Hintergründe und Analysen: Was ist eigentlich ACTA?
4/9Inhalt von ACTA
Inhalt bis Artikel 22
Das Kürzel ACTA steht für die Initialen der englischen Abkommensbezeichnung „Anti-Counterfeiting Trade Agreement“, was so viel wie „Anti-Produktpiraterie-Handels-Abkommen“ heißt (englische Fassung; deutsche Fassung).
ACTA soll eine Art Fortentwicklung des TRIPS-Abkommens darstellen, auf dessen Grundgerüst es aufbaut. Während TRIPS ein grundlegendes Niveau an Rechtsschutz für Immaterialgüterrechte festlegte, das zudem von allen Staaten, die Mitglied in der WTO sein wollen, umgesetzt werden muss, möchte ACTA diese nun ausbauen. Allerdings gilt dieser Erweiterung natürlich nur für jene Staaten, die dem Abkommen beitreten. Das Ziel von ACTA ist es, Produktpiraterie und Markenpiraterie zu unterbinden. Im Wesentlichen soll dies dadurch erfolgen, dass Staaten, die dem Abkommen beitreten, infolge der Umsetzung des ACTA-Inhaltes in die eigenen Rechtsordnungen Normen schaffen, die eben dieses Ziel verwirklichen. Dabei muss der im ACTA festgelegte Mindeststandard eingehalten werden, darüber hinaus gehende Regelungen sind jedoch auch möglich.
Das Abkommen selbst gliedert sich in insgesamt 45 Artikel, deren ungefährer Inhalt nun grob umrissen werden soll.
Allgemeine Bestimmungen
Die Artikel 1 bis 4 enthalten allgemeine Bestimmungen, wie etwa die Art und der Umfang der Pflichten der Vertragspartner aussieht und diverse andere.
Begriffsdefinitionen
Artikel 5 beinhaltet Begriffsdefinitionen, nach denen entsprechende Ausdrücke im Abkommen zu interpretieren sind. Dabei ist auch der Begriff des „geistigen Eigentums“ aufgeführt, welcher in diversen Diskussionen schon zu hitzigen Debatten führte, weil von manchen eine ausufernde Anwendung dieses Begriffes befürchtet wird.
Wenn also von geistigem Eigentum im ACTA die Rede ist, dann ist entgegen anderslautender Äußerungen laut der Begriffsdefinition in Artikel 2, Absatz 2, Litera h nur jene Kategorien von geistigem Eigentum gemeint, die im TRIPS-Abkommen im Teil II in den Abschnitten 1 bis 7 aufgelistet sind. Das wären dann Urheberrechte, Markenrechte, Geographische Bezeichnungen, Industrie-Designs, Patente, Schaltpläne von integrierten Schaltungen und das Recht auf Geheimhaltung von Betriebsgeheimnissen.
Rechtsanpassungen
Die Artikel 6 bis 12 beschäftigen sich mit allerlei zivilrechtlichen (im weiteren Sinn) und prozessualrechtlichen Anforderungen, die aber zum größten Teil – so ist einer Analyse zu entnehmen – schon in der einen oder anderen Form im deutschen Recht angelegt sind.
Grenzmaßnahmen
Die Artikel 13 bis 22 behandeln sogenannte Grenzmaßnahmen, welche sich im Wesentlichen mit der möglichen Kontrolle von Warensendungen befassen, die eine Staatsgrenze überqueren. Davon sind auch Kleinsendungen mit Waren von gewerblichen Charakter erfasst, sprich jede Art von Paketen. Anzumerken ist dabei, dass es hier nicht um Grenzen innerhalb der EU, sondern nur um jene an ihren Außengrenzen geht.
Vom Wortlaut her sind aber auch die Kontrollen von Personen an der Grenze gedeckt, zumal Artikel 14 explizit auf solche Bezug nimmt. Das bedeutet, dass es im Ermessen der einzelnen Staaten liegt, ob sie eine Gepäckkontrolle vornehmen, bei der überprüft wird, ob durch diverse Dinge eine Verletzung von geistigem Eigentum (entsprechend der obigen Definition) vorliegt.
1. Jede Vertragspartei bezieht Kleinsendungen von Waren mit gewerblichem Charakter in die Anwendung dieses Abschnitts ein.
2. Eine Vertragspartei kann kleine Mengen von Waren ohne gewerblichen Charakter, die sich im persönlichen Gepäck von Reisenden befinden, von der Anwendung dieses Abschnitts ausnehmen.
Artikel 15 regelt, dass Staaten ihren Behörden erlauben können, von Rechteinhabern genauere Informationen zu den gefährdeten Produkten einfordern zu können. Das soll dazu dienen, der Behörde Kenntnis der Originale zu geben, damit Fälschungen überhaupt aufgespürt werden können.
