Risen 2: Dark Waters im Test: Überzeugende Oldschool-Kost
2/5Risen 2 auf einen Blick
„Risen 2“ setzt auf inhaltliche Kontinuität. Dementsprechend knüpft die Handlung gut zehn Jahre nach den Geschehnissen des Vorgängers an, wobei der Spieler abermals in die Rolle des – nur auf den ersten Blick abgehalftert wirkenden – namenlosen Helden aus dem ersten Teil schlüpft.
Dieser gehört mittlerweile zur nicht wirklich makellosen Fraktion der imperialen Inquisition, die sich in der „alten Welt“ zahlreichen Kriegen, dem allgemeinen Niedergang und dem ebenso unbändigen wie unbesiegbaren Zorn der sogenannten Titanenlords ausgesetzt sieht, die unter anderem mit riesigen Kraken die Seefahrt zu einer extrem gefährlichen Angelegenheit machen.
Dieser Hintergrund dient als solide eingeführte Begründung für einen verhältnismäßig fundamentalen Settingwechsel: Statt durch die gängigen Gebiete eines klassischen Rollenspiels zu ziehen, verschlägt es den Spieler nach einer kurzen Einführung in die Karibik, wo neben jeder Menge Reichtümern und Halunken vor allem eine Wunderwaffe gegen die ultimative Bedrohung der Titanenlords im Besitz der Piraten vermutet wird. Hierbei handelt es sich natürlich um das Metaziel von „Risen 2“. Um an die magische Gerätschaft gelangen zu können, muss der Held formal aus den Reihen der Inquisition austreten und sich bei den Piraten als neuer Rekrut einschleichen.
Während die Handlung inhaltlich – wenn auch eher eintönig so doch – weitgehend schlüssig erzählt und von der ein oder anderen überraschenden Wendung aufgepeppt wird, bleiben die Charaktere eher Schablonen. Dies gilt vor allem für den wenig authentischen Helden, der zwar betont rau dargestellt wird, de facto aber kaum über Ecken und Kanten verfügt. Und dies gilt auch für seine aus dem ersten Teil bekannte Kumpanin Patty, die sowohl vom Aussehen als auch charakterlich wie der plumpe Archetyp einer Piratenbraut gezeichnet wird.
Dafür ist „Risen 2“ betont einsteigerfreundlich, sodass man nicht den ersten Teil gespielt haben muss, um sofort in das Geschehen einsteigen zu können. Verstärkt wird die nicht unerhebliche Sogwirkung, die das Spiel gerade in den ersten Stunden ausübt, auch durch die klassische, chronische Knappheit an Ressourcen. Ob Kleidung, Gold, Proviant, Waffen, Gimmicks oder Plunder: Bedingt durch die Handlung ist man zu Beginn zunächst tatsächlich mittellos, sodass sofort der Sammeltrieb geweckt wird: Prompt sucht man nach lukrativen Aufträgen und herumliegenden Gegenständen, um sich für das Bevorstehende zu wappnen.
Neben- und auch Hauptquests gibt es passend dazu schon zu dieser Zeit mehr als genug. Erstere bestehen allerdings überwiegend und erwartungsgemäß aus inhaltlich eher simplen „Suche & Bringe“- bzw. „Suche & Zerstöre“-Aufgaben, die in Kombination mit zahlreichen Gesprächen und neuen Informationen aber gerade zu Beginn durchaus spannend ausfallen.
Zugleich hat man es hier mit einer Art Lernphase zu tun. Man bekommt ein Gespür dafür vermittelt, was es alles so gibt und auf welche Talente und Fähigkeiten man sich spezialisieren kann. Soll man sein erstes Geld und seine ersten Fähigkeitenpunkte lieber in den Schwertkampf oder ins Schlösserknacken und den Taschendiebstahl investieren? Kauft man lieber eine robuste Kopfbedeckung oder eine, die den Helden im Gespräch eindringlicher und/oder überzeugender wirken lässt? Sollte man bereits jetzt seine Zeit in die Suche nach gewieften kleinen Äffchen investieren, die dann für den Helden auf Räuberbeutezug durch die Hütten eines Dorfes gehen oder ist das eher etwas für später? Schon auf der Startinsel erhält man ein Gespür dafür, was „Risen 2“ alles zu bieten hat.
