Undifferenzierte Abgaben auf Leermedien unzulässig
Aufgrund eines von einem spanischen Gerichte an den EuGH gerichteten Vorabentscheidungsersuchens hat dieser heute festgestellt, dass die undifferenzierte Erhebung von Urheberrechtsabgaben auf Leermedien mit Unionsrecht unvereinbar ist.
Zum besagten Vorabentscheidungsersuchen kam es, als die spanische Verwertungsgesellschaft SGAE für die Jahre 2002 bis 2004 von der ebenfalls spanischen Firma Padawan, welche CD-Rs, CD-RWs, DVD-Rs und MP3-Geräte vertreibt, die Zahlung von „Abgaben für Privatkopien“ in entsprechender Höhe verlangte. Diese verweigerte jedoch die Zahlung und begründete dies damit, dass dieses verwertungsgesellschaftliche Ansinnen der EU-Richtlinie 2001/29 zuwiderlaufe. In dem folgenden Verfahren wurde zuerst vom zuständigen Handelsgericht im Sinne der SGAE entschieden und Padawan zur Zahlung verurteilt. Dagegen berief besagte Firma beim spanischen Höchstgericht.
Da es sich der Einwand Padawans gegen das Zahlungsverlangen von SGAE auf Unionsrecht bezieht und dieses nur autonom – also durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) – ausgelegt werden darf, sah sich das spanische Höchstgericht nach Art. 267 AEUV genötigt, die betroffenen Richtlinienteile zwecks Auslegung dem EuGH vorzulegen. Dieser stellte in Folge fest, dass es nicht mit der Richtlinie 2001/29 vereinbar ist, eine Abgabe auf Privatkopien bei einem Erwerber von „Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Vervielfältigung“ zu erheben, wenn es sich bei diesem nicht um einen privaten handelt, von dem sehr wohl eine derartige Abgabe über den Umweg des Gerätehändlers erhoben werden darf.
Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass ein Zusammenhang zwischen der Anwendung der zur Finanzierung des gerechten Ausgleichs bestimmten Abgabe auf Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Vervielfältigung und dem mutmaßlichen Gebrauch dieser Anlagen zum Zweck privater Vervielfältigungen notwendig ist. Folglich ist die unterschiedslose Anwendung der Abgabe für Privatkopien auf Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Vervielfältigung, die nicht privaten Nutzern überlassen werden und eindeutig anderen Verwendungen als der Anfertigung von Privatkopien vorbehalten sind, nicht mit der Richtlinie 2001/29 vereinbar.
Auszug aus der Erkenntnis des EuGH
Diese Sicht der Dinge dürfte, zumal sie nun vorerst de facto in Stein gemeißelt ist, den Mitgliedsstaaten der EU eine gewisse Gratwanderung aufbürden. Dies, weil Richtlinien zwingend in nationales Recht transformiert werden müssen – sie entfalten keine unmittelbare Wirkung, sondern müssen erst von den einzelnen Staaten in Gesetze gegossen werden – und nun die Frage ansteht, wie man als Gesetzgeber dieses Problem lösen will. Das ist auch deshalb von Nöten, da die Verwertungsgesellschaften die Abgaben nur aufgrund gesetzlicher Ermächtigung zu erheben befugt sind und ebendiese Gesetze nicht im Widerspruch zu höherrangigem EU-Recht stehen dürfen. Ein radikaler Lösungsansatz wäre es, Privatkopien (hiermit sind legal erstellte gemeint, illegale Downloads usw. jedoch nicht) völlig zu untersagen, was auch der einschlägigen Industrie sicher behagen würde. Andernfalls müsste wohl eine Art Refundierungsmodell für gewerbliche Nutzer der von solchen Abgaben betroffenen Geräten installiert werden, was im Moment wohl die praktikabelste Lösung darstellen würde. Auf diese Weise könnte man den Status Quo beibehalten, ohne sich an die von beiden Seiten heiß umkämpfte Thematik heranwagen zu müssen.
Wie sich diese Entscheidung auf die momentanen Urheberrechtsabgabenstreitigkeiten in Österreich auswirken wird, bleibt abzuwarten.
Wir danken Maximilian S.
für diese Einsendung.