Anno 2070 im Test: Die Zukunft siedelt wie das Mittelalter

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Sasan Abdi
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Anno 2070 auf einen Blick (Forts.)

Umso wichtiger also, dass auch „Anno 2070“ mit dem Endlosspiel, kleineren Missionen und einem eng verknüpften Multiplayer-Modus über weitere umfassende Spielmodi verfügt, die die kritikwürdige Konzeption der Kampagne schnell vergessen machen.

Das Endlosspiel ist nach wie vor die Basis für unzählige „Anno“-Stunden. Hier kann man sich auf zufällig generierten Karten als Lenker einer (potentiell) großen Zivilisation versuchen. Aufgepeppt wird das Ganze dabei durch die mit den drei Fraktionen verbundenen Möglichkeiten und Überlegungen: Soll man tatsächlich probieren, sie auf einer Insel anzusiedeln? Oder fährt man mit getrennten Gefilden trotz möglicherweise erhöhtem Transportaufkommen doch besser? Was ist das richtige Rezept für Wohlstand, Ökologie und Effizienz? Wer diesen Fragen nachgehen möchte, darf sich wie gehabt auf zig Stunden im Endlosspiel einstellen.

Ebenfalls gelungen ist die Integration in die Online-Welt, bei der alle Informationen in einer zentralen Ansicht gebündelt werden. Von hier aus hat man beispielsweise Zugriff auf in Abständen von mehreren Wochen wechselnde „Weltereignisse“, bei denen es sich um kurzweilige, aus drei Teilen bestehende Missionen handelt. Hierbei handelt es sich de facto um kostenfreie Download-Inhalte, die sich die Publisher anderswo bezahlen lassen – sehr schön!

Offizielles Video: Zusammenfassung der Online-Funktionen

Darüber hinaus bietet der Mehrspielermodus natürlich die üblichen Möglichkeiten um sich im Team und Gegeneinander zu messen – beispielsweise in „Challenge“, bei der bis zu acht Spieler auf einer Karte gegeneinander oder zusammen spielen (siehe Video oben für eine Übersicht zu den Modi). Das Matchmaking funktioniert dabei weitgehend solide; allerdings berichten viele Spieler in einschlägigen Foren über Probleme beim Beitreten, wobei der Verdacht naheliegt, dass „Anno 2070“ sehr sensibel auf NAT-Firewalls und dergleichen reagiert. Doch auch abseits davon muss festgehalten werden, dass die Zuverlässigkeit der Online-Strukturen noch verbesserungswürdig ist: Ausgefallene Anmelde- und Aktivierungsserver sind kaum zu verargumentieren, wenn man ein Spiel derart stark mit Online-Funktionen verzahnt.

Und auch im Spiel kann es zu Problemen kommen: Über Verbindungsabbrüche hinweg hat auch dieses „Anno“ mit vorzeitigen „Leavern“ zu kämpfen, die bei einem falsch gesetzten Kontor nach langen Ladezeiten gleich das Spiel verlassen. Trotz dieser Einschränkung dürfte der Mehrspieler-Modus für das Gros der „Anno“-Spielerschaft für viele weitere Stunden Spielspaß sorgen; zumal dann, wenn man mit zuverlässigen Spielpartnern loslegen kann.

Auch bei den erwähnten kriegerischen Elementen hat sich etwas getan. Zwar gilt auch für „Anno 2070“, dass bei „Anno“ primär wirtschaftliche Abläufe im Zentrum stehen, doch kommt es je nach Vorgehen des Spielers ab und an auch in diesem Teil wieder zu bewaffneten Konflikten. Konsequent ist dabei, dass man sich endlich der frickeligen Bedienung von Bodentruppen angenommen hat. Diese in den Vorgängern stets problembehafteten Truppenteile verschwinden schlichtweg; stattdessen wird die Auseinandersetzung vor allem über Schiffe ausgetragen und ab und an mit fliegender Gerätschaft auch ins Hinterland der Städte getragen – eine Konzeption, die den meisten „Anno“-Spielern entgegen kommen dürfte.

Die Computer-Gegner entpuppen sich dabei in den meisten Fällen als kompetente Widersacher, die Schwachstellen wie unbewachte Kontore und Handelslinien schnell erkennen und bestrafen. Und auch andere KI-Aussetzer wie sinnlose Kamikaze-Aktionen oder festhängende Schiffe mussten wir nicht verbuchen. Dafür ist die Wegfindung – ehemals traditionell ein Problem der „Anno“-Bodentruppen – manchmal bei den eigenen Wassergefährten problematisch, sodass eine zugewiesene Position gerade bei entfernten Zielen nicht immer exakt eingenommen wird, was insbesondere dann ärgerlich ist, wenn sich eine Flotte deswegen in Schussweite der gegnerischen Hafenverteidigung manövriert. Trotz dieser Punkte kann man aber sagen, dass sich die KI insgesamt gut schlägt – ein wichtiger Aspekt für ein Aufbaustrategiespiel.

Grafik-Einstellungsmöglichkeiten in „Anno 2070“
Grafik-Einstellungsmöglichkeiten in „Anno 2070“

Technisch präsentiert sich „Anno 2070“ absolut auf Höhe der Zeit. Die Vertonung ist hervorragend geglückt: Sowohl die deutschen Sprecher als auch die musikalische Untermalung wissen über weite Strecken zu überzeugen. Auch handfeste Bugs und Abstürze mussten wir nicht verzeichnen. Und auch visuell gibt es nichts zu meckern: Die unter anderem auf DirectX 11 basierende Grafik-Engine liefert exzellente Ergebnisse, die im Genre ihresgleichen suchen. Auf unserem praxisnahen Testsystem lief das neue „Anno“ dabei trotz hoher Details (siehe Screenshot oben) und einer Auflösung von 1680 x 1050 mit mindestens 30 Bildern pro Sekunde, was für ein solches Spiel einen akzeptablen Wert bedeutet. Umfassendere Informationen zum CPU- und GPU-Hunger finden sich in unserem Bericht zur Demo.