Mass Effect 3 im Test: Auch BioWare ist nicht mehr unfehlbar

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Sasan Abdi
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Rollenspiel oder Shooter?

Im Vorwort wurde deutlich, dass sich die große Kontroverse bei der Auseinandersetzung mit der „Mass Effect“-Reihe um das Verhältnis von Rollenspiel- und Action-Elementen dreht. In dieser Hinsicht herrscht gemeinhin die auch von uns vertretene Ansicht vor, dass sich dieses Verhältniss vom ersten zum zweiten Teil verschoben hat: Legte BioWare im ersten Teil noch mehr Wert auf RPG-Elemente, überwogen im zweiten Teil eindeutig die Action-Anteile. Zudem wurde vielerorts die nicht unzutreffende Feststellung formuliert, dass „Mass Effect 2“ weder Fisch noch Fleisch – weder Rollenspiel noch klassischer Shooter – sei. Vor diesem Hintergrund muss die Frage geklärt werden, wie die Macher den dritten Teil positionieren.

Führt man sich die Äußerungen von BioWare während der Entwicklungszeit in Erinnerung, so entsteht ein differenziertes Bild. Einerseits hat man die besagte Kritik offensichtlich durchaus angenommen, andererseits scheint die Reaktion darauf zu sein, dass beide Elemente weiter ausgebaut wurden. Aus diesem Grund verspricht ME 3 nicht nur dynamischere Kämpfe, sondern auch eine Stärkung der Rollenspiel-Elemente.

Dies schlägt sich zunächst in einer neuen Dreiteilung nieder, bei welcher der Spieler sich für den „Story“-, „Action“- oder „Rollenspiel“-Modus entscheiden kann. Die Wahl des Modus' hat dabei vor allem Auswirkungen auf den Schwierigkeitsgrad und das Ausmaß an Beeinflussungsmöglichkeiten, wobei letztere im „Story“-Modus am umfangreichsten ausfallen. Der „Action“-Modus konzentriert sich dagegen auf einen hohen Schwierigkeitsgrad, sodass weniger die Handlung, sondern vor allem die Kämpfe im Vordergrund stehen – statt dynamischen kommen hier vermehrt durchgescriptete Dialoge zum Einsatz. Der „Rollenspielmodus“ positioniert sich beim Schwierigkeitsgrad dazwischen, erlaubt aber ebenfalls eine umfangreiche Einflussnahme auf die Dialoge.

Sucht man abseits davon nach einer echten Stärkung der RPG-Elemente, lässt sich eine solche am ehesten bei der leicht modifizierten Charakterentwicklung erkennen. Diese unterscheidet sich vom Pendant des Vorgänger insofern, als dass nun ab und an zwischen zwei Talentausprägungen entschieden werden muss. Diese Entscheidungen fallen allerdings nicht sehr weitreichend aus, sondern beziehen sich nur auf Details des Talents, sodass man beispielsweise entscheiden muss, ob Talent X im nächsten Rang mehr Schaden verursachen oder schneller wieder einsatzbereit sein soll. Obendrein können auf diese Art auch die Talente der Mitstreiter entwickelt werden, was durchaus die Möglichkeit der Abstimmung der Fähigkeiten erlaubt.

Wirklich entscheidend ist die Charakterentwicklung aber nach wie vor nicht, zumal jederzeit die Möglichkeit besteht, die gesetzten Erfahrungspunkte zurückzusetzen. Doch selbst das dürfte in den seltensten Fällen notwendig sein, da man in den Missionen nie aufgrund von mangelhaften Talenten in die Bredouille gerät. Dies ist deswegen schade, weil hier viel Potential bei der Auswahl und der Entwicklung der Mitstreiter, von denen es neben einigen neuen auch wieder zahlreiche alte Gesichter zu sehen gibt, verschenkt wird.

Talententwicklung in ME 3
Talententwicklung in ME 3

Immerhin haben sich auch die Modifikationsmöglichkeiten ein wenig erweitert. ME 3 bietet stärker denn je die Möglichkeit, das umfangreiche Waffenarsenal immer wieder zu modifizieren. Zudem kann die Bewaffnung eines jeden Gruppenmitglieds auch in den Missionen immer wieder angepasst werden, wobei Shephard nun bis zu fünf Waffen mit sich führen kann. Sinnvoll dabei: Wer eine maximale Standard-Bewaffnung mitnimmt, wird mit langsamer ladenden Spezialfähigkeiten bestraft.

Zusammengefasst lässt sich für die Frage „Rollenspiel oder Shooter?“ festhalten, dass BioWare auf alten Pfaden wandelt, dabei aber spürbar versucht, beide Kompetenzen zu stärken. Während sich dies auf RPG-Seite in den beschriebenen Erweiterungen niederschlägt, profitieren die Action-Elemente von der frühen und konsequenten Einführung von Mini-Boss-Gegnern, die immer wieder dafür sorgen, dass der Spieler gefordert wird. Zudem spürt man die Unterschiede bei den Waffen deutlicher, sodass man durchaus öfter überlegt, welche Gattungen man ins Feld mitnimmt oder upgradet – ein weiterer löblicher Umstand, der der Güte des Kampfsystems zugute kommt, das allerdings von einer mäßigen KI geplagt wird (siehe entsprechender Abschnitt).