Max Payne 3 im Test: Max is back, Bullet-Time!
3/6Missiondesign & Inszenierung
Sucht man nach Extremen, existieren in der Spielewelt dieser Tage zwei Paradigmen: Maximale „Open World“ und maximale Linearität. Beide Konzeptionen bieten ihre Vor- und Nachteile. Während eine als „Open World“ konzipierte Umgebung dem Spieler viele Freiheiten lässt und dafür zwingend an der Inszenierung spart, zwängt ein linearer Titel in ein enges Korsett, das dafür im Idealfall mit einer erstklassigen Inszenierung belohnt.
Auf diesem Spektrum ist „Max Payne 3“ ziemlich exakt im Bereich der maximalen Linearität einzuordnen. Auch wenn sich immer mal wieder kleine Abzweige auf Teile von goldenen Waffen durchsuchen lassen, wird der Spieler doch stets von Script zu Script gelotst, wobei man keinerlei Möglichkeiten hat, den Lauf der Dinge in irgendeiner Form zu beeinflussen. MP 3 ist also, wenn man so will, mehr ein interaktiver Film als ein offenes PC-Spiel.
Dieser Umstand ist nicht per se verdammenswert, muss aber eindeutig herausgestellt werden, denn wer schon die Schlauchlevel aus „Call of Duty“ und Konsorten verabscheut, wird mit dem neuen „Max Payne“ wahrscheinlich ebenfalls nicht glücklich werden.
Für alle Freunde einer kinoreifen Inszenierung ist das mit zahlreichen packenden Cutscenes kombinierte Missionsdesign dagegen ein echtes Schmankerl, da es den Entwicklern gelingt, das Maximum aus dem linearen Spieldesign herauszuholen. So hetzt Max permanent und flüssig von Spielabschnitt zu Zwischensequenz, sodass ein gehöriges Maß an Dynamik und Spannung aufkommt, was abermals den besagten Sog ins Spiel befördert. Wie bei einem guten Action-Film fiebert man mit und stellt Vermutungen zu den Umständen an – nur das man in diesem Fall den Protagonisten selbst steuert.
Der einzige Kritikpunkt bezieht sich in puncto Inszenierung auf die „edgy“-Optik, die die Verantwortlichen MP 3 verpassen wollen. Um den Zustand von Max zu visualisieren und dem Ganzen obendrein eine moderne, irgendwie abgefahrene Optik zu verleihen, wird extrem viel mit Unschärfen, Farbverschiebungen und eingeblendeten Schlagwörtern gearbeitet. Das erinnert in Teilen nicht nur an den nicht-synchronisierten Protagonisten aus „Assassin's Creed“; sondern nervt auf Dauer auch. Aus diesem Grund vermisst man in der Tat immer mal wieder das gelungene, überwiegend düstere Setting der Vorgänger, das gegenüber dem bunten, unruhigen Neuen ästhetisch durchaus die bessere Figur macht – weniger wäre hier in jedem Fall mehr gewesen.
Die große inhaltliche Gefahr, die bei einer solchen Konzeption existiert, wird dagegen weitgehend gekonnt umschifft: Bedingt durch die Linearität läuft ein Titel wie MP 3 schnell Gefahr, abseits der Zwischensequenzen zum müden Budenschießen à la Moorhuhn zu verkommen. Auch wenn dieser Effekt sich immer mal wieder einzuschleichen droht: In Summe sorgt ein abwechslungsreiches Missionsdesign dafür, dass man auch beim aktiven Spielen bei der Stange gehalten wird.
Ermöglicht wird dies durch wechselnde Umgebungen – von einem im Panama-Kanal treibenden Boot über eine Penthouse-Party bis hin zu den Favelas von São Paulo und einem gespenstischen, verwitterten Fabrikgebäude mitten in der Metropole ist alles dabei – und auch durch wechselnde Spielmechaniken. Zwar geht es natürlich immer ums Ballern, doch wechselt der Rahmen: Mal jagt Max Entführer, mal schießt er sich den Weg aus einer ausweglosen Situation frei, mal gibt er als Scharfschütze aus einem Hubschrauber Deckung, mal schießt er sich in einem Boot sitzend durch eine Heerschar von ebenfalls motorisierten Gegnern.
Auf diese Art und in Kombination mit den vor allem in den ersten Spielstunden attraktiven Bullet-Time-Moves gelingt es, ein trotz ab und an nerviger Optik insgesamt packendes Spielerlebnis zu erzeugen, das trotz der im Kern stets gleichen Tätigkeiten nur in wenigen, kurzen Momenten dröge wirkt – gut gemacht, Rockstar!