Spec Ops: The Line im Test: Das Herz der Finsternis
3/6Missiondesign & Inszenierung
Die Handlung gehört also zu den großen Stärken von „Spec Ops: The Line“, da hier bewusst gängige Erzählweisen zugunsten einer erfrischenden Alternative außen vor gelassen werden. Für das Missionsdesign und die Inszenierung gilt dies allerdings nur bedingt: Auch wenn der Plot in dieser Hinsicht zwingend einige interessante Aspekte mit sich bringt, bewegt sich der Titel alles in allem doch in sehr konventionellen Gefilden.
Dementsprechend geht sich „The Line“ in dieser Hinsicht tatsächlich in vielen Situationen wie ein etwas müderes „Call of Duty“ (CoD) an: Horden von mäßig kompetenten KI-Gegnern werden auf engsten Arealen gespawned, um so ein Gefühl von Dynamik und Schlachtfeldgeschehen aufkommen zu lassen. Trotz der Verwendung einer identischen Mechanik reicht das Gebotene dabei nur selten an die Intensität der großen Konkurrenz heran. Denn auch wenn die Zwischensequenzen inhaltlich und auch visuell überwiegend überzeugen können, fällt die Action und Dramatik bei CoD doch immer ein wenig schärfer und bahnbrechender aus.
Dies gilt aber nicht für die Momente, in denen die Konzeption als psychologisches Antikriegs-Werk durchschlägt. Wenn beispielsweise Walker nach dem fragwürdigen und umfassenden Einsatz von weißem Phosphor erkennen muss, dass er diesen nicht gegen Gegner verwendet hat, sind Gänsehaut-Momente und ein echtes Mitfiebern mit den Gefühlen der Squad-Mitglieder und des Protagonisten garantiert.
Dazu tragen auch einige Entscheidungen bei, die der Spieler im Verlauf der Handlung zu treffen hat, die allerdings keinen richtigen Effekt auf den Ausgang der Mission und der Erzählung haben. Wie schwer moralisches Handeln in einer unmoralischen Welt ist, wird beispielsweise dann deutlich, wenn ein eingeklemmter CIA-Agent kurz nach dem Betrug am Spieler um den Gnadenschuss bettelt – was ist Gnade und wie handelt man hier „richtig“? In diesen Szenen zeigt „Spec Ops: The Line“ abermals – und ausgelöst durch den guten Plot – was es zu bieten hat.
Abseits von diesen Momenten und den damit verbundenen Missionsteilen bietet Yager dem Spieler allerdings inhaltlich die gängige Kost. Dementsprechend versucht man sich als Scharfschütze, mit schweren Waffen, schützt einen Konvoi und schlägt sich kurzzeitig ohne Team durch – alles nette, den normalen Trott aufbrechende Elemente, die man allerdings bereits bestens von der Konkurrenz kennt. Ungewöhnlicher ist da schon, dass man seine Squad-Mitglieder (sehr rudimentär) steuern kann, was in kniffligen Situationen das Überleben sichern kann, und dass chronischer Munitionsmangel herrscht, weswegen es bei der Anwendung von Rambo-Taktiken nicht selten heißt: Nahkampf!
Ansonsten ist das Missionsdesign stark von der grundsätzlichen Schlauchlevel-Konzeption abhängig. Da diese kaum Wege zu einem alternativen Vorgehen eröffnet, folgt der Spieler auch hier wie bei so vielen anderen Spielen der letzten Monate und Jahre einem festen Script-Konzept, das über bestimmte Schlüsselmomente immer neue Abschnitte und Geschehnisse auslöst, die in aller Regel von solide gemachten Zwischensequenzen getrennt werden und damit den erzählerischen Kitt darstellen.