Call of Juarez: The Cartel im Test: Geballert, gelacht, gelocht
2/6Inhaltliches
Plot
Bei der Suche nach Veränderungen beim Vergleich mit den Vorgängern fällt als erstes auf, dass die Macher von Techland für „The Cartel“ ein neues Setting gewählt haben. Statt im wilden Westen der Vergangenheit, spielt das neue „Call of Juarez“ im, nun ja, wilden Westen der Gegenwart. Dementsprechend dienen im Verlauf des Spiels das Los Angeles und Mexiko des Jahres 2011 als Schauplätze für die Handlung.
Dieser Schritt mutet auf den ersten Blick seltsam an, denn bei den Vorgängern funktionierte die Verortung in der kargen Landschaft von Juarez zu Zeiten von John Wayne und Co. eigentlich ziemlich gut. Allerdings wurde „The Cartel“ nunmal mit extrem heißer Nadel gestrickt, weswegen der Szeneriewechsel wahrscheinlich zwingend erforderlich ist, um aus „Call of Juarez 3“ kein „Call of Juarez 2.5“ werden zu lassen.
Für die Rahmenhandlung wählen die Macher mit dem Drogenkrieg und den daraus resultierenden Verwicklungen ein gegenwärtig gerade in dieser Weltgegend sehr relevantes Thema. Wer aber einen nachdenklichen, wohldurchdachten oder zumindest bissig-witzigen Thriller – sozusagen eine spielbare Version des Hollywood-Streifens „Traffic“ – erwartet, wird bitter enttäuscht. Stattdessen versteigt sich „The Cartel“ in ein Actionspektakel, das platter kaum sein könnte. Man nehme: Drei wirkliche blasse Charaktere, ein übermächtiges, skrupelloses Drogenkartell sowie jede Menge Waffen, Sex und Schmutz und fertig ist das neue, in puncto Dreck überinszenierte und deshalb kaum glaubwürdige „Call of Juarez“.
Die besagten Charaktere wirken dabei wie die Prototypen von rotzigen, aber keinesfalls komplexen Protagonisten, die man wahlweise in C-Movies, Groschenromanen oder aber eben Spielen wie „The Cartel“ antreffen kann. Da ist die toughe FBI-Agentin Kim Evans, die natürlich aus einer krassen Hood stammt und deshalb ausgezeichnete Erfahrungen darin hat, den bösen Buben die Hintern zu versohlen; da ist der anrüchige DEA-Mann Eddie Guerra, der ganz seinen Wurzeln entsprechend (ja, die Darstellung kann man durchaus „rassistisch“ nennen!) natürlich vor allem mit mexikanischen Ausdrücken und seiner Spielsucht glänzt; und da ist schließlich der fanatisch-gläubige LAPD-Berserker Ben McCall, der den Helden aus den Vorgängern nicht nur verdammt ähnlich sieht, sondern auch dem Namen nach ein später Nachfahre der McCall-Colt-Veteranen ist – willkommen in der Welt der uninteressanten Klischees.
Nun will es die Handlung so, dass diese drei nicht gerade ausgefeilten Charaktere als unabhängige Taskforce im Kampf gegen die Drogenmafia eingesetzt werden. In der Folge agieren McCall und Co. dann auch tatsächlich gegen „The Cartel“ und setzen dabei unorthodoxe – also besonders gewalttätige – Methoden ein, wobei eine Kronzeugin und alte Vietnam-Verbindungen genauso eine Rolle spielen wie ein stets irgendwie versifftes Großstadtmilieu.
Doch selbst in diesem Rahmen bleibt die Handlung von „The Cartel“ überwiegend platt, fallen die Wendungen eher unglaubwürdig als gekonnt aus und weist die Story eine erstaunliche Inkonsistenz aus: Mal versucht man, das Kartell zu pisacken und in Gang-Kriege zu verstricken, mal beschützt man die besagte Kronzeugin vor einem Mob substanzloser Klischee-Gangster, mal fährt man eine direkte Attacke auf die mafiösen Latino-Dealer – kein Wunder, das zwischendurch neben dem stetig leidenden Spielspaß vor allem die Übersicht abhanden kommt.