All Points Bulletin im Test: Das MMO, das GTA sein will
2/4APB auf einen Blick
Am stärksten kommt der MMO-Charakter von „All Points Bulletin“ gleich zu Beginn des Spiels zum Tragen. Dass dies im Rahmen eines Vorgangs geschieht, den es auch bei manchen Einzelspieler-Titel (man denke z.B. an die BioWare-Spiele) gibt, ist dabei bezeichnend. Gemeint ist nicht etwa die obligatorische Erstellung eines Kontos bei Realtime Worlds (dies ist ja mittlerweile bei vielen Offline-Titeln erforderlich), sondern bezieht sich vielmehr auf die Charaktererstellung. Diese sticht zwar keineswegs aus dem Feature-Umfang, den man dieser Tage als „Gang und Gäbe“ bezeichnen kann, heraus; dafür bietet der Editor aber für einen brachialen Action-Titel erstaunliche Feintuning-Möglichkeiten, sodass die Charaktere durchaus individuell und vielfältig gestaltet werden können. An dieser Stelle keimt deswegen tatsächlich die Hoffnung auf, dass man in eine einigermaßen komplexe, anspruchsvolle Online-Welt entlassen wird.
Was dann folgt, hat mit „Massive Multiplayer Online“ allerdings nur noch in einem eher rudimentären Sinne zu tun. Dieser Fakt sollte allen, die sich auf APB einlassen, in aller Deutlichkeit bewusst sein: Die Entwickler erheben keinerlei Anspruch, ein actionlastiges Online-Rollenspiel zu liefern. Dementsprechend hat man es mit einem Titel zu tun, der in einer Online-Umgebung zur brutal-schnellen, einfach-gehaltenen PvP-Hatz einlädt – MMORPG-Charakteristika wie Gruppen, Items und das Level-Up werden deshalb allenfalls auf Sparflamme betrieben. Dies ist nicht unbedingt negativ, zumal ein solcher Anspruch wie gesagt nirgends formuliert wird – für den potentiellen Käufer findet sich hier aber die wohl wichtigste Information überhaupt.
Um die „San Paro“ getaufte Stadt und somit die Welt von APB betreten zu können, muss in einem nächsten Schritt zunächst eine Fraktion gewählt werden. Hier halten es die Macher einfach: Neben dem Dasein als Gangster kann sich der Spieler auch auf die Seite einer fragwürdigen Miliz mit dem bezeichnenden Namen „Vollstrecker“ schlagen, die in San Paro polizeiähnlichen Aufgaben nachkommt.
Die Wahl wird durch Einführungsvideos erleichtert, in denen die Grundmerkmale der jeweiligen Fraktion geschildert werden. Sie ist insofern wichtig, als dass der erstellte Charakter dauerhaft an die Fraktion gebunden ist. Wer sich später umentscheidet, muss also einen neuen Charakter erstellen.
Danach hat man abermals die Wahl, sich in eine von drei APB-Instanzen einzuloggen. Im durchgängig kostenfreien Social District kann der Spieler sich mit neuen Kleidungsstücken eindecken und nebenbei mit einer Vielzahl anderer Charaktere chatten. Bei den beiden anderen Instanzen handelt es sich um sogenannte Action-Distrikte, die unter dem Bezahlsystem (siehe entsprechender Abschnitt) laufen und in denen es – der Name sagt es – ordentlich zur Sache geht.
Die beiden Action-Stadtgebiete weisen in etwa die Größe einer „GTA IV“-Insel auf und sollen vor allem für Abwechslung in der Umgebung sorgen. Beim Waterfront District handelt es sich um ein Hafenareal, das mit großzügigen Flächen und mittelgroßen Häusern das ideale Terrain für Scharfschützen ist. Der Financial District gleicht dagegen dem Zentrum einer Weltmetropole: Schmierige Seitenstraßen, glitzernde Wolkenkratzer sowie breite Hauptstraßen inklusive.
Was APB in puncto Spielmechanik hervorragend leistet, ist die in der Regel solide Matchmaking-Funktion. So darf man sich das Treiben in San Paro nicht etwa so vorstellen, dass sich bis zu 100 auf zwei Fraktionen verteilte Spieler dauerhaft die Köpfe einschlagen. Stattdessen gilt: Ohne Match kein Gefecht. Trifft man als „Enforcer“ auf offener Straße also auf einen Kriminellen, der eventuell sogar gerade eine Straftat begeht, so hat man keine Handlungsoptionen.
Um aktiv werden zu können, müssen zunächst Aufträge angenommen werden. Diese erhält man bei vollen Servern im Halbminutentakt von einem Kontaktmann, bei dem im Verlauf der Zeit auch gefundene Gegenstände verkauft und neue Items wie Waffen eingekauft werden können. Die Missionen lassen sich dabei grundsätzlich zunächst in zwei Rubriken unterscheiden: Entweder, man erhält einen brandneuen Auftrag oder man wird als Verstärkung einem bestehenden Spiel zugewiesen. In beiden Fällen geschieht im Prinzip nichts anderes, als das ein gutes Dutzend der Spieler einer Instanz zusammengeschlossen werden und für die kommenden 10, 15 Minuten mit- bzw. gegeneinander spielen. Löblich ist, dass dabei in der Regel gleichstarke Charakter aufeinandertreffen; ärgerlich ist, dass dies nicht immer zu hundert Prozent funktioniert, was sich für die schwächeren Spieler in einer äußerst frustrierenden Mission niederschlagen kann.
Dem Konzept der Einfachheit folgend, hat man es bei den besagten Missionen mit sehr flachen Anforderungen zu tun, die – von einem minimalen Text-Input abgesehen – ohne Einführung, Hintergrund und Tiefgang auskommen müssen. Diese lassen sich mit „Verhindern“ bzw. „Erreichen“ am treffendsten grundlegend beschreiben: Während beispielsweise die Gangster unter Zeitdruck versuchen müssen, an drei Punkten eine Bombe zu legen, müssen die Gesetzeshüter genau dies verhindern. Der Aufgabeninhalt variiert dabei auf dem Papier durchaus – im Spiel wird dies jedoch stets gleich umgesetzt, sodass es keine Rolle spielt, ob man als Krimineller nun Geld, Wertsachen oder ein Auto stehlen soll oder ob man als Gesetzeshüter eine Razzia durchführen, ein verdächtiges Auto verwanzen oder einen Zielpunkt schützen soll.
Trotz dieser Eintönigkeit entfaltet APB gerade dann eine überraschend spannende Dynamik, wenn die zwei Fraktionen schließlich aufeinander treffen und man mitten drin ist. Dabei spielt es dann plötzlich auch gar keine so große Rolle, warum man die vor einem durch die Stadt rasenden Gangster überhaupt aus dem Fenster des Autos eines Team-Partners hängend und schießend verfolgt – der, etwas primitive, Jagdtrieb ist geweckt und sorgt dafür, dass man die vorhandenen Schwächen von APB für eine Zeit übersieht. Der Spielspaß ist in diesem Fall aber nicht ohne Weiteres gegeben, sondern hängt auch maßgeblich von der Qualität der Mitspieler ab. Je versierter diese sind, um so mehr Spaß bereitet das Stellen von Fallen oder die rasante Verfolgung von Flüchtigen.
Abgerundet wird das extrem einfache, in sich aber gut funktionierende Spielprinzip durch einige Crafting-Möglichkeiten, einen umfassenden Fuhrpark und ein angemessenes Waffenarsenal.