Nokia Lumia 900 im Test: Ein Flaggschiff. Von Nokia. Echt jetzt!
4/7Performance & Oberfläche
Der 1,4 Gigahertz taktende Einkern-Prozessor, eine Adreno 205-GPU und 512 Megabyte RAM sind bei Weitem nicht mehr „state of the art“. Doch diese vergleichsweise schwache Ausstattung ist mehr als ausreichend, um Windows Phone 7 jederzeit flüssig darzustellen und eine geradlinige Bedienung zu ermöglichen. Das einzig Wünschenswerte wäre ein teils schnellerer Start von Drittanbieter-Applikationen, an dieser Stelle spielt allerdings auch die Programmierung durch letztgenannte eine tragende Rolle.
Im Alltag weiß die Performance jedoch zu überzeugen: Das Wechseln zwischen den einzelnen Reitern einer Applikation gelingt jederzeit flüssig, auch alle Animationen werden ohne Widerworte des Gerätes dargestellt. Das Lumia 900 zeigte sich, wie andere Windows Phones auch, überaus reaktionsfreudig und setzte Befehle im mehrwöchigen Test stets prompt in die Tat um. Doch es gibt trotz allem Situationen, in denen man die fehlende Leistung des Prozessors im Vergleich zu aktuellen Flaggschiffen wie dem Samsung Galaxy S III merkt. Dies ist vor allem beim Laden von Internetseiten der Fall. Hier zeigen sich die potenteren Konkurrenz-Geräte als vorteilhafter.
Wer bereits ein Windows Phone in seinen Händen gehalten hat, wird sich auch auf dem Lumia 900 schnell zurechtfinden. Da Microsoft es den Herstellern untersagt, Änderungen an der polarisierenden Kacheloberfläche vorzunehmen, ist die Bedienung auf jedem Smartphone mit dem mobilen Betriebssystem aus Redmond identisch.
Grundsätzlich sei dazu auch in diesem Fall zunächst vermerkt, dass wir dem Thema „Benchmarks“ im Bereich der Smartphones mit Skepsis gegenüberstehen und das nicht nur, weil die Aussagekraft von (synthetischen) Benchmarks selbst in einer homogenen Geräte-Gruppe mit gleichem Betriebssystem zumindest diskussionswürdig ist. Hinzu kommt, dass eine effektive Messung über die unterschiedlichen Plattformen methodisch schwierig ist – ein weiterer Faktor, der verstärkend zu der Feststellung beitragen, dass die hier wie anderswo präsentierten Ergebnisse nur als Richtwert, nicht aber als ultimativ-objektive Darstellung der Realität angesehen werden sollten.
Hinzu kommt, dass in diesem Fall mit BrowserMark und SunSpider zwei auf den Browser abzielende Benchmarks zum Einsatz kommen, was auf der einen Seite die Vergleichbarkeit über Plattformgrenzen hinweg ermöglicht, zum anderen aber aufgrund der thematischen Verengung nur bedingt eine solide Grundlage darstellt.
Gemessen wurde gleich nach der ersten Geräte-Einrichtung, wobei aus jeweils drei Messungen je Benchmark der schnellste Wert in die Wertung einfließt. Gelistet werden ausschließlich Geräte, die einem Test unterzogen wurden.
Der Ausgangsbildschirm besteht aus zwei Teilen. Dies sind einerseits die Startseite mit den Kacheln, darunter auch „Live Tiles“ – hierbei handelt es sich um Kacheln, deren angezeigte Information sich verändern kann. Ändert sich also das Wetter oder aktualisiert ein abgelegter Kontakt seinen Facebook-Status, wird es direkt auf der entsprechenden Kachel angezeigt. Mit einem Wisch nach rechts oder der Betätigung des Pfeils in der rechten oberen Ecke des Bildschirms gelangt man in die Übersicht der Applikationen. Diese sind alphabetisch sortiert, ab einer bestimmten Anzahl installierter Anwendungen erscheinen zusätzlich die jeweiligen Anfangsbuchstaben als auswählbares Feld. Auf diese Weise lässt sich das Auffinden einer bestimmten App teils schneller erledigen, wenn diese beispielsweise alphabetisch eher am unteren Ende der Liste liegt.
Personalisiert werden kann derzeit wenig: Bis auf die jeweilige Lage einzelner Kacheln und Verknüpfungen lässt sich noch das Hintergrundbild des Sperrbildschirms ändern. Ebenfalls verändern lässt sich die Farbe sowie der Hintergrund des Systems – hell oder dunkel. Windows Phone will viele Informationen darstellen und schnellen Zugriff auf oft genutzte Applikationen, die favorisierten Kontakte und zum Beispiel Internetseiten bieten. Hier polarisiert das Betriebssystem: Viele Nutzer finden das System zu steif und steril, andere loben die überaus intuitive und flüssig Bedienung. Während die ersten Punkte jeder Nutzer persönlich entscheiden muss, lässt sich der letzte Punkt nicht absprechen.
Sehr schade ist das fehlende Update auf die kommende Betriebssystem-Version Windows Phone 8. Keines der aktuellen Geräte wird ein solches erhalten. Für diese Smartphones stellt Microsoft die Version 7.8 zur Verfügung, die einige der neuen Funktionen auf die Bestandsgeräte bringt. Neue Features von Windows Phone 8 sind unter anderem integriertes NFC (Near-Field-Communication) sowie die angesprochene Unterstützung höherer Auflösungen. Zudem unterstützt die neue Version auch microSD-Karten zur Speichererweiterung.
Eine große Änderung von Windows Phone 8 wird die Nutzung eines neuen Kernels, der dem Kernel aus Windows 8 für Desktop- und Tablet-Systeme entspricht. Durch diese Parallele soll es Entwicklern sehr leicht fallen, Apps von einem Betriebssystem für das andere zu portieren. Bei vielen Nutzern macht sich die Ungewissheit breit, ob die Apps, die für Windows 8 und Windows Phone 8 erscheinen, auch für den Betrieb unter Windows Phone 7.x geschrieben werden oder die Nutzer von neuen Apps „ausgeschlossen“ werden, weil sie keine neuen Geräte besitzen. Welches Szenario eintreffen wird, wird die Zukunft zeigen. Sicher ist, dass Microsoft einiges tun muss, um eine solch große Auswirkung einer Fragmentierung zu verhindern. Diese ist unter anderem auch ein herber Kritikpunkt an Googles Android Betriebssystem.
Ein sehr gutes Zusatzfeature, das Nokia seinem Gerät spendiert, ist die kostenlose Navigation, schlicht „Nokia Navigation“ genannt. Sie bietet dem Nutzer lebenslang frei herunterladbares Karten-Material, um somit auch ohne Internetverbindung – beispielsweise im Ausland – zu navigieren. Die Karten stammen von Nokias Tochter NAVTEQ. Zusätzlich bietet Nokia verschiedene eigens entwickelte Apps im Marketplace an, beispielsweise Kreativ Studio für die Aufnahme und Bearbeitung von Fotos, die die Funktionalität der Kamera übersteigt.