Artikel 16 legt fest, dass alle Vertragsparteien sowohl für Sendungen in ihr Land hinein als auch aus ihrem Land heraus ein spezielles Verfahren bereitstellen. Nach diesem sollen dann verdächtige Waren von der Zollbehörde entweder aus eigener Beobachtung oder aufgrund von Ersuchen von Seiten der Rechteinhaber untersucht werden können. Auch soll eine Möglichkeit bestehen, nach der Rechteinhaber darum ersuchen können, verdächtige Waren zurückzuhalten oder aber ihre Freigabe auszusetzen.
Die Artikel 17 bis 21 legen für dieses Verfahren genauere Regeln und auch Rechtsfolgen fest. Letztere bestehen im Falle einer Feststellung, dass eine Ware nach Artikel 17ff rechtsverletzend ist, etwa darin, dass die betreffende Ware vernichtet oder zumindest aus dem Verkehr gezogen werden muss.
Artikel 22 enthält die Möglichkeit der Behörden, an die Rechtsinhaber bestimmte Daten von Warenflüssen und Personen, die eine Verbindung zu verdächtigen Waren aufweisen, weiterzugeben. Wenn Staaten das möchten, können sie Rechteinhabern Informationen zur Verfügung stellen, die a) zur besseren Erkennung von rechtsverletzenden Waren dienen, die b) die Feststellung einer Rechtsverletzung erleichtern oder aber c) nach erfolgter behördlicher Feststellung der Verletzung ohne weitere Zielsetzung herausgegeben werden. Der Volltext lautet wie folgt:
Unbeschadet der Rechtsvorschriften einer Vertragspartei über den Schutz der Privatsphäre oder der Vertraulichkeit von Informationen gilt Folgendes:
a) Eine Vertragspartei kann ihre zuständigen Behörden ermächtigen, einem Rechteinhaber Informationen über bestimmte Warensendungen, einschließlich der Beschreibung der Waren und Angaben zu ihrer Menge, zur Verfügung zu stellen, um die Erkennung rechtsverletzender Waren zu erleichtern.
b) Eine Vertragspartei kann ihre zuständigen Behörden ermächtigen, einem Rechteinhaber Informationen über Waren zur Verfügung zu stellen, darunter die Beschreibung der Waren und Angaben zu ihrer Menge, Name und Anschrift des Absenders, des Einführers, des Ausführers oder des Empfängers und, falls bekannt, das Ursprungsland der Waren sowie Name und Anschrift des Herstellers der Waren, um die in Artikel 19 (Feststellung einer Rechtsverletzung) genannte Feststellung zu erleichtern.
c) Hat eine Vertragspartei ihren zuständigen Behörden keine Ermächtigung nach Buchstabe b erteilt, so ermächtigt die Vertragspartei ihre zuständigen Behörden, zumindest in Fällen von Einfuhrwaren, in denen diese Behörden verdächtige Waren beschlagnahmt haben oder nach Artikel 19 (Feststellung einer Rechtsverletzung) festgestellt haben, dass die Waren rechtsverletzend sind, einem Rechteinhaber innerhalb von dreißig Tagen[11] ab der Beschlagnahme oder der Feststellung Informationen über die betreffenden Waren zur Verfügung zu stellen, darunter die Beschreibung der Waren und Angaben zu ihrer Menge, Name und Anschrift des Absenders, des Einführers, des Ausführers oder des Empfängers und, falls bekannt, das Ursprungsland der Waren sowie Name und Anschrift des Herstellers der Waren.
Diese Bestimmung ist primär wohl dazu gedacht, den Rechteinhabern die für einen Zivilprozess notwendigen Daten wie etwa Namen und Anschrift der vermeintlichen Schädiger und natürlich auch Informationen zur Schadensberechnung (daher auch die Warenbeschreibung und Mengenangaben) in die Hand zu geben. Während die ersten beiden Punkte schon vor dem Eintritt einer behördlich festgestellten Rechtsverletzung angewandt werden können, ist der letztere erst nach einer solchen anwendbar. Diese Datenweitergabe steht allerdings unter dem Vorbehalt einer Konformität mit den jeweiligen datenschutzrechtlichen Bestimmungen eines Staates.
In Staaten, wo diese jedoch unzureichend sind, würde an der Frage, in welchem Umfang all diese Daten gespeichert werden müssen und wie lange dies der Fall zu sein hat, auch der Umstand hängen, inwieweit solche Datenbestände über wirtschaftliche Bande zwischen Firmen nicht auch das Interesse ihrer Konkurrenz erwecken. Angesichts des Umstandes, das Wirtschaftsspionage und Korruption gerade heutzutage ein Problem darstellen, wäre es wohl ratsam, solche Datenbestände vorsichtig und umsichtig zu verwahren und das auch verbindlich festzuschreiben, wenn man sie denn unbedingt braucht.