A New Beginning im Test: Ein umfassender Adventure-Spaß
2/3ANB auf einen Blick
Die Wahl des Themas stellt im Falle von ANB eine zwiespältige Angelegenheit dar. Auf der einen Seite ist es löblich und sinnvoll, wenn Spieleentwickler einen Blick für die großen Themen ihrer Zeit haben und diesen auch in ihre Arbeit einfließen lassen. Auf der anderen Seite läuft man bei einem solchen Unterfangen schnell Gefahr, die pädagogische Moral-Keule zu schwingen und so mit einem erhobenen Zeigefinger das Ende der Welt zu prophezeien, sofern sich die Menschheit nicht ändert.
Dieser inhaltliche Overkill wird in „A New Beginning“ glücklicherweise weitgehend vermieden. Der generelle Plot ist dabei nicht unbedingt originell, weiß aber mit Spannung, Unklarheiten und manchen überraschenden Wendungen ohne Abstriche zu überzeugen: Im Jahr 2500 ist die Erde von der globalen Erwärmung und dem unachtsamen Umgang der Menschen mit ihrer Umwelt derart gezeichnet, dass das Ende aller Tage gekommen zu sein scheint. Um das Schlimmste abzuwenden, beschließt eine Gruppe Überlebender, einen Zeitsprung zu wagen, um in unserer Gegenwart dafür zu sorgen, dass bestimmte Weichenstellungen früher und vehementer vorgenommen werden, um die Zukunft des Jahres 2500 zu verhindern.
Getragen wird das Ganze von zwei Hauptcharakteren, die im Verlauf des Spiels beide vom Spieler gesteuert werden. Da ist der in die Jahre gekommene norwegische Wissenschaftler Bent, der in unserer Gegenwart lebt und der lange Phasen seines Lebens der Klima-Forschung und einem Wechsel in der globalen Klimapolitik gewidmet hat, nach dem Tod seiner Frau und dem Auseinanderleben mit seinem Sohn nun aber zurückgezogen in einem Haus am See lebt und von seiner Arbeit nichts mehr wissen will. Und da ist die Zeitreisende Fay, die die Gegebenheiten aus dem Jahr 2500 kennt und sich nichts sehnlicher wünscht, als auf einer Erde zu leben, auf der man den Himmel, Pflanzen und Tiere sehen kann.
In einer Zeit, in der Entscheidungen von globalem Ausmaß an den Begehrlichkeiten einzelner Staaten und der von Lobbyismus und Kurzfristigkeit durchsetzten Realpolitik scheitern (man denke an die Farce der Kopenhagener Weltklimakonferenz), ist es natürlich kein Leichtes, die Entscheider der Gegenwart von der Dringlichkeit eines Kurswechsels zu überzeugen. So ist es für Fay allein schon schwierig, den verbitterten Bent davon zu überzeugen, dass seine Forschung den Schlüssel zur Veränderungen darstellt.
Grundsätzlich wird die Geschichte von „A New Beginning“ überaus solide und glaubwürdig erzählt, was auch daran liegt, dass durch kleine Einspieler immer wieder Bezüge hergestellt werden. Während man also quasi zur Einführung Fays Zeitreise nachspielt, unterbricht Bent die Erzählung immer wieder mit ironischen Kommentaren zur vermeintlichen Fantasie-Geschichte, die ihm die Frau mit der seltsamen Uniform da auftischt. Hinzu kommt, dass die Behandlung der Thematik wie bereits angedeutet auf die Moralkeule verzichtet: Hinweise zum Umgang mit und zum Bewusstsein für die Umwelt werden eher dezent und häufig auch humorvoll eingestreut, sodass auch all' jene, die den Überlegungen zum Klimawandel skeptisch gegenüberstehen, nicht vergrault werden.
Plot, Themenverarbeitung und Charaktere sind also durchweg als gelungen zu bezeichnen. In Hinsicht auf letztere gilt dies übrigens auch für die Neben-Charaktere – einzig der in persona eines Energiekonzernchefs aufgebaute Bösewicht hätte gerne weniger Stereotyp ausfallen können.
Abgesehen von der inhaltlichen Positionierung lebt ein Adventures natürlich im Besonderen von den zu lösenden Rätseln. Auch hier kann „A New Beginning“ überzeugen: Die Rätsel und Mini-Spiele werden sinnvoll eingestreut und vor allem inhaltlich bestens verknüpft, sodass man nicht bloß um des Rätselswillen rätselt – ein weiterer, für Spieltiefe und -spaß sorgender Punkt. Echte Adventure-Veteranen dürften sich allerdings am etwas zu leichten Schwierigkeitsgrad stören, was sich beispielsweise darin niederschlägt, dass Mini-Spiele nach drei Minuten automatisch gelöst werden können. Außerdem fehlen klassische Dialog-Rätsel, was dazu führt, dass Gespräche mit anderen Charakteren stets im bloßen Abklappern der möglichen Fragen und Kommentare enden.
Grafisch gibt es Daedalic-typisch wieder einmal nichts zu beanstanden. ANB kommt in einer ansehnlichen, dezenten 2D-Comic-Grafik daher, die überwiegend liebevoll und detailliert in Szene gesetzt ist und selbstredend auf den allermeisten Systemen laufen sollte (siehe Anforderungen oben). Zwischensequenzen werden in gut visualisierten, bewegten Comic-Seiten-Slides und mit Sprechblasen präsentiert. Die Auflösung ist auf 1024 x 768 Pixel begrenzt. Zudem klagen viele Spieler über andauernde Abstürze – ein Problem, dass den Verantwortlichen bekannt ist und zeitnah über einen Patch gelöst werden soll. Die Vertonung ist, von mancher Nebensprecherrolle einmal abgesehen, mit passender musikalischer Untermalung und Geräuschen sowie exzellenten Sprechern ebenfalls hervorragend geglückt.
In puncto Steuerung setzen die Macher auf ein für das Genre eher ungewöhnliches aber doch sehr passables System: Charaktere werden per Cursor durch die Abschnitte gesteuert; für Gegenstände lässt sich per gedrückter linker Maustaste ein Interaktionsfeld öffnen, das alle möglichen Aktionen anzeigt. Per Rechtsklick lässt sich das stets überschaubare Inventar öffnen, indem sich neben der eben beschriebenen Interaktionsfunktion Gegenstände auch kombinieren lassen.