Might & Magic Heroes VI im Test: Ein Mix aus Neuem und Altbewährtem mit Suchtgefahr

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Sasan Abdi
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Inhaltliches

Plot, Fraktionen, Spielprinzip

In den letzten Jahren ist es zur ökonomisch attraktiven Mode geworden, PC-Spiele immer kürzer ausfallen zu lassen. Dementsprechende gehört eine Spielzeit von sechs Stunden im Einzelspieler längst nicht mehr zur traurigen Ausnahme, sondern zur gängigen Realität.

In dieser Hinsicht weiß „Might & Magic Heroes VI“ positiv zu überraschen: Man nehme fünf an die Fraktionen angelehnte Kampagnen mit je vier ausgiebigen Missionen sowie einen Pro- und zwei Epiloge, und fertig ist ein Umfang, der allein im Einzelspieler je nach Spielertyp tatsächlich wie vom Publisher vollmundig versprochen bis zu 50 Stunden Spielzeit mit sich bringt.

Die Kampagnen zu den besagten Fraktionen werden dabei geschickt miteinander verwoben und haben zudem eine gemeinsame Wurzel: Alle Anführer gehen auf den Helden des Prologs, Herzog Slava, zurück, was es den Machern erlaubt, eine durchaus durchdachte, spannende und weitgehend konsistent erzählte Handlung zu stricken.

Kurzer Video-Eindruck aus MMH 6

Die erreichte Güte verdient sich zwar nicht das Prädikat „Oscar-reif“, fungiert mit allerlei Wendungen, zahlreichen (teils leider etwas blassen) Charakteren und gängigen Dramaturgie-Elementen wie Hass und Freundschaft, Verrat und Loyalität und Gier und Nächstenliebe als solider Rahmen, der mit dazu beiträgt, dass der geneigte Spieler bis zuletzt neugierig bei der Stange bleibt.

Die besagten Fraktionen sind dabei überwiegend an Altbekanntes aus dem MMH-Universum angelehnt: Bei der Zuflucht handelt es sich um Menschen, die mit Greifen, Paladinen, Engeln und Armbrustschützen in die Schlacht ziehen. Die Bastion ist die Fraktion der Orks und Goblins. Beim Inferno handelt es sich um chaotisch-zerstörerische Dämonen. Und die Anhänger der Nekropolis haben, als Vampire und Untote nur natürlich, eine hohe Affinität zum Tod. Wirklich neu sind somit nur die Sanktuariums-Vertreter, bei denen es sich um kampfstarke Wasserwesen mit Shaolin-Touch handelt.

Wer den Vorgänger kennt, wird sich in puncto Spielprinzip sofort zurecht finden, denn in dieser Hinsicht bleiben die Entwickler bei Altbewährtem. Dementsprechend zieht man mit seinen Helden rundenbasiert über die jeweilige Karte, bis alle Bewegungspunkte verbraucht sind. Neben den primären Zielen werden einem immer wieder Nebenquests angeboten; zudem bietet sich an nahezu jeder Ecke die Möglichkeit, gegen neutrale Einheiten vorzugehen, um neben Erfahrungspunkten an Rohstoffe oder Artefakte zur Aufwertung der Helden zu gelangen.

Städte & Verwaltung

Während sich am Spielprinzip herzlich wenig geändert hat, fällt bei näherer Betrachtung auf, dass die Entwickler sich dafür in anderer Hinsicht ans Eingemachte gewagt haben. Mit fatalen Folgen: Die vormals ziemlich detailliert in Szene gesetzte Stadtansicht wurde aus unerklärlichen Gründen deutlich beschnitten, was durchaus schwer wiegt, da man es hier mit einer der wichtigen und häufig aufgesuchten Schaltstellen bei der Verwaltung von Ressourcen – und vor allem: Truppen – zu tun hat.

Trotz dieser vor allem visuellen Beschneidung behalten die Städte ihren essentiellen Charakter. Hier kann man nicht nur neue Gebäude errichten und Truppen ausheben, sondern auch einen der nur noch vier Rohstoffe (Stein, Holz, Gold, Edelsteine) sowie Artefakte handeln und neue Helden anwerben. Ähnliche Schaltstellen der Verwaltung stellen die Festungen dar, bei denen es sich um stark beschnittene Städte handelt, in denen nur Truppen angeworben werden können.

Neu ist dabei, dass die an den Städten bzw. Festungen hängenden Minen nur noch bedingt einzeln eingenommen werden können. So war es beim Vorgänger „Heroes of Might & Magic V“ noch möglich, kurzerhand ein einzelnes Gebäude zu besetzen. Dies ist in MMH 6 nur noch dann möglich, wenn der jeweilige Held auch in der besetzten Mine verweilt. Sobald er aber vor der anrückenden Gegnerschar flieht, fällt das Gebäude wieder dem bisherigen Besitzer zu. Man erobert also keine einzelnen Gebäude, sondern ganze Gebiete.

Während mancher MMH-Purist hierin eine taktische Beschneidung der Konfliktmöglichkeiten sehen dürfte, ist dieser Paradigmenwechsel in unseren Augen lobenswert: Statt nerviger Scharmützel kommt es nun mehr denn je auf die Truppenpräsenz und den Kampf um die zentralen Festungen und Städte an, was statt des taktisch eher bleiernen Klein-Klein von Vorstößen eine weitsichtigere Planung erforderlich macht und zu mehr spannenden Belagerungssituationen führt.