EuGH: Kein Urheberrecht auf Funktionalität von Programmen

Maximilian Schlafer
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Im Zuge eines Vorabentscheidungsersuchens des englischen und walisischen Höchstgerichtes, des High Court of Justice, an den EuGH hat letzterer in seiner Entscheidung festgestellt, dass die Funktionalität eines Computerprogramms und die Programmiersprache nicht urheberrechtlich geschützt sind.

Der Streitfall entwickelte sich dergestalt, dass das Unternehmen „World Programming Limited“ (WPL) eine Software – mit dem Namen WPS – erstellte und vertrieb, die es ermöglichte, in der SAS-Programmiersprache Base-SAS geschriebene Anwendungen auszuführen. Besagte Programmiersprache wurde von „SAS Insitute Inc.“ im Zuge seiner SAS-System-Entwicklung erstellt. Dieses System soll es seinen Nutzern ermöglichen, Aufgaben im Bereich der Datenverarbeitung und der Datenanalyse durchzuführen, nach Wunsch auch mit Fokus auf statistische Analysen.

Im Zuge der Erstellung analysierte WPL legale Kopien der Lernausgabe des SAS-Systems, deren Lizenz aber auf die ausschließliche nichtproduktive Nutzung beschränkt war. Jedoch bezog sich diese Analysetätigkeit nur auf die Funktion des SAS-Systems und umfasste nicht den Quellcode der Software.

Zwar hatten im Zuge anderweitiger Rechtsstreitigkeiten zwei britische Gerichte festgestellt, dass es keine Verletzung des Urheberrechtes am Quellcode eines Programms darstellt, wenn ein Konkurrent ein Programm auf seine Funktionalität hin untersucht und diese dann in seinem eigenen Programm nachbildet, was SAS jedoch nicht abschreckte. Man erhob vor dem High Court of Justice Klage und warf WLP vor, dass durch deren Vorgehensweise das eigene Urheberrecht am Quellcode verletzt worden sei und die Lizenzbestimmungen verletzt wurden. Außerdem sah SAS sein Urheberrecht an seinem Softwarehandbuch durch das entsprechende Handbuch von WLP verletzt. Vor der Frage stehend, inwieweit das Unionsrecht auch der Funktionalität von Programmen und der Programmiersprache den Schutz des Urheberrechtes zubilligt, wandte sich das Gericht mit einem umfangreichen Fragenkatalog an den EuGH.

Dieser stellte fest, dass die Richtlinie 91/250/EWG (PDF) zum Rechtsschutz von Computerprogrammen den Urheberrechtsschutz nur auf alle Ausdrucksformen einer eigenen geistigen Schöpfung der Programmurhebers erstreckt. Dementsprechend sind Ideen und Grundsätze, die irgendeinem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen – einschließlich der den Schnittstellen zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, nicht vom Urheberrechtsschutz dieser Richtlinie erfasst (Randnummer 39 des Urteiles). Dieser beschränkt sich rein auf die Ausdrucksform dieser Ideen und Grundsätze, wie etwa den Quellcode oder den Objectcode.

Daher entschied der Gerichtshof, dass weder die Funktionalität eines Computerprogramms noch die Programmiersprache oder das Dateiformat, das von dem Programm verwendet wird, eine solche Ausdrucksform sind und daher nicht unter den Schutz des Urheberrechtes der Richtlinie 91/250/EWG fallen (wenn auch unabhängig davon eine solche Möglichkeit durch die Richtlinie 2001/29 (PDF) bestehen könnte). In seinem Urteil führt der EuGH auch aus, welche Rechte einem Softwarelizenznehmer zustehen und in welchem Umfang sie auch vertraglich nicht abdingbar sind (Randnummern 50, 53-58).

Erkenntnis der großen Kammer des EuGH

Als Entscheidungsgrund führt der Gerichtshof unter anderem an, dass, wenn man einen urheberrechtlichen Schutz von Programmfunktionalität billigen würde, dies zu einer „Monopolisierung von Ideen“ führen würde. Dadurch würde dem technischen Fortschritt und industriellen Entwicklung Schaden erwachsen.

An dieser Stelle sei nochmals festgehalten, dass in diesem Fall deswegen keine Urheberrechtsverletzung vorlag, da nur die Funktionsweise des betroffenen Programms beobachtet wurde, während sein geschützter Quellcode unangetastet blieb.

Die Aktenzahl dieser Entscheidung lautet C-406/10, der Volltext der Entscheidung ist hier abrufbar. Der Schlussantrag des zuständigen Generalanwaltes findet sich unter diesem Link, das Vorabentscheidungsersuchen hier.

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