Microsoft stellt Windows Phone 7 Series vor
Viel wurde in den letzten Tagen und Wochen spekuliert. Je näher man dem heutigen Tag, dem Start des Mobile World Congress in Barcelona, gekommen ist, desto dichter wurde das Netz aus Gerüchten. Letztendlich blieben sie aber genau das: Gerüchte. Welche der ehemals unbestätigten Meldungen bewahrheitete sich und welche nicht?
Bis zuletzt ließen sich die Spekulationen über Microsofts bereits für 2009 angekündigtes, aber immer wieder verschobenes Windows Mobile 7 nicht unter einen Hut bringen. Neben einer drohenden weiteren Verschiebung um ein Jahr sowie Meldungen über gleich zwei Versionen des mobilen Betriebssystems, die unterschiedliche Ansätze verfolgen, wurde auch eifrig über die möglichen Hardware-Anforderungen von Windows Mobile 7 spekuliert. Ein erstes womöglich mit Windows Mobile 7 zusammenarbeitendes Smartphone – HTCs „Obsession“ – nahm unterdessen konkrete Formen an. Zu guter Letzt schien auch das Zune Phone immer mehr in greifbare Nähe zu rücken, den Gerüchten nach ein Smartphone mit Windows 7 aus dem Hause Microsoft selbst. Heute nun gibt es die Gewissheit: Microsoft hat die „Windows Phone 7 Series“ (Internetseite teilweise nicht erreichbar) vorgestellt.
Der Redmonder Software-Konzern sprach nicht direkt über ein neues Betriebssystem, sondern über eine Nutzererfahrung, die sich aus Geräten der neuen Windows Phone 7 Series ergeben soll. Microsoft macht dabei konkrete Vorgaben über das Aussehen der Geräte. Jedes Windows Phone 7 Series wird demnach drei Hardware-Tasten auf der Vorderseite besitzen: „Start“, „Suche“ und „Zurück“. Sie alle werden auch auf einen kapazitiven Touchscreen setzen. Auch die Software-Oberfläche soll in Zukunft vergleichbarer aussehen, wenngleich Microsoft seinen Partnern eigene Designs nicht völlig untersagt. So besteht der Startbildschirm der Windows Phones aus „Live Tiles“, kleinen Rechtecken, die symbolisch für Personen oder Applikationen stehen können. Kontaktdaten werden dabei mit sozialen Netzwerken abgeglichen, sodass sich das Profilfoto verändert, wenn etwa das Facebook-Profil der jeweiligen Person angepasst wird. Windows-Smartphones der 7 Series werden relevante Kontaktinformationen selbstständig erkennen und mit einem Hyperlink unterlegen. Sie lassen sich so leicht sammeln – Kopieren und Einfügen soll auf diese Weise weitgehend überflüssig werden.
Microsoft koppelt die Smartphones zudem an die neue Bing-Map-Applikation, die in Konkurrenz zu Google Maps tritt und Multitouch-fähig ist. Bing sucht den Nutzer dabei selbstständig auf der Karte und führt eine Umgebungssuche aus. Mit einfachen Schlagworten sollen sich so schnell relevante Orte in der Umgebung finden lassen. Auch Bewertungen und Kommentare zu gesuchten Orten lassen sich über Microsofts Map-Service abrufen. Der Zugriff auf Webinhalte ist auf diese Weise ebenfalls möglich. Hierfür werden die neuen Windows-Smartphones auf eine neue Version des Internet Explorers setzen, die auf der Desktop-Variante aufsetzt. Microsoft integriert hier eine Art von Cleartype, die eine verbesserte Lesbarkeit und Buchstabendarstellung ermöglichen soll. Der Browser soll sehr flüssig reagieren und mit vielen Internetseiten kompatibel sein. Flash-Support wird man allerdings – zumindest zum Anfang – vermissen.
Wichtige Tätigkeiten werden durch spezielle Funktionen des Betriebssystems unterstützt. In sogenannten „Hubs“ sollen zusammenhängende Aktionen gebündelt werden, etwa solche zu Kontakten, Fotos oder Videos. Fünf dieser Hubs wird es insgesamt geben. Im Kontakte-Hub werden etwa die letzten Kontakte sowie Informationen aus sozialen Netzwerken im Internet gebündelt. Die Verknüpfung der verschiedenen Daten soll so vereinfacht werden. Hubs werden in einer Panoramasicht präsentiert, durch die man sich durch Gesten durchhangeln kann. Die Foto-Applikation wurde mit Facebook gekoppelt. Bildänderungen im sozialen Netzwerk werden auch auf dem Smartphone angezeigt. Ein dritter Hub soll speziell für mehr Produktivität sorgen. Viel mehr als eine Synchronisation von Notizen und Dokumenten zwischen dem Smartphone und Office 2010 auf dem PC wurde aber nicht versprochen.
Jedes Windows Phone der 7 Series wird auch ein Zune-Player sein. Dafür sorgt ein spezieller Musik- und Video-Hub, der sehr an die Zune-Oberfläche erinnert. An den PC angeschlossen, wird das Gerät als Zune-Gerät erkannt und die entsprechende Software auf dem PC gestartet. Es handelt sich dabei um die normale Zune-Oberfläche, die hierzulande allerdings eher unbekannt ist, da der Zune-Player in Europa nicht verkauft wird. Vor kurzer Zeit wurde die Software allerdings auch für einige europäische Länder lokalisiert, was sich nun erklären dürfte. Drittanwendungen sollen sich ebenfalls als Teil in den Music- und Video-Hub integrieren lassen.
Der fünfte Hub ist für Games gedacht und wird wie erwartet an Xbox Live gekoppelt. Neben dem eigenen Avatar werden auch Errungenschaften und Updates angezeigt. Spieledemos wurden allerdings nicht vorgeführt. Windows Phones der 7 Series sollen sich aber durchaus auch als Spielegeräte nutzen lassen. Hier wird man wohl bis zur Vorstellung marktreifer Geräte warten müssen, um dieses Vorhaben konkret einschätzen zu können.
Auch auf Vorgaben seitens der Redmonder für die Partnerhersteller wurde eingegangen. Demnach nimmt Microsoft Einfluss auf die Partner, die Windows Phones 7 Series anbieten werden. Man wolle aber weiterhin eine gewisse Eigenständigkeit gewähren, um eine Unterscheidbarkeit zu gewährleisten. Microsoft hat daher Mindestanforderungen festgesetzt, die allerdings nur oberflächlich benannt wurden. So wird etwa jedes Windows Phone der 7 Series über 4-Punkt-Multitouch-Fähigkeiten verfügen. Als Hardware-Partner von Microsoft werden etwa Qualcomm, Samsung, HTC, Sony Ericsson, Dell und HP genannt. Das Softwaregerüst des neuen Betriebssystems sei neu, über den Grad der Abwärtskompatibilität wurde allerdings nichts mitgeteilt. Die Mindestanforderungen sollen auch für eine besseres Basis für Software-Entwicklern sorgen, die nun mit konkreteren Parametern arbeiten können.
Der Wahrheitsgehalt vieler Gerüchte konnte demnach mit der heutigen Präsentation nicht verifiziert werden, wobei sich Microsoft über essentielle Inhalte des neuen Betriebssystems und der entsprechenden Geräte noch ausschweigt. Klarheit dürften aber die nächsten Monate bringen, wenn erste Smartphones aus der Windows Phone 7 Series vorgestellt werden. Zum Jahresende hin, in jedem Fall aber rechtzeitig vor dem Weihnachtsgeschäft, sollen die Produkte dann auch im Handel erhältlich sein.