Mobile World Congress 2012: Das sind die Highlights aus Barcelona
Vorwort
Auch in diesem Jahr führte der Mobile World Congress in Barcelona wieder eine Branche zusammen, in der Chancen und Risiken mehr denn je nah beieinander liegen. Gut 1.400 Hersteller und (Fach-)Pressevertreter aus der ganzen Welt fanden sich vom 27. bis zum 1. März in der zweitgrößten Stadt Spaniens ein, um in einer Mischung aus Messe und Konferenz Neuheiten zu begutachten, Trends zu diskutieren und Geschäfte zu tätigen. ComputerBase war mit zwei Redakteuren vor Ort und zieht pünktlich zum Toreschluss ein Fazit.
Fazit von Sasan Abdi
NFC, LTE, Quad-Core-SoCs – die grundsätzlichen Trends des Mobile World Congress 2012 standen bereits in den Wochen und Monaten vor dem großen „Get-Together“ der Branche in Barcelona fest. Aus diesem Grund stellte sich vorab eigentlich nur noch die Frage, wie die Hersteller diese Trends verarbeiten würden und ob und inwiefern sie sich von der Konkurrenz würden abgrenzen können.
Doch auch in dieser Hinsicht wurde dem diesjährigen MWC von manchem Hersteller im Vorfeld der Wind aus den Segeln genommen. Während Samsung von einer Vorstellung seines neuen Flaggschiffs, dem Galaxy S III, zugunsten eines eigenen Events absah, nutzte LG die Woche vorher dazu, um Stück für Stück sein im Volumen nicht gerade schmales Pulverarsenal zu verschießen. Hinzu kamen die üblichen durchgesickerten Informationen, die beispielsweise das HTC One X bereits andeuteten, sodass die Hoffnung auf handfeste Überraschungen insgesamt eher klein ausfiel und man so vor allem darauf gespannt sein durfte, welchen Eindruck die besagten Geräte schließlich vor Ort machen würden.
Doch der Mobile World Congress wäre wohl nicht das zentrale Branchentreffen, wenn es nicht doch immer wieder Unerwartetes und Kurioses zu berichten gäbe. Bemerkenswert ist beispielsweise, dass viele asiatische Hersteller den europäischen Markt (wieder-)entdeckt zu haben scheinen. Ob Huawei, ZTE, Panasonic oder NEC – das Smartphone- und Tablet-Jahr 2012 dürfte in Europa auch davon geprägt sein, dass einige neue Akteure für einen noch stärker zugespitzten Konkurrenzkampf sorgen.
„Huawei“, das ist im Zusammenhang mit „unerwartet“ dann auch das vielleicht wichtigste Stichwort, schließlich sorgte der chinesische Hersteller mit der Präsentation seiner Top-Geräte – dem Smartphone Ascend D quad und dem MediaPad 10 FHD – für das größte Aufsehen auf dem MWC. Auch wenn sich erst zeigen muss, ob die Geräte die Konkurrenz tatsächlich in versprochenem Ausmaß technisch über- und preislich unterbieten werden: Huawei kann als heimlicher Star der diesjährigen Messe gelten.
In puncto „Kurioses“ wusste dagegen überraschenderweise ausgerechnet Nokia zu punkten. Dessen Megapixel-Wunder, das PureView 808, stahl aufgrund der überdimensionierten 41-Megapixel-Hauptkamera dem einzigen neuen Windows Phone, dem Lumia 610 (siehe Video oben), locker die Show, auch wenn die Diskussionen um den Nutzen einer solchen Kamera sicher auch in den kommenden Monaten nicht abreißen werden.
Abgerundet wurde die Riege der Geräte-Vorstellungen schließlich von HTC und Sony. Während HTC mit One eine neue Produktfamilie vorstellte, bei der zumindest die großen Vertreter – das X und das S – aufgrund eines sehr attraktiven Gesamtpakets schon jetzt Lust auf mehr machen, gelang es Sony mit dem Xperia U und P, den Neustart nach der Einverleibung des Sony-Ericsson-Geschäfts interessant zu gestalten, auch wenn wir sicher noch lange diskutieren werden, ob die bauchige Rückseite der Geräte optisch und haptisch tatsächlich ansprechend wirkt und ob der Verzicht auf ein Quad-Core-Flaggschiff – Effizienz und gegenwärtiger Nutzen der Technologie hin oder her – in den kommenden Monaten nicht doch einen marketingtechnischen Nachteil bedeuten wird.
