Kommentar: Samsungs Android-Update-Politik ist waghalsig
Wenn jemand Kunden nicht binden will...
Weihnachtszeit ist Gabenzeit! Über die Feiertage hinweg verteilt man gerne Geschenke an die Familie, Freunde und Bekannte. Zum guten Ton gehört es dabei, das jeweilige Präsent an den Wünschen und Neigungen des Beschenkten ausrichtet, die eigenen Interessen sollten dabei eher weniger eine Rolle spielen. So bekommt der kleine, Fußball-vernarrte Neffe ein Trikot seines Lieblingsvereins, die Frau die lange gewünschten Ohrringe, der Sohn das herbeigesehnte Spiel für seine Konsole. Und was schenkt Samsung vielen seiner Kunden passend zur Weihnachtszeit? Eine fadenscheinige Ausrede, sozusagen die Rute. Und dies, obwohl man doch so nett zum südkoreanischen Elektronikriesen war und ihm für viel Geld Geräte abgekauft hat.
Gerade einmal 15 Monate alt ist das Galaxy S, einst das Flaggschiff für Samsung und die gesamte Android-Plattform. Technisch war es fast allen Mitbewerbern voraus, dank dieser Technik sowie eines ausgeklügelten Marketings verkaufte es sich bis heute fast 20 Millionen Mal. Von diesem Erfolg wollte auch Google profitieren und entwickelte gemeinsam mit Samsung ein nahezu baugleiches Gerät, das Nexus S. Einzig auf das i-Tüpfelchen wollte man verzichten: Statt die schön animierte TouchWiz-Oberfläche zu verwenden, sollte die nackte Oberfläche des Betriebssystems zum Einsatz kommen. Ein großer Vorteil, wie Käufer des Gerätes spätestens jetzt erfahren durften.
Denn während man für das Nexus S bereits ein Update auf Android 4.0 ausliefert, sollen Besitzer des Galaxy S – salopp ausgedrückt – in die Röhre schauen. Kein Update wird es geben, so Samsungs Mitteilung einen Tag vor Heiligabend. Die Technik würde nicht ausreichen, die verbauten Speicher seien nicht groß genug, um sowohl Android 4.0 als auch TouchWiz in befriedigender Form laufen zu lassen. Auf den ersten Blick mag da so mancher nur resigniert mit den Schultern gezuckt haben, kurze Zeit später dürften die ersten Zweifel an der Wahrhaftigkeit des Multimilliardenunternehmens aufgekommen sein. Denn generell stellen sich dem Beobachter zwei Fragen: Warum soll die Technik nicht ausreichen, wenn Google doch nach wie vor behauptet, dass nicht mehr Ansprüche als bei Android 2.3 gestellt werden, jener Version, die auf dem Galaxy S so wunderbar funktioniert? Und wenn die Schuld tatsächlich bei TouchWiz liegt, warum bietet Samsung seinen Kunden nicht einfach eine Aktualisierung ohne die eigene Oberfläche an?
Beides kann man mit einem sehr kurzen Satz beantworten: Weil Samsung nicht will! Die Begründung dafür dürfte etwas länger ausfallen. Denn in Zeiten, in denen der kurzfristige Erfolg immer noch mehr zählt als der langfristige, wollen oder können zahlreiche Entscheidungsträger nicht weiter als bis zum übernächsten Quartal denken. Aus ihrer Sicht kostet die Entwicklung eines solchen Updates lediglich Geld, neue Einnahmen werden dadurch nicht generiert. Diese beschränkte Sichtweise ist sogar logisch, denn eine Aktualisierung der Software für ein Modell, welches gar nicht mehr oder kaum noch verkauft wird, da schon der Nachfolger seit geraumer Zeit auf dem Markt ist, wird die Verkäufe nicht ankurbeln.
Was Samsung aber offensichtlich nicht bedenkt: So bindet man keine Kunden, so verschreckt man sie. Denn wer gestern enttäuscht worden ist, wird morgen sicherlich zweimal überlegen, ob er ein weiteres Gerät dieses Herstellers kaufen wird. Mittlerweile will der Kunde das Gefühl haben, dass man sich für ihn interessiert, Unternehmen wie beispielsweise Sony Ericsson haben dies verstanden. Updates werden schneller bereitgestellt, Wünsche wie entfernbare Bootloader werden (teilweise) umgesetzt. Davon hat das schwedisch-japanische Unternehmen aktuell noch recht wenig – abgesehen von höheren Kosten. Spätestens beim nächsten Smartphone-Kauf wird man sich aber daran erinnern, dass es da einen Hersteller gibt, der meine Interessen zumindest ein wenig wahrnimmt.
Natürlich darf man sich nichts vormachen, auch Sony Ericsson handelt dabei nach rein wirtschaftlichen Interessen und sicherlich nicht aus Nächstenliebe. Der Kunde hat aber dennoch einen Vorteil davon, denn auch Monate nach dem Kauf erhält er hier eine aktuelle Android-Version, die nicht nur kosmetische Veränderungen mit sich bringt, sondern auch Sicherheitslücken schließt und neue Funktionen beinhaltet. Samsung hingegen verliert augenscheinlich unmittelbar nach dem Kauf bereits das Interesse an seinen Kunden. Mit dem gewählten Zeitpunkt für die Bekanntgabe, ein Tag vor Weihnachten, hat es der Zorn der Kunden dabei mit Sicherheit nicht mehr auf den Wunschzettel geschafft. Aber das nächste Fest kommt. Frohe Weihnachten!
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