Deutsche Nachrichtendienste 2009 aktiver
Das für die Kontrolle der deutschen Nachrichtendienste zuständige und von der Bundesregierung halbjährig darüber informierte Parlamentarische Kontrollgremium hat nun zwei Berichte über die Tätigkeiten der Dienste in Sachen Auskunftsverlangen und Abhörmaßnahmen im Jahre 2009 dem Bundestag vorgelegt.
Der eine Bericht handelt von sogenannten G-10-Maßnahmen, welche es den nachrichtendienstlichen Einrichtungen ermöglichen in das Post- und Fernmeldegeheimnis des Art. 10 des Grundgesetzes einzugreifen, etwa durch das Abhören von Telefonaten oder dem Abfangen von Sendungen und Briefen. Darin ist zudem die sogenannte strategische Kontrolle enthalten, die „Telekommunikationsbeziehungen“ nach bestimmten Suchbegriffen quotenweise – also stichprobenartig – durchforstet. Zwar wird nicht erwähnt, welche Wörter in das Suchbegriffssammelsurium Einzug hielten und welche nicht, jedoch gibt der Bericht preis, das in der Kategorie „Internationaler Terrorismus“ in etwa 1,8 Millionen Telekommunikationsvorgänge die passenden Suchbegriffe enthielten, was eine signifikante Steigerung zu den 350.000 im Vorjahr darstellt. Kurioserweise wurden lediglich 69 Fälle aus dieser siebenstelligen Anzahl als „nachrichtendienstlich relevant“ klassifiziert, was einem Prozentsatz von 0,004% entspricht. Begründet wird dies mit dem hohen Spam-Anteil bei den Erfassungen.
Im ebenfalls erwähnten Bereich „Proliferation und Rüstung“ stieg die Anzahl der Erfassungen von 1,9 Millionen im Jahre 2008 auf 5 im Jahre 2009, wobei auch hier ein enormer Anteil aus reinem Spam besteht. Auch hier wurden laut Bericht nur 209 Telekommunikationsvorgänge als relevant eingestuft, was ebenfalls einem Prozentsatz von 0,004% entspricht.
Nach den weiteren Angaben des Berichtes, waren im ersten Halbjahr 2009 356 Personen von insgesamt 65 Maßnahmen, die in Art. 10 des Grundgesetzes eingreifen, betroffen, im zweiten waren es 499 Personen, gegen die 67 Maßnahmen durchgeführt wurden. Die Anwendungsdauer betrug maximal drei Monate, konnte aber auf Antrag um weitere drei erweitert werden; die Zahlen stellen zudem nur die Hauptbetroffenen dar und sind des Weiteren nicht mit dem Vorjahr bzw. dem anderen Halbjahreszeitraum vergleichbar, da einige Maßnahmen noch im vorhergehenden Berichtsfenster eingeleitet wurden. Nach Beendigung solcher Maßnahmen müssen, so keine Gefahr mehr davon ausgeht, die Betroffenen über die Vornahme der Überwachung in Kenntnis gesetzt werden, worüber eine eigene Kommission entscheidet. Eine Information erfolgte bei 112 betroffenen Personen, bei 238 Personen wurde eine solches Vorgehen aufgrund einer möglichen Gefährdung weiterer Ermittlungsmaßnahmen hintangestellt, bei 35 Personen wurde gar entschieden, dass sie auch nach fünf Jahren nicht davon Kenntnis erlangen sollten. Insgesamt wurden Mitteilungen an 385 Betroffene für das Jahr 2009 geprüft.
Der andere Bericht setzt sich mit der Tätigkeit des Bundesverfassungsschutzes, des Bundesnachrichtendienstes (BND) und der Militärischen Abschirmdienstes (MAD) in Sachen Auskunftsansuchen an diverse Unternehmen auseinander. In concreto geht es dabei darum, inwieweit und wie oft besagte Dienste von Unternehmen der Luftfahrtbranche, der Finanzindustrie, von Telekommunikations- und Postunternehmungen und Teledienstanbietern Informationen über bestimmte Nutzer bzw. Kunden anforderten. Auch die Anzahl der Peilungen von Mobilfunkgeräten mittels eines sogenannten IMSI-Catchers wird darunter erfasst.
War etwa der Einsatz des erwähnten IMSI-Catchers in den Jahren 2002 bis 2010 insgesamt 81 mal durchgeführt, ein Anstieg ist vor allem in dem Zeitraum 2008 und 2009 zu beobachten. Weiter ist hervorzuheben, dass es kein einziges Mal von der Möglichkeit Gebrauch gemacht wurde, Brief- oder Postsendungen abzufangen und zu inspizieren. Alles in allem betrafen 93 Maßnahmen 410 Personen, 85 Maßnahmen entfielen auf das Bundesamt für Verfassungsschutz. In der Verteilung fielen das Gros' von 55 auf Telekommunikationsanbieter, vier Maßnahmen auf Luftfahrtunternehmen, 18 entfielen auf Finanzdienstleister, die restlichen 16 Maßnahmen stellten IMSI-Catcher-Vorgänge dar. Dies bedeutet insgesamt gegenüber dem Erhebungszeitraum 2008 einen Anstieg von knappen 20% bei Erhebungen in diesem Bereich, also von 78 auf besagte 93 Fälle.
Schlussendlich wird noch die Möglichkeit des BND erwähnt, dass zum Beispiel bei Entführungen im Ausland auch internationaler Telekommunikationsverkehr abgehört werden darf, wovon dieser 2009 wegen Fällen von Piraterie vier Mal Gebrauch gemacht hatte.