Abseits dieses gerätespezifischen Fazits lässt sich bei genauer Betrachtung schließlich doch ein möglicher weiterer Makro-Trend erkennen: Während der MWC im vergangenen Jahr insbesondere von Tablet-Vorstellungen geprägt war, fiel dieser Gerätetyp in diesem Jahr insgesamt eher unter „Ferner liefen“ – ob sich hier Ermüdungserscheinungen zeigen, die von dauerhafter Natur sind?
Alles in allem hatte der Mobile World Congress 2012 auf den unterschiedlichsten Ebenen also doch wieder einiges zu bieten, sodass sich die Behauptungen von manch' böser Zunge trotz einiger Indizien noch nicht bewahrheitet haben: Der MWC ist längst nicht überflüssig.
Fazit von Patrick Bellmer
Auch in diesem Jahr war der Mobile World Congress wieder voller Überraschungen, nicht zuletzt aufgrund der verschobenen Machtverhältnisse. Wo im letzten Jahr die „etablierten“ Hersteller wie Samsung alle Register zogen und neben High-End-Smartphones auch entsprechende Tablets präsentierten, dominierten in diesem Jahr die vermeintlichen „Underdogs“ wie Huawei und ZTE. Verblüffend ist dabei, wie eng es mittlerweile an der Spitze geworden ist, denn sowohl in puncto Leistung als auch bei Kriterien wie Verarbeitung und Design sind kaum Unterschiede festzustellen.
Gleichzeitig hat die Profilierung durch zusätzliche Angebote wie Streaming-Dienste oder die Kooperation mit Audio-Spezialisten im Vergleich zum Vorjahr deutlich zugenommen. Dabei scheinen die meisten Hersteller die wichtigsten Dinge mehr und mehr aus den Augen zu verlieren: Das Telefonieren. Einzig Huawei bewirbt seine Neuheiten mit einer hohen Audio-Qualität bei Gesprächen.
Überraschend an diesem MWC war auch, dass die Technik zwar erneut mit all ihren Kürzeln im Vordergrund stand, aber in der Regel deutlich weniger offensiv beworben wurde. Wo im vergangen Jahr noch mit großen Lettern LTE und NFC in den Himmel gelobt und als die Zukunftstechnologien beworben wurden, fand sich aktuell nur noch ein dezenter Hinweis auf das Vorhandensein dieser Features. Und dies, obwohl diese beiden Beispiele meilenweit vom Durchbruch entfernt sind. Fast scheint es, als ob ein wenig Ruhe in die geradezu stürmische Entwicklung der letzten zwölf bis 15 Monate gekommen sei.
Zumindest auf den Tablet-Markt scheint dies zuzutreffen. Konnte man sich vor einem Jahr kaum vor Neuankündigungen retten, so musste man aktuell schon fast mit der Lupe suchen. Und die wenigen neuen Geräte wirkten allesamt weitaus weniger revolutionär als in der Vergangenheit. Hier ein wenig mehr Auflösung, dort ein etwas schnellerer SoC – einen deutlichen Mehrwert beispielsweise in Form längerer Laufzeiten konnte niemand bieten. Möglicherweise haben die Hersteller erkannt, dass der Markt wirklich kleiner als erhofft ist – Samsung musste dies bereits eingestehen.
Aber Samsung steht auch stellvertretend für einen Trend, der den Stellenwert des Mobile World Congress spürbar schmälern könnte: Mehr und mehr Hersteller gehen dazu über, eigene Events zu veranstalten, die Südkoreaner werden ihr neues Flaggschiff beispielsweise erst im März oder April vorstellen. Somit ergeht es der vermeintlichen Leitmesse der Mobilfunkbranche ähnlich wie anderen Großveranstaltungen, denen in der Vergangenheit auch die großen Hersteller wegliefen.
Eines jedoch ist klar: Die Tore des altehrwürdigen Messegeländes an der Plaza Espanya haben ein letztes Mal nach einem MWC geschlossen. Im kommenden Jahr empfängt ein neues Ausstellungsgelände die zahlreichen Unternehmen und Journalisten.
Alle Meldungen und Videos vom MWC 2012 finden sich auf unserer Themenseite zur Messe.
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