Grundlage dieser Möglichkeiten ist das übersichtlich gehaltene Charaktersystem. In diesem wird die Erfahrungswährung „Ruhm“ in die Kategorien „Klingen“, „Feuerwaffen“, „Härte“, „Gerissenheit“ und „Voodoo“ investiert, was wiederum Auswirkungen auf die jeweils drei subsummierten Talente hat. Gelungen ist auch, dass letztere immer wieder über die Bezahlung von fähigen non-player characters (NPCs) separat aufgewertet werden können, sodass man beispielsweise unter „Gerissenheit“ explizit wichtige Merkmale wie das Knacken von Truhen oder unfaire Mittel im Zweikampf erlernen kann. Zugleich macht sich an dieser Stelle vielleicht am deutlichsten die später mögliche Fraktionswahl – zur Auswahl stehen neben der Inquisition auch die Piraten und die Ureinwohner – bemerkbar, da diese bestimmte Talente im Besonderen fördert.
Als Spielwelt dient bei all dem eine Karibik, die ihre Stärken und Schwächen hat. Einerseits hat man es mit einer sehr authentischen, mit Liebe zum Detail in Szene gesetzten Inselwelt zu tun, in der man förmlich die Hitze und die Feuchtigkeit des Dschungels spüren kann. Andererseits wird man hier auch immer wieder mit zahlreichen vermeidbaren Fehlern konfrontiert: Aufpoppende, sich langsam zusammenziehende Vegetationen, Clippingfehler, unförmige Körperbewegungen, altbackene NPC-Gesichter und flackernde Schatten gehören am laufenden Band zur Präsentation von „Risen 2“.
Dennoch verdient sich die technische Konzeption dank der guten, relativ systemverträglichen grafischen Umsetzung (näheres zur technischen Umsetzung und der Performance auf unterschiedlichen Grafikkarten auf den folgenden Seiten), dem Fehlen von gravierenden Bugs und auf Basis einer insgesamt passablen deutschen Synchronisation und musikalischen Umsetzung trotz mancher Fehler und Ungereimtheiten insgesamt ein Lob – für Piranha-Verhältnisse, diese etwas beißende Feststellung muss leider sein, wird man überraschend ordentlich bedient.
Ein solches gilt in eingeschränkterem Umfang auch für das Kampfsystem. Grundsätzlich bieten sich im späteren Verlauf des Spiels nämlich einige Möglichkeiten, um auf das Geschehen Einfluss zu nehmen: Man kann – entsprechende Fähigkeiten vorausgesetzt – Angriffe blocken und kontern oder aber statt zum Säbel – Achtung: neu! – zur Pistole greifen, um einen von zwei Munitionstypen zu verschießen. Außerdem lässt sich über unfaire Mittel wie Sand (oder besser noch: Salz), Öl und einen Papageien Einfluss auf die Kampfkraft und Aufmerksamkeit der Gegner nehmen. Auf magische Fähigkeiten wird dabei fast zur Gänze verzichtet. Bei Bedarf kann man aber passend zum Setting auf vorgefertigte Voodoo-Kräfte zurückgreifen, mit denen sich ein Gegner beispielsweise kurzzeitig in Schockstarre versetzen lässt und die auch immer wieder für unterschiedliche Aufgaben herangezogen werden können.
In Summe und gerade in den ersten Stunden ist das Kämpfen in „Risen 2“ aber ziemlich eintönig. Dies gilt sowohl für die Tätigkeit des Spielers, der die Gegner eigentlich nur per rechter Maustaste rudimentär blockt, um dann per linker Maustaste zuzuschlagen; dies gilt aber auch für die unterschiedlichen Gegner wie Menschen, Termiten oder Ghuls, gegen die sich das Kämpfen irgendwie gleich anfühlt.
Diese Monotonie kann man aber immerhin auf die Unbedarftheit und die schlechte Ausrüstung des Protagonisten schieben, sodass es fast schon eine inhaltliche Logik hat, dass die Güte der Kämpfe über die Zeit immer besser wird und so positiv auf den Spielspaß wirkt.