Schweiz: IP-Adressen fallen unter Datenschutz

Maximilian Schlafer
96 Kommentare

Am 08.09.2010 hat das Schweizer Bundesgericht in Lausanne das vom Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten Hanspeter Thür angestrengte Verfahren gegen die Firma Logistep, die für ihre eigenmächtigen Nachforschungen in Peer-to-Peer-Netzwerken bekannt wurde, in dessen Sinne entschieden.

Logistep forschte aufgrund verschiedener Aufträge seitens Urheberrechtsinhabern in Peer-to-Peer-Netzwerken nach IP-Adressen von Nutzern, die man verdächtigte, illegal urheberrechtlich geschützte Dateien hochgeladen zu haben, um diese den Auftraggebern zu übermitteln. Diese Informationen wurden dazu genutzt, um Strafverfahren anzuregen, in welchen dann die Behörden die der jeweiligen IP-Adresse zugeordneten Namen und Adressen ermittelte. Sodann wurde von den Akteuren das Recht der Akteneinsicht wahrgenommen, wodurch man an die gewünschten Personendaten kam und diese für die Einleitung zivilrechtlicher Klagen – auf Schadenersatz – nutzen konnte. So konnte man das Telekommunikationsgeheimnis, das auf dem normalen, zivilrechtlichen Klageweg einer Ausforschung immer „im Wege“ stand, mittels des Umweges über ein Strafverfahren, in dessen Rahmen solche Eingriffe sehr wohl zulässig sind, umgehen.

Da dies nach Ansicht Thürs aber einen Rechtsmissbrauch darstellt und außerdem den Betroffenen nicht, wie vom Schweizer Datenschutzgesetz gefordert, der Eingriff in ihr Recht auf geheime Telekommunikation erkennbar war, gab er eine Empfehlung ab. Das erfolgte zu Beginn des Jahres 2008 und in ihr wurde von besagter Firma gefordert, dass diese ihre Nachforschungen bis zur Einführung einer gesetzlichen Grundlage dafür einstellen sollten. Dem kam Logistep nicht nach, worauf Thür vor das Schweizer Bundesverwaltungsgericht zog. Dort wurde seine Klage, obwohl man ihm in seiner Ansicht, dass IP-Adressen personenbezogene Daten seien und die Datenbearbeitung durch Logistep dem Erkennbarkeits- und dem Zweckbindungsprinzip widerspreche, zustimmte, abgewiesen.

Das nun mit dem Fall befasste Schweizer Bundesgericht ist nun der Argumentationslinie des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten nahezu „vollumfänglich gefolgt“. Das Kollegium entschied mehrheitlich, dass IP-Adressen eindeutig Personendaten sind und dass es unzulässig ist, wenn private Firmen – dafür fehle jeglicher Rechtfertigungsgrund – diese heimlich ausforschen. Ab sofort darf die Firma Logistep keinerlei derartige Daten mehr sammeln und weitergeben.

Thür betonte, dass diese Entscheidung aber niemanden schütze, der gegen das Gesetz verstoße. Illegale Akte wie Urheberrechtsverletzungen gehörten selbstverständlich geahndet, das Schweizer Datenschutz-Gesetz stelle keinen Schutz dafür dar. Allerdings müsse bei einer Ausforschung gesetzeskonform vorgegangen werden. Thür begrüßt die Entscheidung als klare Grenzziehung gegen willkürliche Ausforschung der Privatsphäre im Internet.

An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Beschriebenen um eine Schweizer Entscheidung handelt, die keine Auswirkungen auf die Rechtslage in Deutschland oder Österreich hat.

Wir danken unserem Leser „zazie“ für den Hinweis zu dieser News!

Du hast rund um den Black Friday einen tollen Technik-Deal gefunden? Teile ihn mit der Community!