabschneider, in der Summe Stalker genannt, auf dem kontaminierten Gebiet. Im Jahr 2006 verändert eine weitere Explosion auf dem Reaktor-Areal die Zone abermals maßgeblich – ein fiktiver Vorgang, der den Handlungshintergrund für das Grundspiel Shadows of Chernobyl und für das Prequel Clear Sky darstellte.

Das neue Addon spielt dagegen in der Zukunft. Im Jahr 2012 versucht das ukrainische Militär im Rahmen einer Hubschrauber-Operation, tief in die Zone vorzudringen, um die Geheimnisse der offensichtlich ganz eigenen Regeln folgenden Umgebung zu ergründen. Die Mission wird zur Farce und endet damit, dass sämtliche Hubschrauber abstürzen. Nun obliegt es dem Spieler in persona eines Geheimdienstagenten getarnt als Stalker in die Zone einzudringen, sich unter das Volk zu mischen und aufzuklären, welches Schicksal die Teilnehmer der Operation ereilte.

Szene aus dem CoP-Intro – Die Atmosphäre stimmt weiterhin
Szene aus dem CoP-Intro – Die Atmosphäre stimmt weiterhin

Die Handlung entspinnt sich dabei gewohnt schleppend. Aus diesem Grund darf es nicht verwundern, wenn man sich zu Beginn wie im Vorgänger-Addon fühlt. Bevor das spannende Setting an Fahrt gewinnt, gilt es erst einmal, die erste Umgebungskarte zu erkunden und ein paar Nebenquests (siehe nächster Abschnitt) zu erfüllen, wobei storytechnisch noch nicht allzu viel passiert. Diese Anfangsphase mag für S.T.A.L.K.E.R.-Veteranen deswegen eventuell ein wenig frustrierend ausfallen, für Zonen-Anfänger stellt sie dagegen einen guten, manchmal etwas unübersichtlichen Vorlauf dar, um mit der Szenerie warm zu werden. Spätestens dann, wenn sich die Hinweise zum mysteriösen Scheitern der Operation langsam verdichten und alle Fäden in der reaktornahen Stadt Pripyat zusammenlaufen, versprüht auch CoP wieder den typischen, schaurigen Zonen-Flair.

Vor diesem Hintergrund kann man GSC World mit Blick auf die Konzeption der Handlung ein hervorragendes Zeugnis ausstellen. Trotz einer weiterhin trockenen Präsentation, die vornehmlich von langen Textpassagen lebt, bleibt das apokalyptische Setting höchst spannend und wird mit der Fortsetzung der Rahmenhandlung glaubwürdig weitergetrieben.

Missionsdesign

Eine weitere nennenswerte Neuerung findet sich im Missionsdesign. Während der Hauptstrang wie gewohnt eher nüchtern und klar strukturiert ist, bieten sich dem Spieler immer wieder Möglichkeiten Nebenquests zu erfüllen. Diese eignen sich zum einen ausgezeichnet dazu, die ansonsten zu kurze Spielzeit auf rund zwölf Stunden hochzutreiben und zudem an viele nützliche Ausrüstungsgegenstände zu kommen; zum anderen dienen sie als hervorragendes Instrument zur Schaffung von Atmosphäre, da der Spieler bei der Erfüllung ungleich tiefer in die Schatten der Zone eintaucht als beim bloßen Abhaken der Hauptmissionen.

Ein noch vorhandenes Blutsauger-Lager
Ein noch vorhandenes Blutsauger-Lager

Die angedeutete Neuerung findet sich nun darin, dass es sich bei den Nebenmissionen anders als beim Vorgänger nicht um automatisch ausgegebene Standard-Anforderungen handelt, sondern um von Hand konzipierte und dementsprechend variantenreiche Aufgaben. Diese hängen häufig sinnvoll miteinander zusammen, sodass sich teilweise echte Nebenhandlungen entfalten. So muss ein Gebäudekomplex nach Blutsaugern durchsucht werden. Um das dabei gefundene Nest der Kreaturen auszuräuchern, braucht man wiederum Gas, das man bei einem liegengebliebenen Militärkonvoi auftreiben muss und so weiter und so fort.

Weitere Eindrücke aus den CoP-Missionen

Löblich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die sonst so anfälligen Missionsscripte relativ zuverlässig auslösen. Allerdings muss dafür auf einen kleinen Kniff zurückgegriffen werden: War in diesem Test eine Nebenmission auf dem Stalker-PDA nicht angewählt und wurde trotzdem angegangen, so konnte man sicher sein, dass der Ablauf definitiv Fehler aufweisen wird. Bei angewählter Mission kam es allerdings in der Regel zu keinen größeren Problemen.

Zudem erwähnenswert ist, dass der eigentlich gegebene Open-World-Charakter durch manche Eigenwilligkeit im Missionsscript gestört wird. Wer beispielsweise gleich zu Beginn mit Hilfe des Einsiedlers Noah Absturzstelle Nr. 3 erkunden möchte, könnte beim Wechsel auf das Plateau mit einem Blackscreen bestraft werden, der nicht auftrat, wenn man zuvor eine andere Absturzstelle abgehakt hatte. Hundertprozentig fehlerfrei ist Call of Pripyat also noch nicht – für die ansonsten gebotenen Verhältnisse liefert GSC in dieser Hinsicht aber ein überraschend solides Spiel ab.