Samsung Galaxy Nexus im Test: Gebogenes Smartphone mit Stock Android
3/7Bedienung & Display
Bei der Bedienung des Galaxy Nexus muss man sich nicht nur aufgrund der neuen Android-Version (hierzu später mehr) – anfangs umgewöhnen. Denn als erstes Smartphone mit Googles Betriebssystem verfügt das neue Flaggschiff abgesehen vom Einschalter sowie der Lautstärkewippe über keinerlei Tasten mehr. Denn wie schon bei Android 3.0 „Honeycomb“ sieht Googles Konzept auch bei „Ice Cream Sandwich“ die Einblendung aller wesentlichen Steuerelemente auf dem Display vor. Dies hat zum Vorteil, dass unterhalb der Anzeige kein Platz für Tasten mehr vorgehalten werden muss. Dafür gehen am unteren Rand 96 Pixel verloren, die zum Darstellen der schon von „Honeycomb“ her bekannten Tasten für „Home“, „Zurück“ und „Tasks“ benötigt werden.
Allerdings kann dies in eigentlich allen Fällen aufgrund der Diagonalen von 4,65 Zoll sowie den insgesamt 1.280 × 720 Pixeln verschmerzt werden. Für die meisten Aufgaben steht so ausreichend Platz zur Verfügung, gerade beim Nutzen des Browsers oder dem Betrachten von Videos mag man diesen schon nach kurzer Zeit nicht mehr missen. Nur Personen mit kleinen oder mittelgroßen Händen dürften ab und an verzweifeln, denn selbst mit großen Händen und langen Fingern ist die einhändige Bedienung des Smartphones nicht immer möglich. Gerade bei Programmen, die der im Vergleich zu Android 2.x neuen Bedienphilosophie mit am oberen Rand platzierter „Menüleiste“ folgen, muss dann eine zweite Hand her.
Am Display selbst gibt es nichts auszusetzen. Samsung setzt hier auf die Super-AMOLED-Technik, von der in erster Linie die Farbdarstellung sowie der Kontrast profitieren. Gleichzeitig konnte das Gerät dadurch einige Millimeter dünner ausfallen, zudem ist der Energiebedarf in der Regel geringer als bei herkömmlichen LC-Anzeigen. Anders als allerdings beim Galaxy S II wird hier nicht die neuere und bessere Super-AMOLED-Plus-Technik verwendet, sondern auf die sogenannte Pentile-Matrix gesetzt. Der wesentliche Unterschied besteht hier in der Anordnung und Größe der Subpixel. Während bei Super AMOLED Plus insgesamt drei Subpixel (rot, grün, blau) einen Pixel bilden, sind es bei Super AMOLED lediglich zwei (rot und blau). Durch diesen Schritt spart man einerseits Platz (auf der gleichen Grundfläche können mehr Pixel dargestellt werden), andererseits können bei bestimmten Farben feine Strukturen wie Linien oder Buchstaben nur leicht ausgefranst dargestellt werden.
Als optimalen Weißpunkt sehen wir D65 an, also eine Farbtemperatur von 6.500 Kelvin (K). Dies entspricht nach gängiger Definition einem mittlerem Tageslicht und ist der Weißpunkt der gängigen Farbräume sRGB und AdobeRGB. Eine Abweichung von einigen hundert bis etwa 1000 K ist bei Mobiltelefonen als noch akzeptabel anzusehen, einige Displays – bauartbedingt vor allem OLED-Modelle – liegen allerdings beim Weiß und noch mehr bei Grautönen oft im Bereich um 10.000 K, was bereits als deutlicher Blaustich wahrnehmbar ist. Sehr viele Displays von Smartphones und Notebooks treffen zwar den Weißpunkt von 6.500 K relativ genau, weichen aber bei Grautönen und anderen mittleren Farbtönen deutlich mit einem Blaustich ab. Vor allem bei gleichzeitigem Auftreten von Grau und Weiß ist diese ungleichmäßige Graubalance wahrnehmbar.
Gegenüber der LCD-Technik weisen OLED-Bildschirme einige Besonderheiten auf, die sich teilweise in unseren Messungen niederschlagen und erklärungsbedürftig sind. Zum einen ist das der bekanntermaßen hohe Kontrast, der bei OLED durch die selbstleuchtenden Pixel möglich ist – es gibt hier kein Backlight, welches durch das Panel mehr oder weniger stark abgedunkelt wird, sondern ein schwarz angesteuerter Pixel ist tatsächlich komplett schwarz und leuchtet nicht. Da das Kontrastverhältnis den Quotienten zwischen der Helligkeit von Weiß und Schwarz angibt, ergibt die Kontrastmessung bei OLED-Displays theoretisch eine Division durch Null und damit ein nicht definiertes Ergebnis – in der Praxis gibt es bei der Schwarzmessung immer eine gewisse Resthelligkeit durch Streulicht und ein Signalrauschen beim Messgerät, sodass Kontrastergebnisse im fünfstelligen Bereich entstehen. Da die Darstellung dieser Kontrastwerte im Balkendiagramm den irreführenden Eindruck erzeugen, der Kontrast wäre bei OLED sichtbar um viele Größenordnungen besser, haben wir uns entschieden als Kontrast maximal 5000:1 darzustellen und auf diese Erklärung zu verweisen. Im Alltag ist der Unterschied allenfalls in sehr dunklen Umgebungen deutlich wahrnehmbar, bei Tageslicht sind Faktoren wie die Reflexionen der Displayoberfläche wesentlich wichtiger.
Die zweite Besonderheit ist die beim derzeitigen Stand der Technik verhältnismäßig geringe Lebensdauer der blauen Leuchtelemente bei OLED-Displays. Dies veranlasst die Hersteller dazu, zur Steigerung der Lebensdauer bei einigen Displays die klassische RGB-Subpixelmatrix durch alternative Anordnungen abzulösen. Bekannt ist dabei beispielsweise Samsungs „PenTile“-Matrix, deren Hauptmerkmal die Vergrößerung der blauen und roten Subpixel ist – allerdings bei gleichzeitiger Halbierung ihrer Anzahl. Das bedeutet, dass bei gleicher Nennauflösung diese Displays eine geringere Anzahl von Subpixeln aufweisen als Displays mit der bewährten RGB-Matrix. Jeder Pixel verfügt weiterhin über seinen eigenen grünen Subpixel, teilt sich aber den jeweiligen roten und blauen Subpixel mit seinem Nachbarpixel. Das ganze führt bei gleicher Nennauflösung zu einer geringeren tatsächlichen Auflösung und an Kontrastkanten zu Farbsäumen, die vor allem die Lesbarkeit von Text deutlich verringern können.
Durch die hohe Auflösung ist dieser Effekt beim Galaxy Nexus aber so gut wie gar nicht zu beobachten, mit bloßem Auge ist es nahezu unmöglich. Was hingegen insbesondere bei grauen Flächen auffällt, ist ein leichter Gelbstich. Verschiedenen Berichten im Internet zufolge scheint dies eine generelles Problem zu sein. Erstaunlich gering fällt zudem die maximale Helligkeit aus: In der Spitze konnten hier lediglich 213 Candela pro Quadratmeter gemessen werden. Dafür entschädigt der Kontrast, der aufgrund der AMOLED-Technik prinzipiell gen unendlich tendiert.