Star Trek Online im Test: Eine starke Marke macht noch kein gutes MMO
2/3STO auf einen Blick
Ob MMO(RP)G oder konventionelles Videospiel mit RPG-Elementen: Aller Anfang ist gleich. Dies gilt auch für „Star Trek Online“, sodass zu Beginn erst einmal die Charaktererstellung ansteht. Diese gestaltet sich nicht sonderlich übersichtlich, was neben gravierenden Lokalisierungsproblemen (dazu gleich mehr) auch an der Vielfalt der Möglichkeiten liegt. So bieten die Entwickler von Cryptic derart viele Optionen und Unterkategorien, dass der durchschnittliche Spieler sich sogar etwas überfordert fühlen dürfte, während ambitionierte Spieler frohlocken: Von zig Gesichts- und Haar-Details bis hin zur Uniform lässt sich verdammt viel feinjustieren.
Ist der Charakter einmal erstellt, geht es auch schon in die Weiten des Universums. Hier macht sich vor allem in den ersten Minuten und Stunden schnell Ernüchterung breit: Wer packende, deutlich zusammenhängende Missionen erwartet, wird zumindest in Teilen enttäuscht. Stattdessen gilt es insbesondere zu Beginn, allerlei lahme Standard-Missionen durchzuführen, die häufig mit der Zerstörung feindlicher Geschwader oder dem Scannen von Planeten bzw. Alien-Artefakten zu tun haben. Wie so oft gilt aber auch hier, dass belohnt wird, wer den Inhalten eine Chance gibt. Denn mit längerer Spielzeit und höheren Charakterleveln gewinnt die Grundgeschichte von STO immer mehr an Kontur, wobei die dazu passenden Haupt-Quests zumeist eine gute Figur machen und sich plötzlich auch so manche Querverbindung zu den langweiligen zufallsgenerierten Standard-Missionen erkennen lässt.
Weitaus motivierender als die Missionen ist allerdings die Charakterentwicklung und zwar vor allem deswegen, weil beendete Aufträge und der recht zügig von statten gehende Charakteraufstieg nette Belohnungen wie zusätzliche Crewmitglieder, neue Schiffe und Features mit sich bringen. Diese können zum Teil genauso wie gefundene Gegenstände in ein relativ komplexes Wirtschaftssystem eingespeist werden, sodass auch auf anderen Wegen an die jeweilig gewünschte Ausrüstung gelangt werden kann. Auf diese Weise lässt sich bereits in wenigen Spielstunden ein recht heimeliges Schiff aufbauen, mit dem die manchmal eintönige Reise von Punkt A nach Punkt B auf der (2D-)Sternenkarte etwas spaßiger bzw. motivierender ausfällt.
Mit Blick auf die Missionen lässt sich eine sinnvolle Zweiteilung ausmachen, die leider auch qualitativ gilt: So müssen sowohl im Weltraum als auch auf diversen Oberflächen Kämpfe bestritten werden. Erstere fallen aufgrund unterschiedlicher Gegnergattungen, der Anwendung der besagten Schiffsverbesserungen und dank einer angemessenen Dynamik auch auf Dauer recht spannend aus. Letztere sind dagegen wegen einer mangelnden taktischen Tiefe, blassen Umgebungen und schwach agierenden NPCs eher schwer genießbar, wobei die grundsätzlich komplexe Steuerung von STO hier mit einer mangelnden Präzision gekrönt wird. Selbiges gilt für die Klassen-Dreiteilung in Taktik-, Wissenschaft-, und Ingenieurs-Offizier, die sich im Weltall eher bemerkbar macht als bei den chaotischen Bodenkämpfen, bei denen die damit verbundenen unterschiedlichen Fähigkeiten kaum zum Tragen kommen.
Der MMO-Charakter kommt dabei stets dahingehend zur Geltung, dass die besagten Quests in zufällig zusammengewürfelten Gruppen angegangen werden. Man macht sich also höchst selten alleine an die Zerstörung eines Klingonen-Geschwaders, sondern zieht im Verbund mit anderen Spielern ins Feld. Dies funktioniert prinzipiell recht gut – echte Taktik ist zumindest bei den Bodengefechten allerdings nicht gefragt. Stattdessen münden derlei Geschehnisse meist in einem wilden Durcheinander, in dem ein Jeder nach Gutdünken den Questfaden verfolgt. Dies gilt freilich nur, wenn man nicht ohnehin gemeinsam mit Freunden oder in einer Allianz spielt und auch in den Schlachten im All wird der Schwerpunkt eher auf Absprache gesetzt, da riesige gegnerische Kreuzer nur durch koordiniertes, gemeinsames Feuern pulverisiert werden können.
Ab Level 6 bietet sich schließlich die Möglichkeit, einen der Sternenflotte feindliche gesinnten Charakter zu erstellen. Dieser ist in seiner Handlungsvielfalt allerdings vorerst rein auf PvP-Szenarien beschränkt, bei denen es sich um kleine, zu Beginn charmante Scharmützel mit anderen Spielern handelt, die auf Dauer aber kaum tragen können. Hier findet sich eine Schwäche, die mittelfristig aufgrund von nachgereichten Inhalten ausgebügelt werden soll, aktuell aber klar negativ zu Buche schlägt, da die Böse-Funktion genauso wie der PvP-Bereich ziemlich beschnitten wirken.
Letztlich bietet leider auch die technische Umsetzung Grund zur Klage. Zwar läuft STO wunderbar stabil und verzögerungsfrei, was für die ersten Monate der Live-Phase eines solchen Spiels keinesfalls Standard ist; dafür krankt es aber an manch anderer Stelle. Sofort ins Auge springt beispielsweise die noch längst nicht komplette Lokalisierung, die sich in einem ständigen Sprachengemisch aus deutschen und englischen Texten niederschlägt. Ohnehin sollte man nicht zu viele gesprochene Texte erwarten, da die Macher nicht zuletzt aufgrund der Textfülle eher auf das geschriebene Wort setzen. Überdies muss man leider auch sagen, dass STO visuell angemessen, aber keinesfalls bahnbrechend daherkommt. Wer also einen wahren Augenschmaus erwartet, sollte besser die Finger vom neuen Trekkie-Spiel lassen. Allerdings muss an dieser Stelle einschränkend gesagt werden, dass eine grandiose grafische Umsetzung auch nicht zwingend notwendig ist, sodass der aktuelle Stand von den mäßigen Oberflächen weitgehend ausreicht. Dennoch gilt: Astrein ist STO bei weitem nicht.