Red Orchestra 2: Heroes of Stalingrad im Test: Sackschwer und teuer

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Sasan Abdi
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Anmerkungen (Kopier- und Jugendschutz)

Im Falle von „Red Orchestra 2“ (RO 2) erscheint es sinnvoll, noch vor dem eigentlichen Test einige Anmerkungen zu machen.

Grundlage für diesen Test ist die seit dem 13. September verfügbare internationale Steam-Version des Spiels, die wir seit dem Morgen des 14. September antesten konnten. Trotz einer vergleichsweise umfangreichen Testzeit ist es bei einem Spiel wie RO 2 kaum möglich, in einem begrenzten zeitlichen Rahmen eine alles umfassende Einschätzung abzugeben. Das Folgende basiert auf der durchgespielten Einzelspieler-Kampagne sowie rund 15 Stunden Spielzeit im Multiplayer – eine solide Basis, die aber keinesfalls eine allumfassende Einschätzung erlaubt.

In puncto Kopierschutz gilt es zu erwähnen, dass „Red Orchestra 2“ zu Beginn über Steam aktiviert werden muss und auch danach als Spiel der Valve-Plattform nur in Verbindung mit dem entsprechenden Account funktioniert. Dies hat bei der normalen Verkaufsversion zwar zum Vorteil, dass keine DVD im Laufwerk liegen muss und Patches automatisch und zeitnah aufgespielt werden; ein Wiederverkauf wird dadurch aber quasi unmöglich gemacht.

In puncto Jugendschutz muss erwähnt werden, dass RO 2 wohl die USK-Einstufung „Ab 18 Jahren“ erhalten hat. Diese bezieht sich allerdings auf die am 6. Oktober erscheinende geschnittene deutsche Version – wie genau die Unterschiede aussehen, lässt sich zum Fertigstellungstermin dieses Tests leider nicht sagen.

RO 2 auf einen Blick

„Red Orchestra 2“ bringt auf dem Papier wie der Vorgänger sowohl einen Single- als auch einen Multiplayer-Part mit. Auch wenn mit Blick auf den ersten Teil vielen Spielern klar sein dürfte, dass es sich hierbei trotzdem eindeutig um ein Multiplayer-Spiel handelt, ist es notwendig, diesen Umstand gleich zu Beginn herauszustellen.

Denn selbst bei einer 90-zu-10-Gewichtung könnte man ja meinen, dass auch der Einzelspieler einen detaillierten Blick wert ist. Ist er aber er kaum. Stattdessen hat man es hier eher mit einer Trainingsumgebung zu tun, in der man mit NPC-Mitstreitern bzw. -Gegnern auf überwiegend aus dem Mehrspieler stammenden Karten ziemlich lahme Scharmützel austrägt.

Lahm deswegen, weil die künstliche Intelligenz nicht mal annähernd die Kompetenz von echten Spielern erreicht – und zwar auf beiden Seiten. Mitstreiter rennen wirr durch offene Areale und gehen auf der falschen Seite von Sandsäcken in Deckung, gegnerische Panzer verkeilen sich in unwegsamem Gelände und Gegner laufen nur allzu gern in einem Dutzend ins MG-Feuer.

Mäßige Zwischensequenz aus der Einzelspieler-Kampagne
Mäßige Zwischensequenz aus der Einzelspieler-Kampagne

Da hilft es auch nicht viel, dass man im Rahmen der Einzelspieler-Kampagne sowohl auf einen deutschen als auch auf einen sowjetischen Part zugreifen kann, die beide – der Name spricht Bände – in und um Stalingrad im 2. Weltkrieg (von Juli 1942 bis Februar 1943) spielen. Auch die Möglichkeit, einzelnen Gruppen der eigenen Kampftruppe Befehle zu erteilen, bleibt aufgrund der auf den vergleichsweise großen Maps ziemlich unbeholfen agierenden KI blass.

Unterm Strich bleibt deshalb für den Einzelspielermodus nicht besonders viel: Er dient für Kenner des Vorgängers primär dem Kennenlernen der neuen Umgebungen; für Einsteiger stellt er aber immerhin einen soliden Einstiegspunkt in die doch sehr eigene Spiellogik und -mechanik von RO 2 dar.

Im Mehrspieler, bei dem bis zu 64 Spieler auf einem Areal aufeinander treffen, entfaltet „Red Orchestra 2“ dann aber seinen ganz eigenen Charme. Der Einstieg fällt dabei aber selbst Kennern des Vorgängers schwer, denn anders als manch actiongeladener, arcadelastiger Konkurrent kann RO 2 den Erwartungen entsprechend als echter „Hardcore“-First-Person-Shooter bezeichnet werden. „Hardcore“ bezieht sich dabei nicht auf die Darstellung, sondern auf das Spielprinzip: Statt auf Rambo-Aktion kommt es hier auf geschicktes Abwarten (ja, man kann dies in vielen Fällen durchaus auch „campen“ nennen), ein umsichtiges Vorgehen im Team und eine ausgewogene Klassen-Verteilung an.

Aller Anfang ist schwer: Erstes RO-2-Mehrspieler-Match

Da RO 2 versucht, möglichst realistisch zu sein, bedeutet ein Treffer häufig bereits den Tod. Auf weitläufigen, angenehm variierenden Karten hat dies direkten Einfluss auf der Verhalten der meisten Spieler: Man rückt vorsichtig und idealerweise gemeinsam vor; man feuert nur wenn zwingend nötig, um nicht unnötigerweise entdeckt zu werden; man wählt die jeweilige Klasse je nach Umgebung mit bedacht, sodass in offenen Arealen die Scharfschützen- und im Häuserkampf vor allem die Nahkämpfer-Slots stets belegt sind.

Die unterschiedlichen Klassen und die damit verbundenen Waffen sind ohnehin ein Kern von „Red Orchestra 2“. Wer überhaupt die Chance darauf haben möchte, in diesem fordernden Spiel Fuß zu fassen, wird nicht umhin kommen, sich mit den Vor- und Nachteilen sowie Eigenschaften der unterschiedlichen, an die Realität angelehnten Waffen zu beschäftigen und den Umgang mit diesen zu verfeinern. Wer wie das Gros der potentiellen Spieler in der letzten Zeit vor allem mit Arcarde-Shootern konfrontiert war, wird sich vor allem über die (vermeintlich) mangelhafte Präzision und den teils brutalen Rückschlag der RO-Waffen ärgern. In dieser Hinsicht merkt man ganz besonders, dass die Macher größten Wert auf Realismus legen, was im großen Einerlei der 0815-Arcade-Shooter nach ein paar Stunden Eingewöhnung richtig erfrischend wirkt.

Klassen in „Red Orchestra 2“
Klassen in „Red Orchestra 2“

Dies gilt umso mehr, als dass man in der Regel über keinerlei Fadenkreuz verfügt, sodass die richtige Einschätzung der eigenen Waffe besonders wichtig ist – insbesondere deshalb, weil selbst neue Spieler binnen weniger Minuten bemerken, dass nur der länger überlebt, der kriecht und stetig Deckung sucht, was ebenfalls zu einem hohen Bedarf an Präzision beiträgt.