Nokia am Scheideweg: CEO hält Brandrede

Patrick Bellmer
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Mit einer selten dagewesenen Deutlichkeit soll Nokias Vorstandsvorsitzender Stephen Elop auf die Probleme des Handy-Herstellers hingewiesen haben. In seinem internen Blog vergleicht er die Situation, in der sich Nokia befindet, mit einer brennenden Ölplattform.

Es gibt da eine Geschichte über einen Arbeiter auf eine Ölplattform in der Nordsee. Eines Nachts wurde er von einer Explosion geweckt, die die gesamte Plattform in Brand steckte. [...] Als das Feuer ihn erreichte, hatte der Mann nur wenige Sekunden für eine Reaktion. Entweder könnte er auf der Plattform bleiben und von den Flammen verzehrt werden. Oder er könnte 30 Meter tief in das eiskalte Wasser springen. Dieser Mann stand auf einer „brennenden Plattform“ und er musste eine Entscheidung treffen.

Mit diesen Worten beginnt Elops Brandrede. Aufgrund der Berichte und Ankündigen der letzten Wochen ist schnell klar, worum es geht. In zwei Tagen will der Vorstandsvorsitzende des noch weltgrößten Handy-Herstellers und ehemalige Microsoft-Topmanager Stephen Elop im Rahmen einer Investorenkonferenz die zukünftige Strategie präsentieren. Angesichts der Geschwindigkeit des Verlustes von Marktanteilen auf dem so wichtigen Smartphone-Markt sowie der beruflichen Vergangenheit des CEOs deutet vieles auf eine Kooperation mit seinem früherem Arbeitgeber Microsoft hin.

Auch wir stehen auf einer „brennenden Plattform“ und wir müssen entscheiden, wie wir unser Verhalten ändern. [...] Wir haben Benzin auf unsere eigene brennende Plattform gegossen.

Anhand weniger Zahlen macht Elop die Lage und Entwicklung des Konzerns deutlich. So konnte Apple seinen Marktanteil binnen zwei Jahren im Segment ab 300 US-Dollar von 25 auf 61 Prozent steigern, verglichen mit dem vierten Quartal 2009 konnte der iPhone-Hersteller seinen Gewinn im letzten Viertel 2010 um 78 Prozent steigern. „Apple hat gezeigt, dass, wenn es gut designt ist, Kunden ein hochpreisiges Handy kaufen [...] Sie haben einen neuen Standard gesetzt und besitzen das High-End-Segment.

Aber auch in Android sieht der Manager einen großen Konkurrenten. In nur 24 Monaten entstand mit Android eine Plattform, die sowohl die Smartphone-Hersteller als auch die Entwickler und Mobilfunk-Provider angezogen hat. Seiner Meinung nach sei es lediglich eine Frage der Zeit, wann die offene Plattform auch im Einsteiger-Bereich einen großen Marktanteil inne haben wird. „Google hat eine eigene Anziehungskraft entwickelt, die einen großen Teil der Innovationen anzieht.“

Im Niedrigpreisbereich seien aber eher chinesische Anbieter die größten Mitbewerber, dort würden Firmen in einer unglaublichen Geschwindigkeit neue Geräte auf den Markt bringen. „Am unteren Ende der Preisskala bringen chinesische OEMs Geräte schneller raus, als, wie ein Nokia-Mitarbeiter scherzhaft sagte, wir eine eine PowerPoint-Präsentation aufpolieren können. Sie sind schnell, sie sind billig und sie fordern uns heraus.

Allerdings sei es längst kein Kampf der Geräte mehr. Inzwischen sei es ein Krieg der Ökosysteme. Zu diesen Systeme würde mittlerweile nicht nur die Hard- und Software gehören, sondern auch Entwickler, Apps, Werbung und vieles mehr. „Unsere Mitbewerber nehmen uns die Marktanteile nicht mit ihren Geräten ab; sie nehmen unsere Marktanteile mit ihren gesamten Ökosystemen ab. Das bedeutet, dass wir entscheiden müssen, wie wir ein Ökosystem kreieren, eines weiterentwickeln oder einem beitreten können.

Die schlechte Entwicklung des Unternehmens hat laut Elop nun aber auch Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit Nokias. Die beiden Rating-Agenturen Standard & Poor's und Moody's hätten ihre Bewertungen schon herabgesetzt, nicht zuletzt ein Zeichen der Besorgnis die Zukunft betreffend. Die meisten Analysten würden eine engere Zusammenarbeit mit Microsoft begrüßen, dies zeigte unter anderem ein deutlich steigender Aktienkurs nach Bekanntwerden der ersten diesbezüglichen Gerüchte.

Wie ernst die Lage ist, fasst Elop mit wenigen Sätzen zusammen: „Das erste iPhone kam 2007 und wir haben noch immer kein Gerät, das daran heran reicht. Android betrat die Bühne vor zwei Jahren und in dieser Woche haben sie uns die Führung bei den Smartphone-Absatzzahlen genommen. Unglaublich.

Wir haben bei Nokia einige brillante Entwickler und Entwicklungen, aber wir bringen diese nicht schnell genug auf den Markt. Wir dachten, dass MeeGo eine Plattform sein könnte um bei High-End-Smartphones wieder etwas gewinnen zu können. Wie auch immer, bei diesem Tempo werden wir wir bis Ende 2011 vermutlich nur ein einziges MeeGo-Produkt auf dem Markt haben.

Ob diese Aussagen alle aus der Feder Elops stammen, ist bislang noch nicht bekannt. Klar ist aber, dass der noch nicht lange im Amt befindliche Nokia-Chef in der Vergangenheit keinen Hehl aus der Lage des Unternehmens gemacht hat. Durch das Verschlafen von Trends und dem aus Sicht vieler zu langem Festhalten an Symbian^1 musste Nokia in den vergangenen Monaten viele Federn lassen. Zwar konnte man von den recht neuen Symbian^3-Modellen C6-01, C7-00 und N8-00 im letzten Quartal 2010 rund fünf Millionen absetzen, verglichen mit dem iPhone oder Android-Handys aber viel zu wenig.

In welche Richtung sich der finnische Konzern entwickeln wird, wird sich ab übermorgen zeigen müssen. Entweder hält man an den eigenen Entwicklungen – MeeGo und Symbian^3 – fest, oder sichert sich mit Android respektive Windows Phone 7 ein mehr oder weniger starkes Ökosystem. Klar ist aber:

Nokia, unsere Plattform brennt.

Stephen Elops Blog-Eintrag
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