AMD Phenom II X6 1055T und 1090T BE im Test: Sechs Kerne für alle!?
40/41Gesamteindruck
Das Innere des Komplettsystems ist auf den ersten Blick fast über jeden Zweifel erhaben. Beim genaueren Hinsehen werden jedoch einige Punkte sichtbar. Für den Preis von veranschlagten 1.600 Euro hätte es durchaus eine potentere CPU-Kühlung sein können. Das System ist in diesem Zustand sehr leise, gegenüber unserem Referenzsystem wird die CPU unter voller Last mit Prime95 jedoch bereits elf Grad wärmer. Da der Prozessor mit einem frei wählbaren Multiplikator zum Übertakten einlädt, ist der 17 Euro teure Scyte Samurai ZZ nur bedingt geeignet – zumal seine offizielle Spezifikation eben auch genau bei Prozessoren mit einer TDP von 125 Watt endet. Das Problem des Kühlers ist ferner, dass er zum Start oft noch nicht (schnell) dreht und man täglich beim Booten festhängt, weil das Mainboard fälschlicherweise einen CPU-Kühler-Fehler meldet.
Hier hätte unserer Meinung nach eine Kombination aus etwas sparsameren aber dennoch gutem 500-Watt-Netzteil und dafür einer besseren CPU-Kühlung deutlich mehr gebracht. Denn ein 700-Watt-Netzteil für allein mehr als 100 Euro ist schlichtweg übertrieben.
Der zweite und wesentlich schwerwiegendere Kritikpunkt geht an das Gehäuse. Das Thermaltake Soprano DX macht auf den ersten Blick richtig was her. Doch wie im wirklichen Leben ist ein schickes Äußeres nicht alles. Der Innenraum ist eng – sehr eng. Die Festplatten ragen sehr weit in das Gehäuse hinein, spätestens ab zwei HDDs, die man wegen ordentlicher Belüftung ja nie in einem Sandwich verpacken sollte, bekommt man Probleme mit der Grafikkarte. Will man gar eine zweite Grafikkarte in das Gehäuse einbauen, werden die Probleme noch größer – in diesem Fall sollte man sich am besten direkt nach einer Alternative umsehen.
Ein weiterer Kritikpunkt am Gehäuse ist das schraubenlose Design. Über Jahre hinweg war dies der letzte Schrei, doch auch heute gibt es damit wieder Probleme. Die Arretierung für die Grafikkarten ist dermaßen störrisch, dass man, auch aufgrund des geringen Platzes, diese schwarze Vorrichtung erst abschrauben muss, eh man die Grafikkarte ausbauen kann. Aber noch viel schlimmer: Die Vorrichtung ist für eine solche Grafikkarte gar nicht geeignet, denn sie kommt im Bereich der Slotblende nicht an dem Kühler vorbei. Letztendlich muss man also doch schrauben, was die gesamte Vorrichtung letztendlich völlig nutzlos macht. Da bei der HD 5870 Vapor-X die Stromstecker wie bei einem Auspuff nach hinten hinaus gehen, kommt man dank einem Zentimeter Spiel bis zum Festplattenkäfig im eingebauten Zustand nicht an diese Stecker heran. Dabei geht das Entfernen gerade noch, das Anschließen der Stromstecker ist hingegen quasi unmöglich.
Bedingt durch das Mainboard kommen weitere Kniffe zum Vorschein. Da Asus bei Verwendung einer Grafikkarte empfiehlt, diese in den zweiten Slot einzusetzen und in den ersten Slot einen sogenannten „VGA Switch“ unterzubringen, bekommt man am Ende der Platine Platzprobleme. Zwei der sechs SATA-Ports sind bei einer großen Karte quasi nicht mehr nutzbar. Dass man die Grafikkarte für das Anschließen einer neue Festplatte oder eines Laufwerks ausbauen muss, ist auch nicht gerade elegant gelöst. Letztendlich ist es das Zusammenspiel aus mysteriösem Board und Grafikkarte mit falsch platzierten Stromsteckern, die die Probleme des Gehäuses offensichtlich machen. Ein Board mit Bestückung der Grafikkarte im ersten Slot, welche Strom wiederum an der Oberseite bezieht, würde die SATA-Ports zugänglich machen und einige weitere Dinge deutlich einfacher handhaben lassen.
Nach finaler Betrachtung fällt das Gehäuse schlicht in die Kategorie, in der man am falschen Ende gespart hat. Denn dass ein ordentliches Gehäuse nicht viel kosten muss, haben wir in unseren Tests schon oft gezeigt. Das hier verwendete Thermaltake Soprano DX mit Seitenteil kostet 70 Euro, für etwas über 80 Euro gibt es beispielsweise das Fractal Design Define R2, dass alle genannten Punkte deutlich besser löst.
Am Ende bleibt ein gemischtes Bild. Die Performance des gesamten Systems ist hervorragend, was angesichts des schnellsten AMD-Prozessors gepaart mit der schnellsten Single-GPU-Lösung aus gleichem Hause auch nicht anders zu erwarten war. Es sind jedoch die Bauteile abseits dieser Elemente, die nicht wirklich gefallen. Während man das Netzteil einen Deut zu groß gewählt hat, ist im Bereich der CPU-Kühlung und vor allem beim Gehäuse gespart worden – schade. Wer jedoch gedenkt, das Komplettsystem einfach ein Komplettsystem zu lassen und sich daran nicht vergreifen will, kann zugreifen. Denn die weitere Ausstattung mit großer Festplatte, einem Blu-ray-Laufwerk sowie ausreichender Gehäuselüftung und sehr gut verlegter Verkabelung kann sich bei einem sehr, sehr leisen Betrieb mehr als sehen lassen.